Joe Kurtz 02 - Bitterkalt
Sollte er jetzt wirklich alles niederbrennen und für immer verschwinden? Es schien ihm das Vernünftigste zu sein, aber es gab immer noch Probleme, die gelöst werden mussten. Hansen würde später vielleicht noch etwas aus dem Haus benötigen – beispielsweise einige der Waffen –, aber im Moment hatte er nicht die Zeit, sie einzupacken und mitzunehmen.
Hansen ließ die Benzinkanister zusammen mit Dickson im Wohnzimmer zurück, schloss sorgfältig die Vordertür ab, fuhr den Escalade aus der Garage, schloss das Tor mit der Fernbedienung und unternahm einen Abstecher in die Stadt, um die 38er in Kurtz’ Hotelzimmer zu deponieren.
Donald Rafferty war froh, endlich aus dem Krankenhaus herauszukommen. Er hatte ein gebrochenes Handgelenk, Blutergüsse an Rippen und Unterleib sowie Verbände um den Kopf. Die leichte Gehirnerschütterung schmerzte immer noch höllisch, aber Rafferty wusste, dass es ihm noch viel schlechter gehen würde, wenn er nicht so schnell wie möglich das Krankenhaus und die Stadt verließ.
Bei dieser Missbrauchssache hatte er verdammtes Glück gehabt. Rafferty hatte empört alles zurückgewiesen, als die Cops ihn befragten, und betont, dass seine Adoptivtochter Rachel ein typischer Teenager sei – schwierig im Umgang, log oft und gab anderen die Schuld an eigenen Problemen. Er behauptete, lediglich spätabends zur Bushaltestelle gefahren zu sein, um sie nach Hause zu holen, nachdem sie versucht hatte, wegzulaufen. Er befürchtete, so hatte er den Cops erzählt, dass sie vielleicht Drogen nehme. Sie hätten sich gestritten – Rachel hasste den Gedanken, dass Rafferty wieder heiraten wollte, obwohl ihre Mutter mittlerweile seit zwölf Jahren tot war –, und im Wagen wäre sie immer noch sauer auf ihn gewesen, als er aufs Glatteis geraten und der Wagen von der Kensington abgekommen war.
Da den Cops die Ergebnisse seiner Blutprobe vorlagen, hatte Rafferty zugegeben, an dem Abend zu Hause etwas getrunken zu haben – verdammt, es war doch nur natürlich, ein paar Drinks zu kippen, wenn man sich höllische Sorgen um die eigene Tochter machte! –, aber was blieb ihm denn anderes übrig, als sie um 2:30 Uhr von der Bushaltestelle aus anrief. Hätte er sie etwa dort sitzen lassen sollen? Nein, der Alkohol war nicht schuld an dem Unfall gewesen, sondern der gottverdammte Schnee und das Glatteis.
Als Rachel auf der Intensivstation wieder zu Bewusstsein kam, hatten die Bullen sie befragt. Glücklicherweise hatte sie ihre Behauptung, dass Rafferty versucht habe, sie zu vergewaltigen, wieder zurückgezogen. Sie machte einen verwirrten Eindruck auf die Beamten, was sie auf die Nachwirkungen der Narkose und die Schmerzen im Anschluss an die Operation schoben.
Rafferty fühlte sich bestätigt. Verdammt, er war weit davon entfernt gewesen, sie zu vergewaltigen. Es war nur, dass das Mädchen einen Schlafanzug getragen hatte, der zwei Nummern zu klein war, als sie nach unten in die Küche gekommen war, um sich ein paar Kekse zu holen. Rafferty hatte den ganzen Abend getrunken und war frustriert, dass DeeDee an den nächsten Wochenenden keine Zeit für ihn hatte. Also beging er den winzigen Fehler, von hinten an Rachel heranzutreten, als sie vor dem Küchenschrank stand, und mit seinen Händen über ihre knospenden Brüste, den Bauch und ihre Hüften zu kreisen.
Als er in der Krankenhauslobby auf das Taxi wartete, spürte Rafferty, wie sich durch die Erinnerung etwas bei ihm regte, trotz der Schmerzen und der Medikamente, mit denen er vollgepumpt war. Er ärgerte sich, dass das Gör schreiend in ihr Zimmer geflohen war und die Tür hinter sich abgeschlossen hatte. Danach war sie aus dem Fenster gestiegen und das Spalier an der Garage hinuntergeklettert, während er wie ein Idiot im Flur gestanden und ihr damit gedroht hatte, die Tür einzutreten, wenn sie nicht vernünftig wurde.
Sie hatte die letzte Fahrt von Lockport zum Busbahnhof erwischt, dann aber gemerkt, dass ihr das Geld fehlte, um Buffalo zu verlassen. Schluchzend und frierend – in der Eile war ihr nur Zeit geblieben, sich schnell ein Sweatshirt zu schnappen – rief sie schließlich Rafferty an. Er musste lächeln. Das Mädchen hatte sonst niemanden, zu dem sie gehen konnte. Dieser Umstand war wohl auch der Auslöser für die Entscheidung gewesen, ihre Anschuldigungen zurückzuziehen. Wenn sie überhaupt irgendwohin nach Hause zurückkehren wollte, dann in das Haus von Donald Rafferty.
Normalerweise würde er die Anklage wegen Trunkenheit
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