Job Future - Future Jobs
einen »abnehmenden marginalen Nutzen«: Je mehr sie besitzen, desto weniger schätzen sie den Besitz. Wichtig ist hier die Einsicht, dass der abnehmende marginale Nutzen bei Geld und Konsum eine Rolle spielt, nicht aber bei anderen Formen der Erfahrung. Je mehr man beispielsweise seine Fähigkeiten und Kenntnisse vertieft oder in Freundschaften investiert, desto mehr erfährt man eine Steigerung anstatt einer Abnahme des marginalen Nutzens. Je mehr man verdient, desto weniger schätzt man den Verdienst. Aber je erfahrener man auf Gebieten wie der Freundschaft oder der meisterhaften Beherrschung wird, desto mehr genießt man diese Erfahrungen. 10
Was für Einzelne gilt, gilt auch für Nationen. Die Bürger in reicheren Ländern sind nicht glücklicher als die in ärmeren Staaten. Zwar gilt: Wenn in Gemeinden, Regionen und Nationen die Armut grassiert, sind Glück und Zufriedenheit weniger verbreitet als dort, wo mehr Wohlstand herrscht. Menschen sind unglücklich, wenn ihre Kinder an behandelbaren Krankheiten sterben, wenn ihr Trinkwasser verseucht ist oder wenn sie im Winter frieren und im Sommer unter der Hitze leiden. Aber wenn die Grundbedürfnisse erst einmal gedeckt sind, steigert Geld offenbar weder Zufriedenheit noch Glück. 11
Es wird immer deutlicher, dass uns das Geld im traditionellen Deal um Arbeit nicht besonders glücklich oder zufrieden macht. Und dieser Deal hat auch unerfreuliche Konsequenzen. Die Gier nach Geld und materiellen Gütern ist schlechter zu stillen als das Bedürfnis nach anderen Arten des Erlebens. Man weiß aus eigener Erfahrung, wie schnell die Freude über eine Neuanschaffung nachlässt und dem Bedürfnis nach noch mehr Konsum weicht. Auch knüpfen sich der Wunsch nach immer mehr und eine übertrieben materialistische Einstellung oft an Ziele, die schlecht für die persönliche Entwicklung sind, weil sie entweder zu leicht oder gar nicht erreichbar sind. Wer immer materialistischer wird, neigt eher zu untätigem Konsum. So verbringen Menschen mit deutlich ausgeprägten materialistischen Bedürfnissen mehr Zeit vor dem Fernseher, während die anderen eher gemeinsam mit anderen aktiv werden oder ihre Zukunft planen. 12
Der traditionelle Deal um die Arbeit verführt uns dazu, Geld und Status zu überschätzen und die Zufriedenheit zu unterschätzen, die wir aus fruchtbaren Erfahrungen ziehen können. Während das Geld im Zentrum des traditionellen Deals um Arbeit steht, wird der Wert der meisten, wenn nicht aller Freuden der Arbeit und des Privatlebens nicht geschätzt. 13 Diejenigen Aspekte des Arbeitslebens, die am meisten Erfüllung bringen, sind eben nicht käuflich. Man denke einen Augenblick über die eigene Gemütsverfassung im letzten Monat nach und erinnere sich an die Zeitpunkte, zu denen man sich wirklich glücklich, zufrieden und fröhlich fühlte. Einige dieser positiven Gefühle werden natürlich auch von Käufen herrühren, aber viele entstammen Erlebnissen, die es gratis gibt: die Freuden von Freundschaften, das Erfolgserlebnis, eine Aufgabe gut erledigt zu haben, der Spaß mit Kindern, ein herrlicher Spaziergang in der Natur oder ein Sonnenauf- oder -untergang.
Wie wir Geld und Konsum lieben lernten
Wenn wir uns selbst umorientieren oder anderen bei einer Neuorientierung helfen wollen, müssen wir erst einmal verstehen, wieso Millionen von Menschen in der entwickelten Welt – und inzwischen auch in den Schwellenländern – Geld und Konsum lieben lernten. Die Geschichte des Konsums beginnt in der Kindheit. Es überrascht nicht, wenn Eltern, für die der materielle Wohlstand wichtiger ist als menschliche Nähe oder Wärme, bei ihren Kindern Sehnsüchte nach Konsum wecken. Und auch stundenlanger Fernsehkonsum verstärkt Wünsche nach mehr Geld und Konsum. Der Psychologe Tim Kasser und seine Kollegen fassten es treffend so: »Diese als Ersatzeltern fungierenden Fernsehgeräte porträtieren käufliche Waren als den Inbegriff des Lebens. Während wir Kinder vor Pornografie schützen, setzen wir sie sorglos den eindringlichen Lektionen materialistischer Verlockungen aus.« 14
Aber auch noch nach der Kindheit geht diese Prägung zum Konsum weiter. Immer wieder macht uns der traditionelle Deal um Arbeit deutlich, dass materielle Belohnungen gut seien, und verstärkt so immer weiter den Eindruck, dass es beim Arbeiten allein ums Geldverdienen gehe. Am Ende entdecken wir: »Ich muss Geld lieben, weil ich so hart für es arbeiten muss.« 15 Mit der Zeit beginnt sich der
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