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John Corey 03 - Nachtflug

John Corey 03 - Nachtflug

Titel: John Corey 03 - Nachtflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson DeMille
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aufgenommen, vermutlich mit einem Stativ - wenn man davon ausgeht, dass das Pärchen anderweitig beschäftigt war -, ist möglicherweise nicht das zu sehen, was du denkst. Schau, Kate, du bist seit fünf Jahren auf der Suche nach dem Heiligen Gral, und möglicherweise gibt es ihn ja, aber vielleicht findest du ihn nie, und wenn ja, besitzt er womöglich keine Zauberkräfte.«
    Sie erwiderte nichts.
    Ich fuhr fort: »Hast du schon mal von dem Zapruder-Film gehört?«
    Sie nickte.
    »Ein gewisser Zapruder hat John Kennedys Fahrzeugkolonne gefilmt, als sie am Texas Book Depository vorbeifuhr. Er hatte eine Acht-Millimeter-Handkamera von Bell & Howell. Der Film war sechsundzwanzig Sekunden lang. Hast du ihn mal gesehen?«
    Sie nickte.
    »Ich auch. Ich habe sogar eine digitalisierte Version gesehen, in Zeitlupe. Wie viele Schüsse wurden demnach abgegeben? Und aus welcher Richtung kamen sie? Kommt ganz drauf an, wen du fragst.«
    Sie schwieg eine Weile, dann sagte sie: »Trotzdem können wir das Video erst interpretieren, wenn wir es finden. Das Wichtige zuerst.«
    Der Kellner räumte den Tisch ab, bevor ich mir die letzte Penne in den Mund schieben konnte. Ich trank mein Bier aus, und Kate nippte an ihrem Mineralwasser. Ich sah, dass sie tief in Gedanken versunken war.
    Ich hatte so eine Ahnung, dass sie dieses Zeug noch nicht vielen Leuten anvertraut hatte, und diejenigen, denen sie sich anvertraut hatte, waren vermutlich wie sie der Meinung, dass sich der ganze Fall wieder völlig neu aufrollen ließe, wenn ein Video gefunden wurde.
    Auftritt John Corey - Skeptiker, Zyniker, Realist und Illusionsräuber. Ich war vierzehn Jahre länger auf der Welt als Kate Mayfield, hatte allerhand gesehen - vielleicht zu viel - und war zu oft enttäuscht worden, als Polizist wie auch als Mann. Ich hatte erlebt, wie Mörder freikamen und Hunderte Verbrechen ungelöst oder ungesühnt blieben. Ich hatte Zeugen erlebt, die unter Eid logen, schlampige Polizeiarbeit, unfähige Ankläger, inkompetente Spurenauswertung, unverschämte Verteidiger, beschränkte Richter und hirnlose Geschworene.
    Ich hatte auch allerhand Gutes erlebt - strahlende Momente, wenn das Rechtssystem wie ein geöltes Uhrwerk funktionierte, wenn Wahrheit und Gerechtigkeit vor Gericht triumphierten. Aber so was kam nicht allzu oft vor.
    Unser Kaffee kam, und Kate fragte: »Stimmt das wirklich, was man über die blaue Mauer des Schweigens sagt?«
    »Nie davon gehört.«
    »Kann ein Cop einem anderen Cop wirklich bedingungslos vertrauen, jederzeit und in jedem Fall?«
    »In neunzig Prozent aller Fälle, doch das sinkt auf fünfzig Prozent, wenn es um Frauen geht, steigt allerdings auf hundert Prozent, wenn es etwas mit dem FBI zu tun hat.«
    Sie lächelte, beugte sich dann über den Tisch und sagte zu mir: »Nach dem Flugzeugabsturz waren über hundert Cops bei der Task Force draußen auf Long Island, und mindestens genauso viele waren hier damit befasst. Irgendjemand unter diesen Cops weiß irgendetwas.«
    »Ich hab's kapiert.«
    Sie nahm meine Hand und sagte: »Aber lass die Sache fallen, wenn sie zu heiß wird. Und wenn du Schwierigkeiten kriegst, nehme ich die Schuld auf mich.«
    Ich wusste nicht recht, ob ich sauer werden oder sie daran erinnern sollte, dass ich ohne ihre Hilfe und ihren Rat gar nicht in Schwierigkeiten hätte kommen können. »Ich muss dich was fragen«, sagte ich zu ihr. »Aus welchem Grund, von Wahrheit und Gerechtigkeit einmal abgesehen, gehst du diesem Fall weiter nach?«
    »Wieso sollte ich dazu weitere Gründe brauchen?« erwiderte sie. »Es geht um Wahrheit und Gerechtigkeit, John. Gerechtigkeit für die Opfer und ihre Angehörigen. Und wenn es ein Anschlag ausländischer Terroristen war, dann geht es auch um Patriotismus. Ist das nicht Grund genug?«
    Die richtige Antwort lautete ja, und genau das hätte John Corey vor zwanzig Jahren auch gesagt. Heutzutage murmelte ich bloß irgendwie: »Yeah, vermutlich schon.«
    Das gefiel ihr nicht, und sie sagte: »Du musst an das glauben, was du machst, und wissen, warum du es machst.«
    »Okay, dann sag ich dir eins - ich arbeite als Detective, weil es mir gefällt. Es ist interessant, es bewahrt mir einen scharfen Verstand und es gibt mir das Gefühl, schlauer als die Idioten zu sein, für die ich arbeite. Aber das ist auch schon alles, was mein Engagement für Wahrheit, Gerechtigkeit und Vaterland angeht. Ich mache das Richtige aus den falschen Gründen, aber unter dem Strich wird der Wahrheit und

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