Jodeln und Juwelen
Mrs.
Brooks.«
»Und ich freue mich schon darauf, sie
fortzusetzen, Mrs. Fath. Bis später.«
»Was hältst du von ihr?« fragte Emma,
während sie nach oben gingen.
»Sie ist ein richtiger Schatz.« Theonias
Stimme ließ keinerlei Zweifel zu. »Die Theorie, dass sie eine Spionin ist, die
Informationen sammelt, kannst du vergessen, Emma. Sie wüsste überhaupt nicht,
wie man so etwas anstellt. Die Frau ist vielleicht nicht ganz so unfehlbar, wie
sie denkt, aber sie ist sicher absolut ehrlich. Mit den vagen Angaben, die sie
vor ein paar Tagen gemacht hat, wollte sie bestimmt niemanden täuschen. Sie hat
nur versucht, eine Vision wiederzugeben, was nicht immer leicht ist. Man wird
gelegentlich irregeführt, weil man das, was ein Medium sagt, mit eigenen
Assoziationen füllt.«
»Ich glaube, genau das ist passiert,
Theonia. Mrs. Fath hat nur etwas von Schwarzweiß und Steinen, die aus dem
Wasser kommen, gesagt. Das hat dann Mr. Groot aufgegriffen und mit seiner
Vorstellung vom Shag Rock und den weißen Möwen verbunden.« Und so weiter. »Wont
und die anderen haben sofort gemeint, sie habe den Ort beschrieben, wo Pocapuk
seinen Schatz vergraben hat, weil sie genau das zu hören hofften. Gestern
Morgen, als Neil in dem alten schwarzen Regenmantel hereinkam und den Iolanthe -Schmuck
in einem weißen Handtuch bei sich trug, wurde klar, was sie wirklich gemeint
hatte. Eigentlich ganz amüsant, wenn man genauer darüber nachdenkt.«
»Da könntest du Recht haben.« Theonia
klang nicht sonderlich interessiert. »Na, dann machen wir uns mal an die
Arbeit. Was für ein Chaos!«
»Das ist alles meine Schuld, weil ich
so lange nichts von dem Safe gesagt habe«, sagte Emma. »Eigentlich müsste ich
zur Strafe das Zimmer ganz allein aufräumen. Möchtest du nicht doch lieber
wieder nach unten gehen und Graf Radunov beim Frühstücken zuschauen?«
»Jetzt sei bitte nicht albern. Ah, da
kommt Neil. Genau das, was wir brauchen, ein starker Rücken.«
Der Junge grinste und machte sich an
die Arbeit. Innerhalb von zehn Minuten lagen die Matratzen auf den
Lattenrosten, waren die Betten gemacht und die Schubladen wieder in den
Kommoden.
»Jetzt kommt der angenehme Teil«,
stöhnte Emma, als sie das heillose Durcheinander von Kleidungsstücken und
Nippsachen auf dem Fußboden in Augenschein nahm. »Lauf ruhig wieder zurück zu
deinem Vater, Neil. Mrs. Brooks und ich schaffen das hier schon allein. Moment,
ich wollte dich vorher noch etwas fragen — warst du letztes Jahr mit Mrs.
Sabine hier?«
Er schüttelte den Kopf. »Nur ein paar
Mal in der Nachsaison mit Paps. Aber nie, wenn sie da war. Wissen Sie, sonst
ist Dads Onkel Winfield immer hergekommen und hat Dad geholfen. Zusammen mit
seinem Freund Jake Pierce, der bei ihm wohnt, seit Tante May gestorben ist.
Onkel Winfield haben sie im Krieg ein Bein weggeschossen, als er noch ganz jung
war. Der Stumpf hat ihm nie Beschwerden gemacht, bis vor ‘n paar Monaten. Da
ging’s ihm so schlecht, dass er ins Krankenhaus musste. Sie mussten ihm den
Stumpf bis rauf zur Hüfte amputieren, er sitzt immer noch im Rollstuhl. Sie
wissen ja, dass meine Mutter nicht da ist, und Dad dachte, Jake sollte diesen
Sommer besser zu Hause bleiben und sich um Onkel Winfield kümmern, statt nach
Pocapuk zu kommen. Deshalb hat er diesmal Ted und mich mitgenommen.«
»Verstehe«, sagte Emma. »Mich würde
interessieren, ob Mrs. Sabine damals ein Dienstmädchen bei sich hatte, irgend jemanden,
der sich um ihr Zimmer kümmerte und dergleichen, so wie Sandy es für mich tut.«
»Keine Ahnung, Mrs. Kelling, ehrlich.
Mum war vorigen Sommer bei Ausgrabungen in Washington County. Sie hat Sandy und
mich mitgenommen. Wir haben die halbe Zeit gecampt.«
»Dann habt ihr also euren Vater den
ganzen Sommer lang nicht gesehen?«
»Doch, klar haben wir ihn gesehen.
Onkel Winfield und Jake waren ja hier, daher hat Paps ab und zu mal ‘nen Tag
frei genommen, wenn Mrs. Sabine grade nichts Besonderes vorhatte. Er hat nie
viel über die Insel gesprochen, er war viel zu froh, wieder bei uns zu sein.
Dieses Jahr kann Mum an den Wochenenden nicht nach Hause kommen. Und weil Sandy
und ich hier bei Dad sind, und Ches und Wal jeden Tag vorbeikommen, hat Dad
nicht vor, sich frei zu nehmen. Er sagt, ich sei zu jung, um hier allein die
Verantwortung zu tragen. Und Ted sei ein Faulpelz. Und Mrs. Sabine ist nicht
da, und Paps weiß noch nicht genau, was er von Ihnen halten soll. Oh, ich
glaube, das hätte ich jetzt besser nicht
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