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Joanna Bourne

Joanna Bourne

Titel: Joanna Bourne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Geliebte des Meisterspions
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sie auf den Sitz. Nun konnte sie sich mit abgewandtem Gesicht in die Ecke kauern.
    »Endlich wieder Harmonie.« Leder knirschte, und Kleidung raschelte, als sich auch der Junge bequem zurücklehnte.
    »Du hast leicht reden. Dir hat sie ja nicht nach deiner Manneskraft getrachtet.«
    »Genau diese Art der Unterhaltung … meinte ich.«
    »Spar dir dein ritterliches Verhalten. Du kennst sie nicht. Sie ist eine hübsche, kleine Schlange.«
    »Und ob ich sie kenne, zumindest ihrem Ruf nach. Das Füchschen und ich sind alte Rivalen … seit der Zeit in Italien. Wir Schlangen müssen … zusammenhalten.«
    Nun wusste sie, um wen es sich bei diesem Adrian handeln musste, obwohl er unter anderem Namen in Italien gewesen war. Sie hatte da so gewisse Dinge über ihn gehört. Es stand fest: Heute Nacht war sie in gefährliche Gesellschaft geraten.
    Grey ließ ihr keine Zeit, um diese neue Information in Ruhe zu verdauen. Er beugte sich vor und strich ihr das Haar aus dem Gesicht. Dann stupste er ihr Kinn hoch. Die Straßenlaternen würden ihre ganze Tarnung auffliegen lassen. Sie hielt die Augen geschlossen.
    Adrian musste einen Blick auf sie geworfen haben. »Sie hat Angst vor dir, wenn es das ist, was du wolltest. Mal hat sie welche, mal nicht. Jetzt hat sie wieder Angst.«
    »Ich will, dass sie Angst hat. Ich will, dass sie zu viel Angst hat, um mir noch mehr Schwierigkeiten zu machen. Annique, wie groß ist Eure Angst vor mir?«
    »Irrsinnig groß, Monsieur. So groß, wie Ihr es Euch nur wünschen könnt.«
    Ihre Stimme versagte. Dieu . Hatte es in den letzten Minuten auch nur einen Moment gegeben, in dem sie sich nicht verraten hätte? »Ich bin wirklich ganz starr vor Angst.«
    »Was meinst du?«, fragte Grey Adrian. »Echt oder nur gespielt?«
    »Echt genug. In meiner bewegten Jugend habe ich viele verängstigte Frauen gesehen. Sie sind wirklich leicht zu erschrecken. Glaub mir, ich kenn mich da aus.«
    »Vielleicht wird sie sich ja benehmen. Doch aus Rücksicht auf deine empfindsame Seele werde ich sie erst später verprügeln und dann verhungern lassen.« Damit ließ er sie in Ruhe.
    Das war ungeheuer tröstlich. Sie hatte schon viele Männer kennengelernt, die Menschen quälten, aber keiner von ihnen hatte auch nur den geringsten Sinn für Humor gehabt.
    Sie drehte sich wieder in ihre Ecke und hob die Hände, wie um sich von Kopfschmerz geplagt die Augen zu reiben. Wie hatte sie nur so dumm sein können, sich auf diese Weise gefangen nehmen zu lassen? Vauban würde toben, wenn er davon erfuhr. So einen Mist hatte er ihr nicht beigebracht. Wie hatte sie nur so töricht sein können? Zweifellos hätte man sich noch mehr schämen können, als sie es ohnehin schon tat, doch das war kaum vorstellbar. Ihre Hände zitterten, als sie ihr Gesicht verbarg.
    »So leicht lasse ich mich nicht täuschen, Mademoiselle«, sagte Grey. »Ihr werdet noch sehen, dass ich an einem wirklich einmaligen Mangel an Mitleid leide. Denkt also nicht mal daran, mich auszutricksen. Hier, nehmt das.«
    »Das« war eine halb gefüllte Flasche. Das Wasser darin war schal und schmeckte nach Metall, doch für ihren Geschmack war es so köstlich wie bester Wein. Trotz ihres Stolzes hätte sie sehr viele Dinge für ihn getan, um an dieses Wasser zu kommen, das er ihr so beiläufig zuwarf. Das musste ihm klar sein.
    Er legte ihr ein Brot in den Schoß, dasselbe, mit dem er sie in die Falle gelockt hatte. Es war zu Boden gefallen und daher noch voller Sand.
    Sie wischte ihn ab, riss sich ein Stück vom sauberen Ende ab, aß es langsam und trank zwischendurch immer wieder von dem Wasser. Nach einer Weile war ihr nicht mehr so zum Weinen zumute. Brot und Wasser entfalteten eine magische Wirkung und gaben ihr neuen Mut. Auf einmal schien ihr ein Entkommen wieder möglich … vielleicht sogar jetzt gleich.
    Mit geschlossenen Augen ließ sie sich ganz bewusst schlaff und müde in die Kissen sinken. Die Kutschlaternen draußen verbreiteten einen starken Ölgeruch. In deren flackerndem Schein würden sie sie bestimmt ganz aufmerksam beobachten. Schon das kleinste Zucken würde sie verraten.
    Sie gab sich völlig entmutigt – was ihr momentan nicht schwerfiel – , als sie sagte: »In Ordnung. Ihr habt wohl gewonnen. Also, ich werde artig essen und mich nicht mehr mit Euch streiten.« Sie hob schwerfällig das Brot, biss noch ein Stück ab, kaute und schluckte es herunter. Sie würden nicht damit rechnen, dass sie mitten im Kauen einen Fluchtversuch wagte. »Es

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