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Joel 1 - Der Hund der unterwegs zu einem Stern war

Joel 1 - Der Hund der unterwegs zu einem Stern war

Titel: Joel 1 - Der Hund der unterwegs zu einem Stern war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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hinter der Bäckerei anlangt, hat er nur noch den Hügel zum Fluß vor sich. Der Schnee liegt hoch, und er arbeitet sich vorwärts. Plötzlich ist der Schnee, durch den er stapft, eine Wüste. Geier kreisen über seinem Kopf und warten darauf, daß er vor Erschöpfung umfällt und nicht mehr aufstehen kann. Er ist allein in der Wüste, und dort, weit weg, ist sein Felsen. Wenn er ihn nur erreicht, dann wird er überleben… Da bleibt er jäh stehen. Auf seinem Felsblock sitzt ein fremder Junge.
    Ganz regungslos sitzt er, ein Fernglas vor den Augen. Joel kauert sich im Schnee zusammen. Es ist das erste Mal, daß jemand seinem Felsblock so nahe gekommen ist.
    Joel ist sicher, daß er den Jungen noch nie gesehen hat, ein Fremder, ein Unbekannter.
    Warum sitzt er hier am Fluß? Was sieht er durch das Fernglas? Woher kommt er?
    Joel drückt sich in den Schnee wie ein furchtsamer Hase und läßt den unbekannten Jungen nicht aus den Augen. Plötzlich läutet es oben auf der Brücke. Die Schranken gehen herunter, und ein Güterzug nähert sich klappernd aus dem Wald. Der Rauch aus der Lokomotive steigt zwischen den Tannen auf, als wäre es der Atem der Bäume. Der fremde Junge richtet sein Fernglas auf den Zug. Joel sieht, daß der Junge ungefähr so alt ist wie er. Oder vielleicht ein bißchen älter. Anstelle einer Strickmütze trägt er eine Schirmmütze mit Ohrenschützern. Aber was hat er an den Füßen?
    Die Dinger sehen ja aus wie Tennisschläger. Schneeteller!
    Der fremde Junge hat Schneeteller!
    Joel hat noch nie welche in Wirklichkeit gesehen, nur darüber in einem von Papa Samuels Büchern gelesen. Er drückt sich immer noch in den Schnee, obwohl er anfängt zu frieren.
    In dem Augenblick dreht sich der fremde Junge um und sieht Joel geradewegs an.
    »Warum liegst du da?« fragt er. »Denkst du, ich hab dich nicht gesehen?«
    Joel fällt keine gute Antwort ein. Er hat ja wirklich geglaubt, daß er unsichtbar ist, wie er da im Schnee liegt. Der Junge hat doch die ganze Zeit durch das Fernglas geguckt? Wie konnte er ihn dann bemerken?
    Der fremde Junge springt vom Felsblock und kommt Joel auf seinen Schneetellern entgegen.
    Joel stellt fest, daß es stimmt, was er in Papa Samuels Büchern gelesen hat. Wenn man Schneeteller an den Füßen hat, sinkt man nicht im Schnee ein.
    Der fremde Junge bleibt vor Joel stehen.
    »Willst du da sitzenbleiben?« fragt er.
    Joel weiß immer noch nicht, was er antworten soll. Außerdem redet der fremde Junge einen komischen Dialekt. Und er grinst. Die ganze Zeit grinst er.
    »Wer bist du?« fragt Joel schließlich und richtet sich auf.
    Obwohl sie gleich groß sind, fühlt Joel sich wie ein Zwerg, wie er da bis zu den Knien im Schnee steht.
    »Ich bin heute hierher gezogen«, sagte der fremde Junge. »Ich wollte nicht, aber ich mußte.«
    Joel klopft sich den Schnee ab, während er nachdenkt. »Woher kommst du denn?« fragt er.
    »Das spielt keine Rolle«, antwortet der fremde Junge. »Ich bleib sowieso nicht hier.«
    Joel bemerkt, daß der Junge mit den Schneetellern rote Augen hat, als ob er gerade eben geweint hätte. Plötzlich kann Joel nicht mehr über sich selbst bestimmen, und er sagt etwas, das er keinesfalls sagen wollte. Als er hört, wie ihm die Worte aus dem Mund stolpern, tut es ihm sofort leid, aber es ist schon zu spät.
    »Bei uns ist es nicht üblich, daß man am Fluß sitzt und heult«, sagte er.
    Der fremde Junge sieht ihn verwundert an. Blitzartig schießt es Joel durch den Kopf, daß er jetzt bestimmt Prügel kriegt. Der Junge mit den Schneetellern sieht stark aus.
    »Ich sitz doch nicht da und heule«, sagt der fremde Junge. »Ich hab mir das Gesicht mit dem Handschuh abgewischt. Ich hab vergessen, daß ich allergisch gegen Wolle bin. Darum hab ich rote Augen.«
    Joel meint ihn zu verstehen. In seine Klasse geht ein Mädchen, das muß niesen, wenn jemand hereinkommt, der nach Hund riecht. So was muß das sein.
    »Ich heiß Ture«, sagt der Junge mit den Schneetellern. Dann geht er einfach weg, als ob es ihn überhaupt nicht interessiert zu erfahren, daß Joel Joel heißt.
    Joel schaut ihm nach, wie er breitbeinig auf seinen Schneetellern davongeht.
    Wer das auch ist, der soll meinen Felsblock in Ruhe lassen, denkt er. Wenn er noch mal herkommt, dann muß ich mir was einfallen lassen, das ihn abschreckt. Er stapft den Hang in seinen eigenen Fußspuren hinauf. Schneeteller und Fernglas, was ist das eigentlich für einer? denkt er.
    Am nächsten Tag paßt Joel

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