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JörgIsring-UnterMörd

Titel: JörgIsring-UnterMörd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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seine Tasse. »Du hast doch keine
Ahnung.«
    Oda legte den Kopf schief. »Ach nein? Wovon genau habe ich keine Ahnung?«
    »Das führt zu nichts. Lassen wir das.«
    »Du bist also derjenige, der hier die Entscheidungen
trifft.«
    Krauss hob eine Hand. »Schon gut. Du hast die Waffe, du bestimmst, wo es
lang geht.«
    »So ist's recht. Wovon habe ich keine Ahnung?«
    Oda fixierte Krauss. Sie hatte noch nie so hellblaue Augen gesehen. Eine
Sekunde lang spürte sie die Angst wie eine Faust in der Magengrube. Krauss
besaß dieselben mörderischen Gene wie sein Bruder.
    »Von Edgar und mir. Familienangelegenheiten.«
    »Edgar hat mir einiges erzählt. Von deiner Flucht. Von
dir und Hanna. Niemand hat ihn jemals so sehr enttäuscht wie du - sagt er.«
    Krauss lachte verächtlich. »Dass jemand wie Edgar von Enttäuschung
spricht. Einen Mörder kann man nur enttäuschen, indem man nicht stirbt. Das ist
die Art von Enttäuschung, die er meint. Wenn er wüsste, wie enttäuscht ich erst
bin. Darüber, dass er sich nicht längst eine Kugel in den Kopf gejagt hat. So
bin ich nämlich derjenige, der es für ihn erledigen muss. Das ist wahre Enttäuschung.«
    Oda musterte Krauss interessiert. »Wie man einen Menschen so abgrundtief
hassen kann. Ehrlich gesagt, glaube ich, dass Edgar die Hoffnung nie verloren
hat, dass du dich mit ihm versöhnen könntest. Die Vergangenheit begraben.«
    »Hat er sich dir anvertraut?«
    »Edgar hat in den letzten Wochen immerzu davon geredet. Seit er von Bensler
erfahren hat, dass du lebst, gab es für ihn nur noch ein Thema.«
    Krauss hielt die Tasse mit beiden Händen. »Schläfst du mit ihm?«
    Oda lachte leise. »Was geht dich das an?«
    Krauss lächelte zurück, doch seine Augen blieben kühl. »Ich dachte nur.«
    »Edgar hat Frau und Kinder.«
    »Als ob dich das hindern würde. Oder ihn.«
    »Ich schlafe nicht mit ihm, wenn dich das
weiterbringt.«
    Krauss schwieg, nahm einen Bissen von dem Brot. Oda sagte ebenfalls nichts,
wartete ab. Krauss hob den Kopf. »Was hat er dir erzählt?«
    »Über dich?«
    Krauss nickte. Oda sah an ihm vorbei, konzentrierte sich mit halb
geschlossenen Augen.
    »Du warst für die Sicherheit von Adolf jr. zuständig. Der Kleine kränkelte.
Eine Kinderkrankenschwester überwachte ihn Tag und Nacht. Hanna ... Rosenau,
wenn ich mich recht erinnere.«
    Krauss reagierte nicht auf die Pause.
    Oda fuhr fort. »Hanna hat dir den Kopf verdreht. Du
hast dich permanent bei ihr und dem Kind aufgehalten, alles Übrige vernachlässigt.
Alle haben dein Pflichtbewusstsein gelobt, dabei hast du nur Hannas Nähe
gesucht. Sie hat dich dazu überredet, den Jungen zu entführen. Sie hatte
Geldprobleme, wollte Hitler erpressen. Eine schwachsinnige Idee, aber du warst
blind vor Liebe. Ihr habt Berlin verlassen, seid nach Frankreich geflohen. Dort
hat man euch Wochen später aufgespürt, aber ihr habt einen Tipp bekommen und
konntet gerade noch fliehen. Bei der Flucht bist du angeschossen worden ...?«
    Krauss starrte auf Odas Füße. Sie hätte nicht einmal zu sagen vermocht, ob
er noch atmete.
    »Danach seid ihr an einem anderen Ort in Frankreich untergetaucht. Aber
auch dort hat man euch gefunden. Leider zu spät. Die Hütte, in der ihr euch
versteckt gehalten habt, ist in der Nacht abgebrannt, mit dir und dem Jungen.
Hanna konnte sich retten. Edgar hat sie aufgespürt und befragt. Mehr als das
hat er nicht erfahren. Sie ist gestorben. In der Hütte hat man die verkohlten
Leichen eines Mannes und eines Kindes gefunden. Etliche Spuren deuteten darauf
hin, dass Hanna die Wahrheit gesagt hatte. Doch es gab einige, und dazu gehörte
Edgar, die nicht an Hannas Version geglaubt haben. Ihm war das alles zu
gestellt. Aber er fand keinen Anhaltspunkt, um das Gegenteil zu beweisen. Der
Fall wurde geschlossen, Hitler hat niemals mehr darüber gesprochen. Nur Edgar
hat gewartet. Auf den Tag, an dem er ein Lebenszeichen von dir bekommen würde.
Als er Benslers Nachricht erhielt, war er den ganzen Tag völlig aufgekratzt.
Obwohl er zwei Leute verloren hatte und Bensler schwer verletzt war. Aber dass
du lebst, entschädigte ihn für alles.«
    Oda beobachtete Krauss. Er war noch abwesend, verfangen in den Netzen der
Erinnerung. Sie musste vorsichtig sein. Wenn dieser Mann mit allem
abgeschlossen hatte, so wie sie vermutete, war er unberechenbar.
    Krauss schüttelte
leicht den Kopf, murmelte etwas Unverständliches. Er sah auf.
    »Edgars Welt war immer sehr einfach gestrickt. Er hat sich die Dinge

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