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Joanna Bourne

Joanna Bourne

Titel: Joanna Bourne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Geliebte des Meisterspions
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Wunde.
    »Wer … aaah … wer ist Sokrates?«
    »Ein toter Grieche. Annique bewundert ihn.«
    »Verschwendung, wenn er tot ist. Sie ist eine Frau, dazu erschaffen, von einem warmherzigen lebenden Manne geliebt zu werden.« Adrians schmales, dunkles Gesicht war um etliche Nuancen blasser, als es hätte sein sollen, doch er schaffte es, eine wenig überzeugende lüsterne Miene aufzusetzen. »Mich zum Beispiel. Du bist ihr vollkommen egal, mon vieux .«
    »Keiner erwartet, dass sie mich mag. Sie soll nur Angst vor mir haben und mit ihren Fluchtversuchen aufhören. Dich kann sie von mir aus auch mögen.« Eine Weile wusch Grey dem Jungen schweigend die Blutreste von der Brust. »Ich werde dich jetzt aufrichten. Streng dich nicht an. Lass mich das machen.«
    »In Ordnung.«
    Der Junge fühlte sich leicht und so ungeheuer zerbrechlich an, als Grey seinen Oberkörper aufrichtete. Er stopfte ihm Kissen hinter den Rücken. »Ruh dich einen Moment lang aus.«
    Dann ging er zum Fenster und schüttete das schmutzige Wasser in den Efeu, der wie mit Krallen die Steinwand emporkletterte. Die Nacht war warm. Unten auf der Terrasse saßen immer noch ein paar Männer an den Tischen. Die meisten von ihnen waren Bauern aus der Gegend, doch einige waren Reisende und hatten einen Pariser oder normannischen Akzent. Ein paar spielten Karten und unterhielten sich leise in der Mundart der britannischen Küste. Auf den Tischen flackerten Kerzen und warfen ihr Licht auf eine Bauernmütze, einen modischen Hut und einen blonden Haarschopf. Eine von Roussels drallen, dunkelhaarigen Töchtern schlängelte sich zwischen den Männern hindurch und sammelte Gläser ein. Im Dunkel hinter dem Hoftor lagen Felder, von denen das Zirpen der Grillen herüberdrang.
    In dieser Nacht, in diesem winzigen Dorf, in diesem obskuren Wirtshaus, das eine Durchgangsstation des britischen Spionagerings in Frankreich darstellte, waren sie sicher. Morgen würden sie in der Hölle sein.
    Das Bett knarrte. »Du behandelst sie falsch«, erklärte Adrian. »Sie rennt sich den Schädel ein, um dich fertigzumachen. Das ist nicht mit anzusehen.«
    »Du erzählst mir nichts Neues. Es ist wie ein Ringkampf mit einer ausgemergelten Katze.«
    Doch das war eine Lüge. Es war wie ein Ringkampf mit einem in Seide gehüllten Blitz.
    Annique Villiers würde sich nicht geschlagen geben. Sie würde sich auch weiterhin verzweifelt und wie irre gegen ihn werfen bei dem Versuch, aus der Kutsche zu entkommen. Immer wieder hatte er einen um sich tretenden, sich windenden Körper unter sich gehabt. Jedes Mal, wenn sie sich dann nicht mehr hatte rühren können, seufzte sie, ruhte sich aus und akzeptierte ihre Unterlegenheit. Die Krallen wurden eingefahren, und die überschäumende Energie schwand unter seinen Händen. Es war wie das sanfte, wohlige Loslassen einer Frau nach dem Höhepunkt. Sie war schön und hinterhältig zugleich, hatte das Suchtpotenzial von Opium.
    Welch eine Art für einen hochrangigen Agenten, so für eine verräterische französische Hure zu fühlen. »Ich werde mir Mühe geben, sie nicht zu verletzen, was nicht leicht ist. Sie ist so schnell wie eine kleine Kobra.« Er legte einen Verband an und schob Adrians Hand auf die Wunde. »Draufdrücken.« Dann verknotete er die Enden. »Sicherlich sieht sie den vorgesehenen Unterhaltungen mit Unbehagen entgegen. Ich weiß genau, was sie gemacht hat.«
    Will Doyle betrat mit einem Tablett in der Hand energisch das Zimmer. »Was hat sie denn gemacht?« Er hatte ein Bündel Kleider unter dem Arm und trat mit einem Fuß die Tür zu. »Außer uns in Italien und Österreich jahrelang zum Narren zu halten?«
    »Du solltest doch auf sie aufpassen.«
    »Ich hab zwei von Roussels Jungs am Fenster und an der Tür postiert. Annique Villiers haut nicht ab, wenn unten dreißig Leute rumlaufen. So blöd ist sie nicht, Robert. Aber irgendwas stimmt nicht mit ihr.«
    »Das musst du mir nicht sagen.«
    »Sie hat sich nicht mal umgedreht und mit mir gesprochen. Kein einziges Wort.« Doyle stellte das Tablett auf dem Tisch ab und legte das Kleiderbündel auf die Anrichte. »Ich habe sie in Wien bei der Arbeit gesehen. Sie schnattert normalerweise wie ’ne Elster. Irgendwas stimmt nicht, wenn sie den Mund hält.«
    »Dann habe ich sie wohl verletzt.« All diese zarten Knochen, nur von Haut zusammengehalten. So zerbrechlich.
    »Oder Leblanc. Bei ihm war sie länger als bei uns.«
    Er wollte sich nicht vorstellen, dass sie verletzt war. Zu schnell

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