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Joanna Bourne

Joanna Bourne

Titel: Joanna Bourne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Geliebte des Meisterspions
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Rücken, blieb sie nah bei Adrian, damit sie es beide warm hatten. Über ihnen lag der Umhang wie eine Decke.
    »An den Wänden sind Bilder«, erklärte Adrian. »Während ich hier lag, habe ich sie mir angesehen. Wo der Putz noch nicht abgefallen ist, erkennt man eine … ich schätze, Ihr würdet es Wiese nennen. Überall Blumen. Dreißig oder vierzig verschiedene Arten. An den Stützen ranken blaue Blumen empor.«
    »Das hört sich bezaubernd an.«
    »Ist es auch. Direkt über uns an der Decke ist ein weißer Vogel mit der Sonne im Hintergrund. Das Feuer verrußt da oben alles.«
    »Ich glaube, wir sind echte Frevler. Als ich die Äpfel röstete, habe ich gar nicht daran gedacht, dass dies doch ein Gotteshaus ist.«
    »Die Götter sind hier schon vor langer Zeit ausgezogen.« Adrian zögerte. »Ihr könnt nicht sehen, was mit diesem Ort geschehen ist. Glaubt mir, Äpfel zu braten, ist nichts im Vergleich zu dem, was hier sonst noch passiert ist.«
    »Dann behaltet es für Euch. Ich habe schon so vieles an anderer Stelle gesehen, dass ich es mir lebhaft vorstellen kann.«
    »Das haben wir beide.« Er bewegte sich unruhig, und das Lager, auf dem er lag, knisterte. »Ich wünschte, Ihr würdet Euch schlafen legen. Es sei denn, Ihr habt vor, Eure feuchten Kleider auszuziehen und mich ungezügelt und leidenschaftlich zu lieben.«
    »Nein, Adrian.«
    »Das habe ich befürchtet. Dann seid ein braves Mädchen und versucht zu schlafen. Ihr müsst nicht Wache halten. Es ist noch zu früh für ihre Rückkehr. Viel zu früh.«
    »Wie lange werden wir auf sie warten?«
    Manches brauchte nicht laut ausgesprochen zu werden. »Den Rest des heutigen Tages. Diese Nacht. Bis morgen Mittag. Wenn Grey bis dahin nicht gekommen ist, gehen wir.«
    Am anderen Ende der Kapelle neben der Tür fielen permanent Regentropfen durch ein Loch in der Decke herein. Dort war eine breite Lache. »Er wird nicht kommen, stimmt’s?«
    »Er war schon schwerer in Bedrängnis als diesmal. Ihr Franzosen wisst nur die Hälfte dessen, was er gemacht hat.«
    Die auf ihr lastende Wolke der Bedrückung lichtete sich ein wenig. Sie musste sich ins Gedächtnis rufen, dass Grey kein gewöhnlicher Mann war. Schon oft hatte er bedrohliche Situationen gemeistert und war jedes Mal entkommen. Vielleicht führten er und Doyle gerade in diesem Moment einen teuflisch guten Plan aus, und er würde wie versprochen zurückkommen, um sie zu suchen. Das traute sie ihm zu.
    »Ich weiß fast gar nichts über Grey. Für die Briten habe ich mich nie interessiert, weil es zahllose andere Nationen auszuspionieren galt. Eine gravierende Lücke in meiner Ausbildung. Von Euch, kleiner Bruder, weiß ich noch etwas aus der Zeit, als Ihr in Mailand gearbeitet habt.«
    »Wann bin ich denn Euer kleiner Bruder geworden? Ich dachte, wir wären Zwillinge.«
    »Sind wir auch, aber Ihr seid siebzehn Minuten jünger. Und deswegen habe ich Euch immer gnadenlos schikaniert. Ich denke mir diese Details aus, wenn ich meine Rolle spiele. Als wir noch Kinder waren und in Grafing lebten, habe ich Bonbons von Euch erpresst. Außerdem habe ich Geschichten über Euch erzählt und Euch so in Schwierigkeiten gebracht. Sogar heute noch erzähle ich meinen Freunden Geschichten von Euren Geliebten, damit die jungen Damen schockiert sind. Als Zwillingsschwester bin ich eine schreckliche Person.«
    Er gluckste leise. »Ihr seid auch dann eine schreckliche Person, wenn Ihr sie nicht spielt, wusstet Ihr das?«
    »Ich habe mehrere fürchterliche Rollen in meinem Repertoire.« Sie wurde von lästigen Zweigen gekratzt, als sie sich ausstreckte. »Wie sieht er aus? Ich habe ihn ja noch nicht gesehen.«
    »Eine Haut wie Schuhleder. Breite Schultern. Riesiger Brustkorb … «
    »Doch nicht Doyle, das wisst Ihr ganz genau. Ich habe Monsieur Doyle mehrmals in Wien gesehen, als wir beide uns sehr bemühten, den anderen nicht zu bemerken. Wie sieht Grey aus?«
    »Er ist der Chef des britischen Geheimdienstes. Und nichts für Euch, mein Kind.«
    » Bien sûr . Ich bin auch nichts für ihn, wisst Ihr. Aber ich wüsste trotzdem gern, wie er aussieht.«
    »Groß und irgendwie zerbeult. Nicht ansehnlich.« Mehr hatte er nicht zu sagen.
    »Ich hoffe, Ihr seid etwas gesprächiger, wenn Ihr Euren Vorgesetzten Bericht erstattet, denn jetzt bin ich, so viel steht fest, nicht schlauer als vor drei Minuten.« Sie schaute mit leerem Blick zur Decke und verzog das Gesicht. »Was ohne Zweifel Eure Absicht war. Und Ihr habt recht. Es spielt

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