Joel 1 - Der Hund der unterwegs zu einem Stern war
Schallplattenspieler ertönt Musik, und als sie wieder hereinkommt, hält sie eine Posaune in der Hand. Sie stellt sich vor ihn und fängt an zu spielen, dieselbe Melodie wie die vom Plattenspieler. Sie hat einen Schal in den Trichter der Posaune gesteckt, um den Ton zu dämpfen. Sie wiegt sich im Takt der Musik, und Joel findet, sie spielt gut, denn es klingt, als ob die Posaune zur Schallplattenmusik gehört.
Mitten in der Melodie bleibt die Platte hängen. Es kratzt, und dieselbe Tonfolge wiederholt sich immer wieder. Mit der Posaune macht sie dasselbe. Die ganze Zeit sieht sie ihn an. Wieder und wieder dieselben Töne. Als sie auf den Fußboden stampft, hüpft die Nadel in die richtige Rille, und die Platte läuft bis zum Ende.
Hinterher, als es längst still ist, hat Joel immer noch den Widerhall der Posaune in den Ohren.
»Was meinst du, warum ich gespielt habe?« fragt sie. Joel schüttelt den Kopf. Er weiß es nicht. »Nur weil man verkrüppelt ist, muß man nicht auch ein Idiot sein«, sagt sie. »Auch wenn man keine Nase hat, kann man lernen, so Luft in die Posaune zu blasen, daß sie klingt. Wenn ich meine Nase noch hätte, hätte ich bestimmt nie Posaune spielen gelernt.« Plötzlich lächelt sie ihn an. »Verstehst du, was ich meine?« fragt sie.
Joel schüttelt wieder den Kopf. Nein, er versteht es nicht.
»Ich mag Johannisbeeren«, sagt sie. »Ich mag Blätter, die im Sommer an meiner Wand hochranken. Ich mag auch Ameisen. Aber nicht, wenn ich sie im Winter in meiner Küche finde.« Sie legt die Posaune auf den Tisch.
Joel versucht sich vorzustellen, wie das ausgesehen hat, als die ganze Küche voller Ameisen war.
»Ich weiß, was die Leute hinter meinem Rücken tuscheln«, sagt sie. »Ich weiß, daß viele der Meinung sind, ich sollte nicht durch die Straßen laufen wie jeder andere. Vielleicht finden sie, ich sollte in einem Käfig sitzen und wie ein komisches Tier vorgeführt werden? Fast zehn Jahre lang konnte ich mich nicht im Spiegel anschauen. Jetzt kann ich das. Und ich will, daß man meine Johannisbeerbüsche in Ruhe läßt.«
Jetzt ist es leichter, denkt Joel, jetzt, wo sie wütend wird. Das kann man verstehen. »Wie heißt du?« fragt sie. »Joel Gustafson«, sagt er.
Er bereut sofort, daß er auch den Nachnamen genannt hat. Joel hätte gereicht. »Warum hast du das getan?«
Wie soll man etwas erklären, was man nicht erklären kann, denkt er. Außerdem war es ja Tures Idee, das mit dem Angst einjagen. Ture, der nicht da ist. Ture, der sich im Schatten versteckt und es zuläßt, daß Joel allein geschnappt wird. »Ich will es wissen«, sagt sie.
Plötzlich packt sie seine Schultern und schüttelt ihn. Er fühlt, wie stark sie ist. Ihr Gesicht ist ganz nahe. Er muß immer auf das Taschentuch starren, das unter den Augen steckt. Sie schüttelt ihn heftig. Aber dann läßt sie die Hände sinken.
»Geh jetzt«, sagt sie. »Aber komm wieder und erzähl mir, warum du das getan hast, wenn du es selbst weißt.« Bekümmert schaut sie ihn an. »Versprich mir nicht, daß du kommst«, sagt sie, »versprich es dir selbst. Und jetzt geh.« Sie macht die Tür hinter ihm zu.
Als er durch die Gartenpforte geht, hört er sie wieder auf der Posaune spielen.
Er sieht sich nach Ture um. Der ist weg. Die Töne der Posaune durchdringen die Wände. Er wünschte, er hätte ihr erzählt, wie es gewesen ist. Gleichzeitig ist er erleichtert, daß sie ihn gehen lassen hat. Er läuft den Weg zur Brücke hinauf. Es taut immer noch, und er rutscht aus und wäre fast hingefallen. Oben auf der Brücke tritt plötzlich Ture aus dem Schatten.
»Hab ich's mir doch gedacht«, sagt er. »Daß du geschnappt wirst.«
Mit einemmal wird Joel wütend. Er wirft Ture die Heckenschere vor die Füße.
»Gut, daß du bald abhaust«, sagt er.
Ture sieht ihn höhnisch an. »Bevor ich abhaue, will ich sehen, wie du über die Brücke kletterst«, sagt er. »Du bist geschnappt worden, ehe du getan hast, was du versprochen hast zu tun.«
»Ich klettre morgen über die Brücke«, sagt Joel. »Ich stell mich da oben hin und piß dir auf den Kopf.« Dann läuft er weg. Er hört Ture hinter sich lachen. Ich werde über diese Brücke klettern, denkt Joel erregt. Ich klettre rüber und stell mich auf die höchste Stelle und piß ihm auf den Kopf. Der Geheimbund gehört mir. Nicht ihm.
Die Aufgabe besteht darin, nach einem Hund zu suchen, der unterwegs ist zu einem entfernten Stern. Nicht Leuten Angst einzujagen, die dann nur
Weitere Kostenlose Bücher