John Corey 03 - Nachtflug
Fall, dass Sie verschwinden oder entführt werden.«
Jack Koenig und ich starrten einander ein paar Sekunden lang an. Schließlich sagte ich: »Ich habe nicht vor, es dazu kommen zu lassen.«
»Machen Sie keinen Fehler«, teilte er mir mit. »Das ist ein gefährlicher Aufenthaltsort. Im Dezember 1998 wurden zum Beispiel vier entführte westliche Touristen von religiösen Extremisten ermordet.«
»Buddhisten?«
»Nein, Moslems.«
»Ach. Dann ist das also gewissermaßen ein islamisches Land.«
Mr. Koenig verlor allmählich sichtlich die Geduld mit meiner sich dumm stellenden Wenigkeit, aber er fuhr fort: »In den letzten zehn Jahren oder so wurden im Jemen über hundert Reisende aus westlichen Ländern gekidnappt.«
»Allen Ernstes? Was, zum Teufel, haben die dort gemacht?«
»Ich weiß es nicht ... es waren Geschäftsleute, Akademiker, Touristen.«
»Richtig. Aber nachdem die ersten vierzig, fünfzig verschwunden waren, haben sich da die anderen nicht gesagt: Was? Vielleicht sollte ich lieber nach Italien fahren oder so was Ähnliches. Sie wissen schon.«
Er schaute mich ein paar Sekunden lang an und sagte dann mit mühsam erzwungener Geduld: »Weshalb Sie im Jemen sind, ist nicht von Belang. Aber nur zu Ihrer Information - unter den Entführten und Vermissten waren keine Amerikaner. Hauptsächlich Europäer. Das sind für gewöhnlich ziemlich abenteuerlustige Reisende.«
»Ahnungslose trifft's eher.«
»Was auch immer. Ein Teil Ihrer Aufgabe wird darin bestehen, Erkenntnisse über diese vermissten Menschen aus Europa und anderen westlichen Ländern zu gewinnen - und aufzupassen, dass es Sie nicht ebenfalls trifft.«
Jack und ich schauten einander an, und ich meinte ein weiteres Lächeln um seine Lippen spielen zu sehen, aber möglicherweise bildete ich mir das auch bloß ein. »Das ist mir klar«, sagte ich.
»Das weiß ich.«
Wir schüttelten uns die Hand, und ich ging.
31
Kate und ich verbrachten den Rest des Tages an der Federal Plaza 26, wo wir Papiere ausfüllten, ein paar Sachen erledigten und uns verabschiedeten.
Wir gingen zum Schwesternzimmer, wo wir gegen Krankheiten geimpft wurden, von denen ich noch nie was gehört hatte, und jeder von uns ein Tablettenfläschchen mit Malariaprophylaxe bekam. Die Schwestern wünschten uns ohne jede Spur von Ironie eine gute Reise, von der wir gesund und wohlbehalten wiederkehren sollten.
Als ich meinen Schreibtisch aufräumte, sagte Harry Muller zu mir: »Ich habe gar nicht gewusst, dass du dich freiwillig in den Jemen gemeldet hast.«
»Ich auch nicht.«
»Hast du jemand geärgert?«
»Koenig denkt, ich hätte was mit seiner Frau.«
»Ohne Scheiß?«
»Sie zieht rum, aber behalte das für dich.«
»Yeah ... und Kate geht nach Afrika?«
»Nach Tansania. Wegen dem Bombenanschlag auf die Botschaft.«
»Wen hat sie geärgert?«
»Koenig. Er hat sie angemacht, und sie hat gedroht, sich wegen sexueller Belästigung zu beschweren.«
»Das ist doch alles Quatsch. Richtig?«
»Setz keine Gerüchte in die Welt. Jack mag keine Gerüchte.«
Wir schüttelten uns die Hand, und Harry sagte: »Finde die Mistkerle, die die Cole in die Luft gejagt haben.“
»Ich werde mein Bestes tun.«
Mein letzter Besuch, diesmal ohne Kate, galt der Rechtsabteilung eine Etage höher, wo mir eine junge Anwältin -etwa sechzehn Jahre alt - ein paar Papiere zum Ausfüllen und Unterschreiben gab, darunter auch eine rechtliche Vollmacht für den Fall, dass ich entführt oder vermisst werden sollte. »Wenn Sie tot sind«, erklärte sie mir, »hat der von Ihnen in Ihrem Letzten Willen benannte Vollstrecker die Vollmacht, Ihre Hinterlassenschaften zu regeln. Aber wenn Sie vermisst werden, kann das irgendwie ziemlich nervig werden. Wissen Sie? Denn dann ist unklar, ob sie tot oder lebendig sind. Wer wird dann Ihre Miete bezahlen und dergleichen mehr?«
»Jack Koenig.«
»Wem wollen Sie Rechtsvollmacht erteilen? Es muss sich eigentlich gar nicht um einen Anwalt handeln. Nur um jemanden, dem Sie vertrauen, damit er Ihre Schecks unterschreiben und in Ihrem Namen handeln darf, bis man Sie findet beziehungsweise annimmt, dass Sie tot sind, oder Sie von Rechts wegen für tot erklärt.«
»Wen hat Elvis Presley genommen?«
»Wie wär's mit Ihrer Frau?«
»Die ist vermutlich in Afrika.«
»Ich bin mir sicher, dass man sie nach Hause kommen lässt. Ihre Frau also. Okay.«
»Sie meinen, wenn ich vermisst oder gekidnappt werde, hat meine Frau Zugriff auf mein Scheckheft, mein
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