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Joanna Bourne

Joanna Bourne

Titel: Joanna Bourne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Geliebte des Meisterspions
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käme dann Mitleid ins Spiel. Zu schnell wäre vergessen, was sie in Wirklichkeit war. »Ich schaue sie mir mal an, wenn ich sie zu Bett bringe.«
    »Eine interessante Vorstellung«, stellte Adrian fest, »aber nicht für dich, nehme ich an.«
    »Na, dir geht’s wohl schon besser.« Doyle hob die auf der blau-weiß geblümten Schüssel liegende Serviette an und schnupperte anerkennend. »Roussels Eintopf. Riecht nach Porree und Kerbel.« Er tauchte einen Löffel in die Schüssel und reichte sie Adrian mit einem brüsken »Iss!«.
    »Zu Befehl. Wirf mir etwas Brot rüber, wenn du schon dabei bist.«
    Doyle klemmte sich den Laib unter den Arm und schnitt mit wenigen geübten Schnitten eine Scheibe ab. »Ich war inzwischen unten bei Roussel, um ein paar Erklärungen abzugeben, Robert. Übrigens will er dein Blut sehen, weil du sie angeschleppt hast. Ich hab so getan, als wüsste ich, was los is. Erklärst du’s mir?«
    »Nie die Hoffnung verlieren«, merkte Adrian feierlich an.
    Doyle sagte: »Du wirst jetzt mit deinem Bauch über diesen Eintopf reden. Der Sektionsleiter hat’s nicht nötig, eine Erklärung – «
    Ein gewaltiges Krachen zerriss die Stille. Es kam von draußen und klang ganz nah. Doyle erstarrte. Adrians Blick huschte zum Fenster.
    Meine Waffe liegt zuoberst in meiner Tasche … geladen. In Hawkers Tasche ist auch eine. Doyle trägt seine bei sich. Die Treppe könnte man verteidigen. Sie würden –
    Männergelächter übertönte das reumütige Kichern einer Frau. Stühle wurden gerückt. Das Gemurmel von einem Dutzend Gäste schwoll wieder an. Nur das Missgeschick einer Bedienung, nicht Leblancs Männer. Noch nicht.
    Grey nahm die Hand von der Reisetasche. »Ich bin schon ganz aus der Übung.«
    Adrian schob ein dunkles Messer mit schmaler Klinge unter die Decke zurück.
    »Wir sind alle ganz schön nervös«, stellte Doyle fest, »was nicht zuletzt daran liegt, dass diese verfluchte, gefährliche Frau nebenan eingesperrt ist. Werden wir uns in absehbarer Zeit von ihr trennen?«
    »Er wird sie den ganzen Weg bis zur Meeks Street mitschleppen. Darauf würde ich wetten. Ist da auch Brandy auf dem Tablett?«
    »Für dich Wein.« Doyle zog den Korken mit den Zähnen aus der Flasche. »Ich hab ihr das unzüchtige Nachthemd gegeben, Robert. Sie war nicht gerade begeistert.«
    »Ich habe nicht vor, sie in Begeisterung zu versetzen.«
    Doyle goss etwas Wein in ein Glas und fügte so viel Wasser hinzu, bis das tiefe Rot verblasste. »Mir gefällt nicht, was du mit dem Mädchen vorhast.«
    »Ich höre.«
    »Erstens, mir gefällt nicht, dass Annique Villiers die Hinterlassenschaften einer Hure anziehen soll.« Doyle deutete mit einem Nicken auf die glänzenden Kleider auf dem Tisch. »Die hatte Roussel im Lagerraum – sind von irgendeinem Vögelchen, das, ohne zu bezahlen, ausgeflogen ist. Passen werden sie ihr wohl, aber sie sind was fürs Dirnenhaus.«
    »Im Dienste Frankreichs hatte sie schon weniger an.« Er nahm ein Kleid. Das intensive, geheimnisvolle Blau entsprach der Farbe ihrer Augen. Dünner, weicher Baumwollstoff floss durch seine Finger. Dirnenkleidung.
    »Sehr schön. Pariser Arbeit.«
    »Nicht gerade die Aufmachung, um in einem normannischen Dorf nicht aufzufallen, oder? Damit kommt sie nicht weit, wenn sie abhaut.« Adrian nahm das Glas. »In der Hölle steht eine Bank für Männer bereit, die Wasser in guten Wein kippen.«
    Doyle warf einen suchenden Blick auf das Tablett und nahm sich eine Pastete. »Durch einige dieser Kleider kann man ein Buch lesen. Sie wird ganz schön verführerisch aussehen.«
    »Sie könnte einen Sack tragen und sähe verführerisch aus.« Wenn er Annique dies anzöge, würde sie nach dem aussehen, was sie war: eine teure Kurtisane, eine Frau, erschaffen, um Männer zu verführen. Sie pries diese süßen, kleinen Brüste an wie Äpfel auf dem Markt. »Ich habe gesehen, wie sie Henri Bréval mit einem Totschläger niederstreckte, den sie unter ihrem Hemd versteckt hatte. Unter dem hier wird sie nicht einmal einen Zahnstocher verbergen können.«
    »Du irrst dich, Robert. Sie ist eine von uns. Eine der Besten. Sie war schon als Kind mit von der Partie. Man nimmt sich nicht eine der großen Akteurinnen und behandelt sie wie eine Mätresse. Erst steckst du sie in dieses Nachthemd oder eines dieser aufreizenden Kleider, und bald fängst du an, sie für eine Hure zu halten.«
    »Sie ist aber keine. Sie kann dich nämlich – um nur ein Beispiel zu nennen … «, Adrian

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