John Corey 03 - Nachtflug
Geratewohl eine Schublade auf und fand ein paar Akten mit hispanischen Namen, die ich durchsah. Allzu viel enthielten sie nicht, außer Lohnunterlagen und Beurteilungen. Weder Sozialversicherungsnummern noch Fotokopien der Arbeitserlaubnis, vorausgesetzt, es waren Gastarbeiter. Ich sprach Mr. Rosenthal darauf an, worauf er erwiderte: »Ich bin davon überzeugt, dass die Buchhaltung all diese Unterlagen hat.«
»Ganz bestimmt.« Ich war nicht hier, um Mr. Rosenthal hoppzunehmen, weil er illegale Ausländer beschäftigte, aber jetzt hatte ich ein paar seiner kurzen Haare zu fassen bekommen und konnte notfalls dran ziehen.
Ein Großteil der Arbeit, die ich bei der Antiterror-Task Force mache und bei der Mordkommission des NYPD gemacht habe, ist mühseliges Sondieren und Nachforschen, aber das hält den Verstand in Schwung. Außerdem gibt es genügend »Heureka« -Momente, die einen für den Aufwand belohnen. Und ab und zu wird es regelrecht aufregend, wenn zum Beispiel jemand auf einen schießt oder man sich ein Wettrennen mit einem Straftäter liefert, der für gewöhnlich bewaffnet, gefährlich und zum Äußersten entschlossen ist. Aber mittlerweile war es über ein Jahr her, dass mich jemand umbringen wollte, und obwohl ich diesen Nervenkitzel nicht vermisste, langweilte ich mich doch ein bisschen. TWA 800 war genau das, was ich brauchte, damit die Säfte wieder in Wallung gerieten. Leider stand ich bei dieser Sache auf der falschen Seite des Gesetzes, wenn auch, wie ich hoffte, auf Seiten der Engel.
Eine beeindruckende, hispanisch aussehende Frau mittleren Alters betrat den Aktenraum und sagte mit leichtem Akzent, aber gutem Englisch: »Sie wollten mich sprechen, Mr. Rosenthal?«
»Ja, so ist es, Mrs. Morales.« Er schaute mich an und sagte zu Anita Morales: »Dieser Herr möchte Ihnen ein paar Fragen stellen. Sehen Sie bitte zu, dass Sie ihm helfen können.«
Sie nickte.
Ich wies mich aus und fragte Mrs. Morales: »Können Sie sich an eine Frau namens Lucita Gonzalez Perez erinnern, die vor fünf Jahren hier arbeitete? Das war die Frau, die die Gäste aus Zimmer 203 sah, den Mann und die Frau, für die sich das FBI interessiert hat?« »Ich kann mich an alles erinnern«, erwiderte sie.
»Gut. Haben Sie mit Lucita gesprochen, nachdem sie vom FBI vernommen wurde?«
»Ja.«
Ich sagte zu Mr. Rosenthal: »Ich muss ein paar Minuten mit Mrs. Morales allein sprechen.«
Er ging und schloss die Tür. »Wie sah es mit Lucitas Aufenthaltserlaubnis aus?« fragte ich die Wirtschaftsleiterin.
Mrs. Morales zögerte einen Moment, dann sagte sie: »Sie hatte ihr Arbeitsvisum überzogen.«
»Und die Polizei versprach, ihr dabei behilflich zu sein?«
»Ja.«
»Und, haben sie es getan?«
»Ich weiß es nicht.« Und sie fügte hinzu: »Sie kam am nächsten Tag nicht zur Arbeit, und ich habe sie nicht mehr wiedergesehen.«
Das werden Sie auch nicht, Mrs. Morales. Und ich auch nicht. »Können Sie sich an eine Putzfrau namens Roxanne Scarangello erinnern?« fragte ich sie. »Eine Studentin?«
Sie nickte und sagte: »Sie war mehrere Sommer bei uns.«
»Haben Sie mit ihr gesprochen, nachdem die Polizei mit ihr gesprochen hatte?«
»Nein.«
»Ist sie am nächsten Tag wieder zur Arbeit erschienen?«
»Nein.«
»Ist sie jemals wieder zur Arbeit erschienen?«
»Nein.“
Die arme Mrs. Morales fragte sich vermutlich, ob auch sie verschwinden würde. Auch ich fragte mich inzwischen, ob ich verschwinden würde. Das Ganze klang allmählich wie eine Episode aus Akte X, was ich aber Kate gegenüber nicht erwähnen würde. »Wissen Sie, wo ich Lucita finden könnte?« fragte ich Mrs. Morales.
»Nein. Wie schon gesagt, ich habe sie nicht wiedergesehen und auch nie wieder etwas von ihr gehört.«
»Wie alt war Lucita?«
Sie zuckte die Achseln. »Ein junges Mädchen. Etwa achtzehn, neunzehn.«
»Und aus welchem Land stammte sie?«
»Sie kam aus El Salvador.«
»Und wo wohnte sie in Amerika?«
»Sie lebte bei ihrer Familie.«
»Wo?«
»Das weiß ich nicht genau.«
Ich stellte noch ein paar weitere Fragen, aber Mrs. Morales gab nicht mehr viel her.
»Vielen Dank, Mrs. Morales«, sagte ich. »Erwähnen Sie dieses Gespräch bitte gegenüber niemandem.« Sonst verschwinden sie. »Sagen Sie bitte Mr. Rosenthal, er möchte zu mir kommen.«
Sie nickte und ging.
Mir war jetzt klar, wie und warum Lucita aus dem Bayview Hotel verschwunden war, aber bei Roxanne Scarangello sah die Sache anders aus. Und dann war da noch Christopher
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