John Corey 03 - Nachtflug
seine Stimme klang manchmal schrill, manchmal panisch und dann ein bisschen weinerlich. Dieser Typ war ein absolutes Arschloch. Aber fairerweise muss man ihm zugestehen, dass sein ganzes Leben in die Brüche zu gehen drohte, und wie die meisten Typen, die fremdgegangen sind, war er der Meinung, dass der Preis, den er für sein Fremdgehen zahlen musste, nicht so hoch sein sollte. Kurzum, Buds schlimmster Alptraum war gerade Wirklichkeit geworden.
Bud endete mit: »Bitte ruf mich an, Jill. Ruf mich an, mir und unseren Familien zuliebe.« Wie schon bei Mr. Winslow wartete ich auf irgendetwas wie »Pass auf dich auf« oder »Ich denke immer noch an dich«, aber das war wirklich alles, was Bud zu bieten hatte, der nur noch »Tschüss« sagte.
Ich stellte das Handy ab und schaute Jill an. Mir kam der Gedanke, dass die zwei wichtigsten Männer in ihrem Leben echte Pfeifen waren. »Typisch Mann«, sagte ich zu ihr. »Ruft nur an, wenn er was will.«
Sie lächelte, stand auf und sagte: »Ich lege mich ein Weilchen hin.«
Ich stand ebenfalls auf und sagte: »Eins kann ich Ihnen versprechen - der Druck, den Sie von anderen Leuten kriegen, damit Sie stillhalten, wird vergehen, sobald Sie Ihre erste öffentliche Aussage machen.«
»Ich fühle mich nicht unter Druck gesetzt«, erwiderte sie. »Ich bin nur sehr enttäuscht ... von Mark und von Bud. Aber damit habe ich gerechnet.«
»Vielleicht sehen sie irgendwann beide ein, dass es nicht um sie geht.«
»Darauf würde ich mich nicht verlassen.« Sie lächelte.
»Bis später.« Sie ging in ihr Schlafzimmer.
Ich ging zum Fenster und schaute in den Park hinab. Der Himmel hatte ein bisschen aufgeklart, und im Park waren Leute.
Ich hatte den Drachen losgelassen und auf Ted Nash und seine Freunde gehetzt, die jetzt versuchten, ihn wieder in den Käfig zu schaffen, umzubringen oder auf mich zu hetzen.
Unterdessen tat sich der Drachen an Bud, Mark und ihren Familien gütlich - aber mit Kollateralschäden konnte ich mich nicht beschäftigen.
Ich hatte nie gedacht, dass es einfach oder angenehm werden würde - aber anfangs war es nur ein abstraktes Problem gewesen. Jetzt, da alle Spieler beisammen waren - Kate, Griffith, Nash, Koenig und jede Menge Ersatzspieler wie Dom Fanelli, Marie Gubitosi, Dick Kearns und andere -, war es persönlich und sehr real geworden.
Für die Menschen von Flug 800 und ihre Angehörigen war es schon immer real gewesen.
51
Es war 16.32 Uhr und ich saß im Wohnzimmer unserer Suite im Plaza und wartete auf einen Anruf von Dom Fanelli, der mir mitteilte: »Auftrag erledigt« oder etwas in der Richtung.
Kates Delta-Flug aus Kairo war laut Tonbandansage der Fluglinie pünktlich um 16.10 Uhr gelandet. Daher dachte ich, ich hätte mittlerweile etwas von ihr hören müssen. Aber das Zimmertelefon gab keinen Laut von sich. Ich hörte mein Handy ab, hatte aber keine Nachrichten.
»Warum rufen Sie ihn nicht an?« sagte Jill zu mir.
»Er wird mich anrufen«, erwiderte ich.
»Was ist, wenn es Schwierigkeiten gibt?«
»Er wird mich anrufen.«
»Sie wirken zu ruhig«, sagte sie.
»Mir geht's bestens.«
»Möchten Sie einen Drink?«
»Durchaus, aber ich warte erst auf den Anruf, damit ich weiß, ob ich einen oder zwei brauche.«
»Ich freue mich darauf, Kate kennenzulernen«, sagte sie. »Ich auch. Ich meine, sie wiederzusehen.« Und ich fügte hinzu: »Ich glaube, Sie werden sie mögen.« »Wird sie auch mich mögen?« »Warum denn nicht? Sie sind sehr nett.« Sie erwiderte nichts.
Um 16.36 Uhr nahm ich mir vor, bis Viertel vor fünf zu warten und dann Fanelli anzurufen.
Um 16.45 Uhr stellte ich mir vor, dass Fanelli im Gewahrsam der Bundesbehörden war, Kate mit Nash in einem Auto saß und Nash mir telefonisch mitteilte, dass er Kate gegen Jill und das Video tauschen würde. Ich meinte fast seine Stimme zu hören, wie er sagte: »John, Kate und ich verbringen ein paar angenehme Stunden in einem sicheren Haus, bis Sie Mrs. Winslow und ihren Privatfilm herausrücken.«
Zum ersten Mal seit vielen Jahren spürte ich regelrecht, wie mich die Angst an der Kehle packte.
Ich dachte über meine Antwort auf eine Lösegeldforderung von Ted Nash nach, obwohl ich wusste, dass sich der Mistkerl nicht an die Regeln hielt. Sein Endziel war der komplette Sieg -er wollte Jill, das Video, Kate und mich. Egal, wie ich also auf seine Forderungen reagierte, er würde lügen und betrügen, daher würde es nicht zu einem Gefangenenaustausch kommen, sondern nur zu einem
Weitere Kostenlose Bücher