Joanna Bourne
wie du es immer tust, mit einem Halm Eselsfutter zwischen den Zähnen, und ich sehe dich – «
»Trage ich Jungenkleidung? Du bist ganz schön verdorben, wenn du einen Jungen auf diese Weise zur Kenntnis nimmst.«
»Du hast das grasgrüne Kleid an, das du letztens zum Abendessen getragen hast.«
Sie kuschelte sich enger an ihn und ließ die Wärme seiner Haut auf ihre übergehen. »Ich wäre ziemlich dumm, wenn ich in solchen Kleidern durch die Gegend spazieren würde.«
»Das ist mein Traum. Und ich sage, was du anhast. Also … Du kommst an der Schmiede vorbei. Dort feiern wir anlässlich des ersten Mais ein großes Fest auf der Wiese. Es gibt Wettrennen, Tanz, ein Lagerfeuer, und jedermann betrinkt sich. Du bleibst stehen, um zu sehen, was los ist. Ich räume ein paar Flegel aus dem Weg und bitte dich um einen Tanz.«
»Und ich sage: Ja, sehr gerne.«
»Genau. Dann wirbele ich dich so lange im Kreis herum, bis du vor lauter Schwindel kaum noch aufrecht stehen kannst … vor lauter Tanzen und Apfelwein. Nach einer Weile locke ich dich weg in den Wald und ziehe dich aus.«
»Ich gehe nicht allein mit einem Mann in den Wald. Das habe ich gelernt, noch ehe ich Brüste hatte, soweit ich überhaupt welche bekommen habe.«
»Möchtest du etwa ein Kompliment hören? Deine Brüste sind herrlich.« Er rollte sich blitzschnell auf die Seite, beugte sich über sie und spürte dem Atem über ihren Brüsten nach, ohne sie zu berühren. »In Vollendung. Das heißt, in doppelter Vollendung, genau genommen.«
Dieses Gefühl, wenn er sie nicht berührte … Körperliche Liebe begann im Kopf, und es ging nicht darum, sich nur auf körperliche Unterschiede einzustellen. Es gab nichts, das Grey nicht wusste, wollte er ihre Gedanken in eine bestimmte Richtung lenken.
»Wir wandeln unter Bäumen, an der alten Mühle vorbei, durch das Dickicht«, fuhr er fort. »Im Wald gibt es Lichtungen voller Blumen. Ich lege meine Jacke ins Gras. Wir legen uns darauf.«
»Wir werden eins«, flüsterte sie.
»Bis zum Morgengrauen. Und ich verliebe mich Hals über Kopf in dich. Bleibst du bei mir, Annique? Oder stehst du auf, streichst dein Kleid glatt und verschwindest auf Nimmerwiedersehen?«
Der Spionagechef breitete sein Seelenleben vor ihr aus. Es war so leicht, ihn zu lieben. »Ich will das Ende der Geschichte gar nicht wissen. Lieber würde ich den Teil mit dem Tanz auf der Wiese noch mal hören.«
»Oder den, wo wir uns auf dem Waldboden lieben. Die Stelle ist schön, meinst du nicht auch?« Er beugte sich über ihre Brüste und ließ sie seinen Atem spüren. Wenn er gerne mit ihr reden wollte, dann sollte er so etwas besser nicht tun. Ihre Hände legten sich wie von selbst um seinen Unterarm, dessen Sehnen und Muskeln fest wie Leder waren. Er war in jeder Hinsicht ein harter Mann. Nur bei ihr manchmal nicht.
Sein Atem streifte über ihr Gesicht, über ihre geschlossenen Lider. »Wären wir in Littledean, würdest du mit Blumen im Haar erwachen und nicht im Entferntesten ans Weglaufen denken, dich vielleicht sogar verlieben.«
»Ich war ein wenig in Robert verliebt, so wie ich ihn kannte, ehe er sich in dich verwandelte und mich einsperrte.«
»Ich kann dich nicht freilassen. Leblanc würde dich umbringen.«
»Mag sein.« Sie konnte im Liegen nicht mit den Schultern zucken.
»Was weißt du über ihn? Was ist das für ein Geheimnis, für das er dir nach dem Leben trachtet?«
Plötzlich lag sie wieder mit dem Chef der Abteilung England im Bett. Sie hasste es, wenn das passierte. »Du bist ziemlich hartnäckig.« Sie ließ ihn los. »Lass uns doch lieber über die Geschützstellungen in Toulon sprechen. Darüber kann ich mich ziemlich anregend auslassen.«
Im nächsten Augenblick war der Spionagechef wieder verschwunden, und es war Robert, der sie liebeshungrig von oben anlächelte. »Später.« Er liebkoste ihre Brust, saugte daran und sorgte so für ein erstes Zucken zwischen ihren Beinen. Am liebsten hätte sie aufgestöhnt und sich ob des starken Verlangens, das sie ergriff, zusammengerollt. »Wir kommen später auf die Geschützstellungen zurück. Ich habe eine ganze Liste von Geheimnissen, die ich dir entlocken werde.«
»Du. Du wirst mir nichts entlocken. Du redest gar nicht über Politik, nicht einmal dann, wenn ich völlig hohlköpfig werde und du mich so weit bringen könntest, dass ich für eine von Mäusen geführte Theokratie bin.«
Er lachte darüber, ihr ach so ernster Grey, den sie zum Lachen bringen konnte.
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