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John Grisham

John Grisham

Titel: John Grisham
Autoren: Das Gesettz
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der Moment, wo die Familie füreinander einstehen und an einem Strang ziehen muss, metaphorisch gesprochen.
    Deine Animosität, ja Unbotmäßigkeit wird als fatale Vernachlässigung aufgefasst werden.
    »Was heißt Animosität?«, fragte sie.
    »Buchstabier mal«, sagte Leon. Sie buchstabierte »Animosität«, dann auch noch »metaphorisch«, und nach einer halbherzigen Debatte war klar, dass keiner von den dreien eine Ahnung hatte.
    Fine finale Anmerkung, ehe ich mich dringlicherer Korrespondenz zuwende - Butch und Leon haben es erneut versäumt, mir meine Apanage zu übersenden. Ihre letzten Perfidien stammen vom Monat Juni, und mittlerweile ist schon der halbe Juli vergangen. Bitte, schlage, quäle, schikaniere und löchere die beiden Dummköpfe, damit sie ihren Beitrag zu meinem Verteidigungsfonds leisten.
    In Liebe, wie immer,
    von deinem besten und liebsten Sohn Raymond
    Jeder Brief an einen Todeskandidaten wurde von jemandem in der Postannahmestelle vom Staatsgefängnis in Parchman gelesen, ebenso wurde jeder nach draußen gehende Brief geprüft. Inez hatte oft Mideid mit der armen Seele, die Raymonds Episteln durcharbeiten musste. Inez ermüdeten sie vor allem deshalb, weil sie so anstrengend waren. Sie hatte immer Angst, etwas Wichtiges zu übersehen.
    Die Briefe erschöpften sie. Die Songtexte laugten sie aus. Die Romane verursachten ihr Kopfschmerzen. Die Gedichte waren unergründlich.
    Zweimal in der Woche schrieb sie zurück, pünktlich wie ein Uhrwerk, denn wenn sie ihren Jüngsten auch nur einen Tag warten ließ, musste sie mit einer Flut von Beschimpfungen rechnen, einem Vier- oder gar Fünfseiter in giftigem Ton voller Ausdrücke, die man in keinem Wörterbuch fand. Und wenn sich die Apanage auch nur in geringstem Maße verzögerte, folgten unangenehme R-Gespräche.
    Von den Brüdern war Raymond der beste Schüler gewesen, wobei keiner von den dreien die Highschool abgeschlossen hatte. Leon war besser in Sport gewesen, Butch in Musik, aber Klein Raymond hatte am meisten im Kopf gehabt. Er schaffte es bis zur vorletzten Klasse der Highschool, ehe er mit einem gestohlenen Motorrad erwischt wurde und sechzig Tage Jugendstrafe absitzen musste. Er war damals sechzehn, fünf Jahre jünger als Butch und zehn Jahre jünger als Leon, und die Graney-Brüder hatten längst einen Ruf als geschickte Autodiebe. Raymond stieg ins Familiengeschäft ein und vergaß die Schule.
    »Wie viel will er dieses Mal?«, fragte Butch.
    »Fünfzehnhundert für einen neuen Anwalt. Er meinte, ihr hättet ihm seine Apanage für letzten Monat nicht geschickt.«
    »Lass gut sein, Mama«, sagte Leon unwirsch, und lange Zeit wurde kein Wort mehr gesprochen.
    Als der erste Autoschieberring aufflog, hielt Leon den Kopf dafür hin und saß seine Zeit in Parchman ab. Nach seiner Entlassung heiratete er zum zweiten Mal und hängte seine kriminelle Karriere an den Nagel. Butch und Raymond gaben sich in dieser Hinsicht keine Mühe, sondern erweiterten ihre Aktivitäten sogar noch. Sie dealten mit gestohlenen Waffen und Geräten, versuchten sich im Marihuanahandel, schmuggelten schwarz gebrannten Schnaps, und natürlich stahlen sie Autos und verkauften sie an Hehler im Norden Mississippis. Butch wurde ein Neunachser zum Verhängnis, der voller Sony-Fernseher sein sollte, stattdessen aber eine Ladung Maschendraht enthielt. Fernseher wären auf dem Schwarzmarkt leicht loszuschlagen gewesen, ganz im Gegensatz zu Maschendraht. Im Verlauf der Ermittlungen fand der Sheriff Butchs Versteck mitsamt dem wertlosen Diebesgut. Butch bekam achtzehn Monate, sein erster Aufenthalt in Parchman. Raymond kam ohne Anklage davon und lebte weiterhin vom Diebstahl. Er blieb bei seiner ersten Liebe - Pkws und Pick-ups - und war damit recht erfolgreich, wobei er sämtliche Gewinne in Alkohol, Glücksspiel und Frauen anlegte.
    Vom Beginn ihrer kriminellen Karrieren an wurden die Graney-Brüder von einem widerlichen Deputy namens Coy Childers verfolgt. Er verdächtigte sie grundsätzlich jedes Vergehens und Verbrechens, das in Ford County begangen wurde. Er beobachtete sie, verfolgte sie, bedrohte sie, schikanierte sie, und hin und wieder nahm er sie fest, mal aus gutem Grund und mal einfach nur so. Alle drei waren von Childers in den Tiefen des Gefängnisses von Ford County zusammengeschlagen worden. Sie hatten sich bitterlich bei Childers' Vorgesetztem, dem Sheriff, beschwert, aber wer hört schon auf die Klagen berüchtigter Verbrecher? Und die Graneys waren
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