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John Grisham

John Grisham

Titel: John Grisham Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Gesettz
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Coffeeshop auf der Ostseite des Platzes, wo eine neugierige Kellnerin namens Dell schon seit vielen Jahren das Frühstück servierte. Die Gäste an diesem Morgen bestanden aus der üblichen Mischung von Polizisten, die gerade nicht im Dienst waren, und Fabrikarbeitern, dazwischen ein, zwei Anzugträger. Einer von ihnen sagte: »Dell, hast du schon was über den jüngsten Sohn der Keanes gehört? Den, der wieder nach Hause kommt?«
    Dell, die gutmütige Gerüchte häufig aus reiner Langeweile in die Welt setzte, in der Regel aber über hervorragende Quellen verfügte, antwortete: »Er ist schon da.«
    »Und? Hat er AIDS?«
    »Irgendwas hat er mit Sicherheit. Er ist ganz blass und ausgezehrt und sieht jetzt schon aus wie der Tod persönlich.«
    »Wann hast du ihn gesehen?«
    »Ich hab ihn nicht gesehen. Aber die Haushälterin seiner Tante hat mir gestern Nachmittag alles über ihn erzählt.« Dell stand hinter der Theke und wartete auf eine Bestellung aus der Küche. Sämtliche Gäste im Coffeeshop hörten ihr zu. »Der Junge ist krank, daran gibt es keinen Zweifel. Und es gibt keine Heilung, man kann gar nichts dagegen tun. In San Francisco wollte sich niemand um ihn kümmern, deshalb ist er zum Sterben nach Hause gekommen. Traurig, das Ganze. «
    » Und wo wohnt er?«
    »Na ja, im Herrenhaus wird er mit Sicherheit nicht wohnen. Die Familie hat sich beraten und beschlossen, dass er dort nicht bleiben kann. Seine Krankheit ist furchtbar ansteckend und tödlich, daher haben sie ihn in einem von Isaacs alten Häusern in Lowtown untergebracht.«
    »Er wohnt bei den Farbigen?«
    »Hab ich gehört, ja.«
    Es dauerte eine Weile, bis es alle begriffen hatten, doch dann ergab es durchaus einen Sinn. Der Gedanke daran, dass ein Keane jenseits der Eisenbahnschienen im Schwarzenviertel der Stadt lebte, war schwer nachzuvollziehen, aber es schien logisch zu sein, dass jemand mit AIDS nicht in den Teil der Stadt durfte, in dem die Weißen wohnten.
    Dell fuhr fort: »Gott allein weiß, wie viele Hütten und Häuser der alte Keane in Lowtown gekauft und gebaut hat. Ich glaube, er besitzt immer noch ein paar Dutzend.«
    »Bei wem wohnt er? Was glaubst du?«
    »Das ist mir eigentlich egal. Ich will nur nicht, dass er hierherkommt.«
    »Und was würdest du tun, wenn er jetzt hier reinspaziert und frühstücken will?«
    Dell wischte sich die Hände an einem Geschirrtuch ab und starrte den Mann an, der die Frage gestellt hatte. Um ihren Mund bildete sich ein scharfer Zug. »Ich habe das Recht, einem Gast die Bedienung zu verweigern. Bei den Gästen, die ich hier habe, überlege ich mir das andauernd. Aber wenn er hier reinkommt, werde ich ihn bitten zu gehen. Schließlich ist der Junge hochansteckend, und wir reden hier nicht von einer gewöhnlichen Grippe. Wenn ich ihn bediene, bekommt vielleicht einer von euch seinen Teller oder sein Glas, wenn er das nächste Mal hier ist. Denkt mal darüber nach.«
    Sie dachten eine ganze Weile darüber nach.
    Schließlich fragte jemand: »Wie lange wird er noch leben? Was glaubst du?«
    Diese Frage wurde gerade auch auf der anderen Straßenseite diskutiert, in der Geschäftsstelle im ersten Stock des Gerichtsgebäudes, wo die Mitarbeiter bei einer Tasse Kaffee und Plundergebäck die neuesten Nachrichten durchhechelten. Myra, die für die Archivierung der Grundstücksurkunden zuständig war, hatte ein Jahr vor Adrian Keane ihren Highschool-Abschluss gemacht, und natürlich hatten sie damals schon alle gewusst, dass er anders war. Sie hatte die Aufmerksamkeit aller.
    Zehn Jahre nach ihrem Highschool-Abschluss, als Myra und ihr Mann Urlaub in Kalifornien machten, hatte sie Adrian angerufen. Sie hatten sich zum Mittagessen am Fisherman's Wharf getroffen und mit Alcatraz und der Golden Gate Bridge im Hintergrund über ihre Jugend in Clanton gesprochen. Adrian hatte offen über seinen Lebensstil Auskunft gegeben. Man schrieb das Jahr 1984, er hatte sich endlich zu seiner Homosexualität bekannt, lebte aber in keiner festen Beziehung. Er machte sich Sorgen über AIDS, eine Krankheit, von der Myra 1984 noch nie etwas gehört hatte. Die erste Welle der Epidemie hatte in der Schwulenszene von San Francisco gewütet und erschreckend viele Tote gefordert. Es wurde dringend empfohlen, das Sexualverhalten zu ändern. Einige sterben nach sechs Monaten, hatte Adrian Myra und ihrem Mann erklärt. Andere halten ein paar Jahre durch. Er hatte bereits einige Freunde verloren.
    Myra beschrieb ihrem gebannt lauschenden

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