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Joe Kurtz 02 - Bitterkalt

Joe Kurtz 02 - Bitterkalt

Titel: Joe Kurtz 02 - Bitterkalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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entscheiden, Hansen den zuständigen Behörden auszuliefern. Hansen erinnerte sich noch gut daran, dass der Violinist den Ausdruck »zuständige Behörden« häufig bei ihren politischen Diskussionen an der Universität von Chicago verwendet hatte.
    Blieb also noch Kurtz. Wahrscheinlich schmiss der ehemalige Inhaftierte inzwischen trotz Frears’ Protesten die Show. Vielleicht hatte Kurtz die Farinos um Hilfe gebeten. Doch James B. Hansen wusste, wie beschränkt der Einfluss der Mafiafamilie in diesem neuen Millennium war – fast gänzlich verschwunden, nachdem der alte Don tot, der Kern der Familie zerschlagen war und der drogensüchtige Little Skag in Attica einsaß. Es gab Berichte, wonach ein paar neue Leute für die Farinos rekrutiert wurden, doch die gehörten zum mittleren Management: Kuriere, ein paar Leibwächter, Buchhalter – keine nennenswerten Muskeln. Damit stellten die Gonzagas die einzige wirkliche Macht in Buffalo.
    Kurtz hatte eine halbe Million verlangt sowie einen Bonus für Frears, was sicherlich genug war, um die Farinos ins Boot zu holen, aber Hansen wurde das Gefühl nicht los, dass Kurtz viel zu gierig war, um das Geld mit jemandem zu teilen. Vielleicht gab diese Farino-Tochter, Angelina, Kurtz etwas logistische Unterstützung, ohne die Gesamtsituation zu kennen. Durchaus möglich.
    Ich könnte mich jetzt einfach aus dem Staub machen , überlegte Hansen. Seine Gedanken pulsierten im Rhythmus der Scheibenwischer. Die 38er deponieren, anonym den Tod der alten Lady in Cheektowaga melden und mich absetzen. Das wäre die Mit-dem-Arm-über-das-Schachbrett-fegen-Strategie, der er eine gewisse Eleganz nicht absprechen konnte. Aber für wen hält dieser Kurtz sich?, schloss sich sofort der Folgegedanke an. Indem er versuchte, ihn zu erpressen, hatte Kurtz das Spiel auf eine neue, persönliche Ebene verlagert. Falls Hansen die Partie jetzt nicht zu Ende spielte, würde er damit seinen eigenen König opfern und aufgeben. Dieser Schwächling Frears hätte James B. Hansen dann gemeinsam mit diesem Soziopathen von einem Knastbruder in seinem eigenen Spiel geschlagen.
    Das wird verdammt noch mal nicht passieren, entschied Hansen und entschuldigte sich sofort mit einem Gebet bei seinem Heiland. Er wendete den Cadillac und fuhr auf die Schnellstraße, wo er dem Fluss in nördlicher Richtung folgte.
    Kurtz war zu der verlassenen Gasse in der Nähe der Allen Street gefahren, hatte mit dem Taxi neben dem Lincoln angehalten, Rafferty in den Kofferraum des Town Car befördert und den gefesselten, geknebelten und mit Augenbinde versehenen Taxifahrer aus dem Lincoln in sein Taxi verlegt. Anschließend rief er Hansen an, während er die Rückfahrt zum Farino-Penthouse antrat. Etwas an James B. Hansens glatter, öliger Stimme bescherte Kurtz ein schmerzhaftes Pochen im Schädel.
    Als er zurück in den Marina Towers war, ließ er Rafferty im Kofferraum zurück und fuhr mit dem Aufzug nach oben. Alle saßen beim Mittagessen und Kurtz gesellte sich zu ihnen. Angelina Farino Ferrara hatte ihrem Koch, ihren Bediensteten und den Buchhaltern aus dem zehnten Stock gesagt, sie könnten sich einen Tag freinehmen – versucht gar nicht erst, durch diesen Sturm zu kommen, sagte sie zur Begründung.
    Der dampfende Topf mit Chili, der auf dem Tisch stand, war eine Gemeinschaftsproduktion des bunten Haufens, der sich derzeit im Penthouse aufhielt. Das Rezept stammte von John Frears, dazu gab es mehrere Sorten Käse, französisches Weißbrot, Tacos und heißen Kaffee. Angelina bot Wein an, doch niemand war in der Stimmung dafür. Kurtz hätte lieber ein paar Gläser Scotch vernichtet, beschloss aber, darauf zu verzichten, bis die Besorgungen des Tages erledigt waren.
    Nach dem Essen trat er auf den vereisten und windigen Westbalkon, um einen klaren Kopf zu bekommen. Ein paar Minuten später gesellte sich Arlene zu ihm und zündete sich eine Marlboro an.
    »Ist das zu glauben, Joe? Sie ist die Tochter eines Mafia-Dons, aber sie lässt es nicht zu, dass man in ihrem Apartment raucht. Was ist nur aus der Cosa Nostra geworden?«
    Kurtz antwortete nicht. Der Himmel im Nordwesten war so schwarz wie ein Vorhang aus Nacht, der auf die Stadt zuglitt. Die Laternen im Jachthafen und entlang der Gehwege bemühten sich bereits mit überschaubarem Erfolg, gegen die Dunkelheit anzukämpfen.
    »Rafferty?«, fragte Arlene.
    Kurtz nickte.
    »Können wir einen Moment über Rachel reden, Joe?«
    Kurtz schwieg und sah sie nicht an.
    »Gail sagt, dass

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