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Joanna Bourne

Joanna Bourne

Titel: Joanna Bourne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Geliebte des Meisterspions
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hinein. Mittlerweile war sie voller Schlamm und ganz durchnässt, aber wenigstens regnete es nicht durchs Dach der Kapelle. Sie kniete sich gegen den Altar – die seifige Oberfläche verriet ihr, dass er aus Marmor war – und legte ihren kleinen Totschläger neben ihr Knie. Sie wollte Feuer machen. Schon ehe sie blind war, hatte sie gelernt, wie man es im Dunkeln entfachte.
    »Das ist ja reiner Trübsinn hier. Anders als englische Spione zieht es mich nicht an solche Orte.« Im Schutz ihrer Hand fingen Holzspäne Feuer. Dann gab sie Zunder hinein – trockene Holzstückchen, die vielleicht einmal ein jahrhundertealter geschnitzter Engel gewesen waren. Jemand hatte ihn in kleine Teile zertrampelt, von denen keines größer als ein Finger war, doch sie konnte Flügel ertasten.
    Sie legte den Engel Stück für Stück ins Feuer und fühlte die grazile, trockene Leichtigkeit, die alte Farbe und die Vergoldungen auf der Oberfläche. »Glaubt Ihr, dass sie überhaupt eine Chance haben?«
    Adrian setzte sich mit dem Rücken zur Wand auf den Farnhaufen. »Sie sind sehr geschickt. Ich glaube nicht, dass es irgendjemand schafft, die beiden bei diesem Wetter und in dieser Wildnis zu finden. Grey ist ein halber Hirsch, wenn er im Wald ist.«
    »Dann haben wir also Glück, dass es regnet.« Sie legte vorsichtig und ohne sich zu verbrennen, dünne Holzscheite ins Feuer. Sie kannte den Trick, wie man das machte. »Wenn ich mich anstrenge, kann ich die See hören. Sie ist nur eine Meile entfernt, mehr nicht. Na also, jetzt brennt unser Feuer ordentlich.«
    »Das hätte ich doch machen können.«
    »Ohne Frage. Aber meine Hände freuen sich, wenn sie etwas zu tun haben. Ich werde gleich eine Falle für Kaninchen aufstellen. Ich kann riechen, dass da hinten in dem alten Garten welche sind.«
    »Lasst es lieber, es sei denn, Ihr seid am Verhungern. Ihr seid doch schon bis auf die Haut durchnässt. In der Tasche da ist ein Umhang. Er gehört mir. Ich habe ihn für Euch mitgenommen. Dann habt Ihr es heute Nacht schön warm.«
    »Er wird uns beide warm halten. Und dank dieses Feuers bin ich bald wieder trocken. Wo steht denn Eure Tasche? Ich würde gerne einen Blick hineinwerfen, wenn Ihr nichts dagegen habt.«
    »Es liegt eine geladene Pistole obenauf.«
    »Selbst wenn ich sie nicht riechen könnte, wüsste ich, dass sich in jeder Tasche, die Ihr bei Euch habt, oben eine geladene Pistole befindet.«
    Der Farn raschelte.
    »Es liegt nicht an Eurem Beruf als Spion, dass Ihr so töricht seid«, erklärte sie ihm. »Sondern daran, dass Ihr ein Mann seid. Was mich betrifft, ich spiele ›das Spiel‹, wie Ihr Engländer es nennt, jetzt seit … oh, etwa zwölf Jahren. Ah, so funktioniert der Haken. Ich verstehe.« Sie klappte die Tasche auf. »In all diesen Jahren habe ich genau dreimal eine geladene Waffe in Händen gehalten. Und dreimal auch nur, wenn ich dieses Mal mitzähle. Ich gebe Euch diese dumme Waffe, damit Ihr sie Euch unters Kopfkissen stecken könnt.«
    »Legt sie doch einfach vorsichtig gleich dort neben Euch ab.«
    »Ihr traut mir nicht zu, damit umzugehen, nur weil mir mein Augenlicht fehlt, obwohl ich unsagbar geschickt bin.« Sie schüttelte den Kopf. »O weh. Männer können so unglaubliche Narren sein, meint Ihr nicht auch? Das ist also der besagte Umhang. Recht hübsch. Damit werden wir uns zudecken. Und Ihr legt Eure Jacke unter, damit uns dieses großartige Grünzeug nicht so sehr sticht.«
    »Ihr seid eine bemerkenswerte Frau, Füchschen.«
    »Das bin ich, obwohl Ihr mich noch gar nicht kennt, weil Ihr noch nie eines meiner Omeletts probiert habt. Mon Dieu , tragt Ihr viele nützliche Sachen mit Euch herum. Und Messer. Das hier ist ein gutes Messer.«
    »Es gefällt mir.«
    Sie tastete sich durch die restlichen Dinge in der Tasche. Unter ihnen befand sich eine Rolle fein gesponnener Seidenschnur, die zwar dünn, aber fest genug war, um das Gewicht eines Erwachsenen auszuhalten. Sie war leicht und glatt wie fließendes Wasser, und sehr viele Meter lang. »Adrian, ich sage Euch … wir sind uns sehr ähnlich, wir beiden.« Sie ließ die Schnur ehrfürchtig durch die Finger gleiten. »Auch wenn Ihr diese laute Pistole mit dem Pulver, das bestimmt schon nass ist, bei Euch habt. Diese Schnur … damit werde ich eine so wundervolle Falle errichten. Ihr helft mir dabei.«
    »Kaninchen, Annique?«
    Sie lachte. »Aber nicht doch. Wiesel.«

15
    Das Feuer war bis auf die Glut heruntergebrannt. Die schützende Kapellwand im

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