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Joanna Bourne

Joanna Bourne

Titel: Joanna Bourne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Geliebte des Meisterspions
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hätte ich Euch heute Morgen Euren Kaffee austrinken lassen.« Er ergriff ihre Hand, führte sie an seine Lippen und küsste sie. Kaum zu glauben, dass er kein Gascogner war. »Wie hat Grey Euch denn dazu überredet?«
    »Es war genau umgekehrt. Grey hat sich mit Händen und Füßen gewehrt, auf sein Privileg zu verzichten, in Euch auf Kugeljagd zu gehen. Aber ich war stur.« Dieser Draufgänger hing buchstäblich am Galgen und musste doch tatsächlich lachen. »Wenn Ihr noch kein Opium genommen habt, solltet Ihr das jetzt tun, weil wir danach eine Weile warten müssen. Ich möchte mich nämlich nicht mit Euch über den Preis von grünen Bohnen oder das Wetter unterhalten, wenn ich bei der Arbeit bin. Ich lasse mich leicht ablenken.«
    »Er wird keines nehmen«, widersprach Grey.
    Adrians Arm bewegte sich. Er schüttelte wohl den Kopf. »Wenn ich so viel nähme, dass es mir etwas bringt, wäre ich tagelang benommen. Leblanc sucht nach einem Verwundeten. Macht mich groggy, und ich bin tot.«
    »Ist mir echt zuwider, wenn er recht hat, geht’s Euch nicht auch so?«, fragte Doyle.
    »Ich habe immer recht, Annique … Füchschen … Kein Opium. Und würde ich genügend Brandy trinken, um mich zu betäuben, wäre das wahrscheinlich mein Ende. Also bleibt nichts anderes übrig, als ohne Betäubung zu operieren. Schafft Ihr das?«
    »Oh, ja«, antwortete sie, ohne zu zögern. »Ich habe schon ganz oft Kugeln herausgeholt. Ich bin blitzschnell.« Mon Dieu , hatten die eigentlich eine Ahnung, wie das war? Operieren ohne Opium. Das war der Stoff für Albträume. In der Tat war Adrian in der Hinsicht genau wie sie – die guten Feen hatten nicht an seiner Wiege gewacht, um Segenswünsche über ihm auszustreuen. »Das Opium geht ihnen immer vor den Männern mit den Löchern aus. Damit muss man leben.«
    »Es geht nichts über Erfahrung. Hier ist Euer Kram. Alles sauber.« Doyle fing an, ihr die Instrumente eins nach dem anderen in die Hand zu legen, damit sie sich nicht schnitt.
    »Im Allgemeinen arbeite ich in den Feldlazaretten der Verliererseite, wo es reichlich Verwundete gibt.« Sie trocknete die Schere mit einem Stück Verband ab und schnitt den Stoff probehalber durch. Scharf genug. »Ich habe eifrig bei den Mailändern und Österreichern spioniert, die ihre Schlachten mit einiger Regelmäßigkeit verloren haben. War schon ziemlich merkwürdig in all den Jahren, so vielen durch und durch französischen Kugeln auszuweichen.«
    Mit Verbänden war sie reichlich versorgt. Wären mehr als diese nötig, könnte sie Adrian ohnehin nicht retten. »Wenn Ihr Euch hinlegen würdet, Monsieur Adrian, käme ich besser an die Wunde heran. Schließlich bin ich kein Riese.«
    Sie rückte nah an Adrian heran in eine Position, von der aus sie arbeiten konnte. Ihre Werkzeuge lagen fein säuberlich aufgereiht auf der Decke. Sie nahm sie einzeln hoch und legte sie wieder hin, bis sie alle mühelos fand. Dann breitete sie ein Tuch darüber. Für Adrian war es besser, wenn er nicht die ganze Zeit darauf starren musste. Scharfes, glänzendes Metall zerrte nur unnötig an den Nerven. Sie legte sich einen Stapel Verbände auf den Schoß, um sie gleich zur Hand zu haben. Nun musste sie sich konzentrieren und nur noch an das denken, was vor ihr lag.
    Die Muskeln an Adrians fast unbehaartem Oberkörper waren vor Schmerz ganz angespannt. Er zuckte, als sie ihn berührte, machte einen tiefen Atemzug und reagierte dann nicht mehr, als sie ihn untersuchte. Rund um das Einschussloch war die Haut spürbar heiß. Die Wunde selbst war feucht und roch entzündet – normal und nicht faulig süß nach Tod.
    Doyle ließ sich groß und beruhigend auf der rechten Seite des Jungen nieder, Grey auf der anderen. Noch hielten sie ihn nicht fest. Schon bald würden sie es tun müssen. Sie operierte nicht zum ersten Mal ohne Opium.
    »Monsieur Doyle, ich möchte Euch zeigen, wo Eure Hände hinsollen.«
    »Eins wollen wir vorher noch machen«, sagte Grey. »Ich muss mit Adrian sprechen. Es dauert ein paar Minuten. Ihr macht es Euch solange bequem.«
    »Ihr hattet den ganzen Morgen Zeit dazu«, zischte sie ihn beinahe wütend an. Jede kleine Verzögerung machte es nur noch schlimmer. Glaubten sie eigentlich, ihr Adrian wäre die Tapferkeit in Person? Und sie auch?
    »Wir werden etwas ausprobieren, was ich in Wien gesehen habe. Es könnte helfen.« Er beugte sich über den Jungen und sagte: »Adrian, du hast dabei nichts weiter zu tun, als dich zu entspannen und mir

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