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Johann Holtrop. Abriss der Gesellschaft. Roman (German Edition)

Johann Holtrop. Abriss der Gesellschaft. Roman (German Edition)

Titel: Johann Holtrop. Abriss der Gesellschaft. Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainald Goetz
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Sexualität, speziell um das sogenannte Ficken gegangen war, vorgekommen, und ein Fickzitat aus diesem Schallifickbuch war mit dem Namen Nora Schalli zusammengebracht und im Tag völlig korrekt zur Besichtigung freigegeben worden, woraufhin Göhrener, selbst mächtiger Großchefredakteur der einstmals seriös und mächtig gewesenen überregionalen Deutschen Allgemeinen Wochenzeitung, bei Goschchef Messmer telefonisch eine Vendetta gegen den Autor dieser Kulturaufsteigerinnenliste ankündigte, mit der DROHUNG , dieser Journalist werde in Deutschland nie wieder, dafür verbürge er sich mit allem Einfluss, den er habe, einen Fuß auf den Boden, einen Job, eine Stelle als Schreiber, egal ob frei oder festangestellt, bekommen usw, so wahr ihm, Göhrener, Gott helfe. Puh. Messmer wiegelte freundlich ab. Er mochte Göhrener und wollte auch deshalb nicht, dass der sich mit derartig verbotenen Drohungen, die natürlich schon fünf Minuten nach den verschiedenen Vendettaanrufen Göhreners beim Ressortchef des Autors, beim Autor selbst, bei Tagchef Lusche, Goschchef Messmer und sogar bei Messmerchefin und Goschmehrheitsaktionärin Trude Gosch, der der ganze Laden Gosch AG mehr oder weniger gehörte, branchenweit bekannt geworden waren, in eine letztlich für ihn, Göhrener, selbst bedrohliche, wegen fraglicher Nötigung sogar auch strafrechtlich relevante Lage brachte. Und dann sagte Messmer zu Göhrener, was alle anderen von Göhrener Angerufenen, Beschimpften und Bedrohten auch gesagt hatten, was ja sogar Göhrener selbst dauernd allen möglichen Leuten sagte, von denen er derartige Repressionsanrufe bekam, wie er sie in seiner Erregung jetzt in dieWelt hinaustelefonierte, dass bei Gosch von oben auf redaktionelle Inhalte traditionellerweise nie, Messmer betonte nie, irgendein Einfluss genommen werde oder genommen worden sei, wie er, Göhrener, doch wisse. Das war natürlich wieder einmal komplett gelogen. Auch das wussten alle. Aber das war in solchen Fällen, die praktisch täglich irgendwo im weiten Reich der journalistischen Welt, einem insgesamt immer noch feudal beherrschten und von einzelnen Lokaldiktatoren diktatorisch geführten Sondergebiet der deutschen Gesamtgesellschaft, vorkamen, die gesetzlich vorgeschriebene Sprachregelung: Einfluss wird nicht genommen. Im Schutz dieser Formel wurde täglich überall und von allen herumtelefoniert wie verrückt.
    Und am Ende war es wie in anderen Sozialsituationen auch, im Konflikt setzte sich der mit der meisten MACHT am Ende mit dem von ihm Gewollten durch. So ging es Göhrener in seiner Wut längst auch schon nicht mehr nur um das fragliche, seiner Freundin und zukünftigen Ehefrau zugeschriebene Fickzitat, sondern um die Demonstration seiner Macht. Diese Macht, nach der er so süchtig war wie jeder, der Macht hatte, wollte und musste er zuallererst sich selbst beweisen, dann seiner kleinen, noch relativ neuen Freundin, die er als normal aufgedunsener Büroquallerich ursprünglich nur wegen dieser Macht für sich interessieren und gewinnen hatte können, und zuletzt und vorallem allen anderen Akteuren, Konkurrenten, Chefs und Untergebenen in ganz Journalististan. Die Botschaft war: Göhrener traut sich offen zu drohen. Das war gefährlich, deshalb auch unüblich, normalerweise wurde nur verdeckt gedroht, so konnte der Drohende, wenn die Drohung erfolglos blieb, den Gesichtsverlust vermeiden, der hier direkt ein Machtverlust war. Messmer war zehnmal mächtiger als Göhrener, aber auch fünfmal kultivierter und vielvorsichtiger. Am Ende stand, über die üblichen, nach oben laufenden Untergebenenkaskaden, durch die der jeweilige Unter veranlasst wurde, das ihm von dem übergeordneten Unter gar nicht direkt Befohlene freiwillig und im vorauseilenden Gehorsam als das vermutlich Erwünschte auszuführen, bewirkt, die Entlassung des jungen Fickzitatautors aus den Diensten der Gosch AG . Der offizielle Grund, der dann verwendet worden war, um den Autor zu entlassen, hatte sich in der Branchensaga dieser berühmtesten der vielen berühmten Geschichten von Machtkaputtnik Göhrener nicht erhalten. Schmidt wusste, dass der Angst ihm diese Geschichte erzählte, weil ja genau er, Schmidt, in der Position des am Schluss entlassenen Goschschreibers war. Auch die von Angst hier erzählte Geschichte war also eine DROHUNG . Schmidt lächelte. Er liebte diese Mechanismen seines Berufs. Und wie der Angst, der diese Mechanismen nicht liebte, sondern fürchtete, das sah, sah er auch, dass dem

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