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John Grisham

John Grisham

Titel: John Grisham
Autoren: Das Gesettz
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pro bono. Es wird von allen Rechtsanwälten erwartet, dass sie ab und zu so was machen. Soweit ich weiß, rechnen die großen Kanzleien gar nicht damit, dass sie was gezahlt kriegen, wenn sie so einen Fall übernehmen.«
    »Und was macht dann Raymond mit dreihundert Dollar im Monat, wenn er seine Anwälte nicht bezahlen muss?«
    »Das hatten wir doch auch schon alles«, sagte Inez.
    »Bestimmt gibt er ein Vermögen aus für Stifte, Papier, Briefumschläge und Porto«, sagte Leon. »Angeblich schreibt er ja zehn Briefe am Tag. Mann, dafür gehen bestimmt hundert Dollar im Monat drauf.«
    »Außerdem hat er acht Romane geschrieben«, fügte Butch hinzu. »Oder waren es neun, Mama? Ich weiß es nicht mehr.«
    »Neun.«
    »Neun Romane, mehrere Gedichtbände, jede Menge Kurzgeschichten, Hunderte Songs. Denkt bloß mal an das ganze Papier, das er dafür gebraucht hat«, sagte Butch.
    »Machst du dich etwa über Raymond lustig?«, fragte Inez.
    »Aber nie im Leben.«
    »Einmal hat er eine Kurzgeschichte verkauft«, sagte sie.
    »Ja, klar. Wie hieß noch die Zeitschrift? Karre frisieren - leicht gemacht. Die haben ihm vierzig Mäuse für eine Geschichte über einen Typen gegeben, der tausend Radkappen geklaut hat. Es heißt, man schreibt immer über das, was man kennt.«
    »Und wie viele Geschichten hast du verkauft?«, fragte sie.
    »Keine, weil ich keine geschrieben habe, und das liegt daran, dass ich kapiert habe, dass ich kein Talent zum Schreiben habe. Wenn mein kleiner Bruder auch kapieren würde, dass er nicht das geringste künstlerische Talent hat, dann könnte er viel Geld sparen und Hunderten von Leuten diesen Unsinn ersparen. «
    » Du bist brutal.«
    »Nein, Mama, nur ehrlich. Und wenn du von Anfang an ehrlich zu ihm gewesen wärst, dann hätte er vielleicht irgendwann aufgehört zu schreiben. Aber nein. Du hast seine Bücher gelesen und seine Gedichte und seine Kurzgeschichten und ihm erzählt, dass das alles ganz super wäre. Und so hat er immer mehr geschrieben, längere Wörter genommen, längere Sätze und längere Absätze gemacht, und inzwischen ist er an einem Punkt, wo wir kaum mehr irgendwas von dem kapieren, was er schreibt.«
    »Also bin ich an allem schuld?«
    »Nicht zu hundert Prozent, das nicht, nein.«
    »Er schreibt aus therapeutischen Gründen.«
    »Alles klar. Also, ich versteh nicht, wie Schreiben helfen soll.«
    »Er sagt, es hilft.«
    »Sind die Bücher handgeschrieben oder getippt?«, unterbrach sie Leon.
    »Geti ppt«, sagte Butch.
    »Wer tippt sie?«
    »Dafür zahlt er so einen Typen in der Rechtsbibliothek«, sagte Inez. »Ein Dollar pro Seite, und eins von den Büchern war über achthundert Seiten dick. Ich hab's trotzdem gelesen, jedes Wort.«
    »Hast du irgendwas verstanden?«, fragte Butch.
    »Das meiste. Ein Wörterbuch hilft. Gott, ich weiß nicht, wo der Junge alle diese Wörter hernimmt.«
    »Und Raymond hat die Bücher nach New York geschickt, damit sie veröffen tlich t werden, oder?«, fragte Leon ungeduldig.
    »Ja, aber sie haben sie sofort wieder zurückgeschickt«, sagte sie. »Wahrscheinlich haben sie die ganzen Wörter auch nicht verstanden.«
    »Man sollte doch annehmen, dass diese Leute in New York verstehen, was er meint«, sagte Leon.
    »Niemand versteht, was er meint«, sagte Butch. »Das ist das Problem mit Raymond, dem Schriftsteller, Raymond, dem Dichter, Raymond, dem politischen Gefangenen, Raymond, dem Songwriter, und Raymond, dem Anwalt. Kein Mensch mit klarem Verstand hat auch nur eine leise Ahnung von dem, was Raymond meint, wenn er schreibt.«
    »Also, wenn ich das richtig verstehe«, sagte Leon, »besteht ein großer Teil von Raymonds Unkosten in der Finanzierung seiner literarischen Karriere. Papier, Porto, Tippkosten, Kopien, Versand nach New York und zurück. Stimmt doch, oder, Mama?«
    »Ich denke schon.«
    »Und es ist unwahrscheinlich, dass er mit seiner Apanage tatsächlich seine Anwälte bezahlt hat«, sagte Leon.
    »Sehr unwahrscheinlich«, stimmte Butch zu. »Und vergiss nicht seine musikalische Karriere. Er brauchte Geld für Gitarrensaiten und Noten. Außerdem dürfen die Häftlinge neuerdings Kassetten ausleihen. So ist Raymond doch zum Bluessänger geworden. Er hat sich B. B. King und Muddy Waters angehört, und jetzt unterhält er die Kollegen in den anderen Todeszellen spätabends mit so Bluessessions, wenn man ihm glauben darf.«
    »Ja, ich weiß. Davon hat er geschrieben.«
    »Er hatte immer eine schöne Stimme«, sagte Inez.
    »Ich hab
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