Joe Kurtz 02 - Bitterkalt
am Steuer über sich ergehen lassen und seine gerechte Strafe hinnehmen, aber als eine der Krankenschwestern – nicht diese Schlampe Gail Sowieso, die ständig nach Rachel schaute und Rafferty anstarrte, als wäre er irgendeine abstoßende Amphibie, sondern die hübsche Schwester – ihm erzählt hatte, dass sein Bruder am Morgen nach dem Unfall im Krankenhaus gewesen war, um nach ihm zu sehen, war ihm buchstäblich das Blut in den Adern gefroren. Donald Raffertys Bruder saß in einem Gefängnis in Indiana. Wenn er nach der Beschreibung der Schwester ging, konnte es sich bei dem Besucher nur um Joe Kurtz handeln.
Es war dringend nötig, der Stadt für eine Weile den Rücken zu kehren. Er hatte DeeDee in Hamilton, Ontario, angerufen und ihr gesagt, sie solle ihren fetten Arsch in Bewegung setzen und ihn hier abholen, aber sie konnte bis um fünf nicht von der Arbeit weg und jammerte über den Sturm, der über den See herüberwehte. Deshalb verließ sich Rafferty nicht darauf, dass sie wirklich kam, sondern ließ sich von der Schwester ein Taxi rufen, um nach Lockport rüberzufahren und ein paar Sachen zusammenzupacken, die er brauchte. Dazu gehörte auch die 357er Magnum, die er angeschafft hatte, nachdem dieses Arschloch Kurtz ihn bedroht hatte.
Anschließend wollte er sich einen kleinen Urlaub gönnen. Es tat Rafferty leid, dass Rachel verletzt war – er wollte dem Kind wirklich nichts Böses –, aber wenn nach der Operation doch noch Komplikationen auftraten, nun, verdammt, das wäre eine Möglichkeit, sicher zu sein, dass sie es sich nicht wieder anders überlegte und ihn bei den Bullen anschwärzte. Er wollte sie doch nur ein bisschen anfassen, eine kleine Berührung, vielleicht einen Blowjob. Es ging ihm doch gar nicht darum, ihr die Jungfräulichkeit zu nehmen oder so was. Früher oder später würde sie sowieso erwachsen sein. Oder auch nicht.
Ein Pfleger kam in die Lobby und verkündete: »Ihr Taxi ist da, Mr. Rafferty.«
Er versuchte aufzustehen, aber die Schwester, die er nicht mochte, schüttelte energisch den Kopf. Also ließ er sich wieder in den Rollstuhl sinken. »Krankenhausbestimmungen«, erklärte sie und schob ihn ähnlich liebevoll wie bei einen Viehtransport unter das Vordach. Tolle Sache, diese Bestimmungen, dachte Rafferty. Sie achten darauf, dass man im Rollstuhl sitzen bleibt, bis man das Gebäude verlassen hat, danach ist ihnen aber alles schnurzegal. Wenn man am gleichen Tag zu Hause verreckt, würde das niemanden kümmern. Hauptsache, man hatte die Vorschriften eingehalten. Armes Amerika.
Der Taxifahrer stieg nicht aus, um Rafferty die Tür aufzuhalten oder ihm auf den Rücksitz zu helfen. Typisch. Die hässliche Krankenschwester stützte ihn mit einer Hand, während Rafferty sich aus dem Rollstuhl kämpfte. Sein verletztes Handgelenk schmerzte höllisch und sein Kopf drehte sich. Die Gehirnerschütterung war schlimmer, als er gedacht hatte. Er ließ sich auf den Rücksitz plumpsen und atmete ein paarmal tief durch. Als er den Kopf zur Seite drehte, um der Schwester mitzuteilen, dass alles okay war, hatte sie sich bereits umgedreht und schob den Rollstuhl zurück ins Gebäude. Miststück .
Einen Moment lang war Rafferty versucht, dem Taxifahrer zu sagen, er solle ihn an einer seiner Lieblingsbars absetzen, vielleicht der am Broadway. Ein paar Drinks würden ihn wahrscheinlich besser auf die Beine bringen, als diese scheiß Schmerzmittel, die sie ihm gegen seinen Willen eingetrichtert hatten. Aber dann besann sich Rafferty eines Besseren. Erstens schneite es wie verrückt und wenn er zu lange wartete, waren die verdammten Straßen vielleicht dicht. Zweitens wollte er seinen Kram gepackt haben und fertig sein, wenn DeeDee es sich doch noch anders überlegte. Er hatte keine Zeit zu verlieren.
»Lockport«, nannte er dem Fahrer sein Ziel. »Locust Street. Ich sage Ihnen rechtzeitig Bescheid, wo Sie mich absetzen sollen.«
Der Fahrer nickte, stellte den Taxameter an und lenkte den Wagen in das Schneegestöber.
Rafferty rieb sich die Schläfen und schloss für einen Moment die Augen. Als er sie wieder öffnete, war das Taxi zwar auf die Kensington eingebogen, fuhr aber in die falsche Richtung. Statt nach Osten und dann nach Norden bewegte es sich in Richtung Innenstadt. Gottverdammter Idiot!, fluchte Rafferty durch den Nebel seiner Kopfschmerzen still vor sich hin. Er hämmerte an die kugelsichere Trennscheibe und schob das Sprechgitter ein Stück weiter auf.
Der Fahrer drehte sich
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