Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
John Grisham

John Grisham

Titel: John Grisham Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Gesettz
Vom Netzwerk:
Sicherheitsbeamten umringt war. Ein Aufseher mit einem Klemmbrett trat an die Fahrertür des Transporters und sagte: »Name?«
    »Graney, die Familie von Mr. Raymond Graney. Leon, Butch und Mutter Inez.«
    Der Aufseher notierte etwas, trat einen Schritt zurück, sagte gerade noch: »Warten Sie«, und verschwand. Drei Aufseher hatten sich direkt vor dem Wagen postiert, vor einer provisorischen Barrikade, die die Zufahrt versperrte.
    »Er geht Fitch holen«, sagte Butch. »Wetten? «
    » Nein«, sagte Leon.
    Fitch war eine Art stellvertretender Gefängnisleiter, ein langgedienter Angestellter der Anstalt, in dessen perspektivlosem Job Ausbrüche und Exekutionen die einzigen Höhepunkte darstellten. In Cowboystiefeln und mit einem falschen Stetson auf dem Kopf, eine große Pistole an der Hüfte, stolzierte er durch Parchman, als würde die Anlage ihm gehören. Fitch hatte ein Dutzend Direktoren kommen und gehen sehen und ebenso viele Prozesse überstanden. Als er sich dem Transporter näherte, sagte er laut: »So, so, die Graneys sind wieder da, wo sie hingehören. Seid ihr zum Möbelreparieren gekommen, Jungs? Wir hätten da noch einen alten elektrischen Stuhl, der mal aufgepolstert gehört.« Er lachte über seinen Witz, und hinter ihm ertönte ebenfalls Gelächter.
    »Abend, Mr. Fitch«, sagte Leon. »Wir haben unsere Mutter dabei.«
    »Abend, Ma'am«, sagte Fitch und lugte in das Wageninnere. Inez erwiderte nichts.
    »Woher habt ihr den Transporter?«, fragte Fitch.
    »Geliehen«, antwortete Leon. Butch hielt die Augen geradeaus. Er weigerte sich, Fitch anzusehen.
    »Von wegen geliehen. Wann habt ihr euch wohl zum letzten Mal was geliehen? Ich bin sicher, Mr. Bride sucht in diesem Augenblick nach seinem Auto. Vielleicht sollte ich ihn anrufen.«
    »Tun Sie das, Fitch«, sagte Leon.
    »Für dich heißt das Mr. Fitch.«
    »Ganz wie Sie meinen.«
    Fitch spuckte einen dicken Schleimklumpen aus und zeigte ihnen mit einem Nicken an, dass sie hineinfahren durften, als wäre er derjenige, der hier das Sagen hatte. »Ich denke, ihr wisst, wo es langgeht, Jungs«, sagte er. »Ihr wart weiß Gott lange und oft genug hier. Fahrt dem Wagen da nach zur Hochsicherheit. Dort werdet ihr dann durchsucht.« Er winkte einem der Aufseher an der Barrikade. Eine Durchfahrt wurde frei geräumt, und sie ließen Fitch ohne ein weiteres Wort stehen. Ein paar Minuten lang folgten sie einem Wagen ohne Kennzeichen, in dem lauter bewaffnete Männer saßen. Sie passierten einen separaten Trakt nach dem anderen, jeder einzelne mit Maschendraht und NATO- Drahtverhau umgeben. Butch blickte auf den Trakt, in dem er mehrere Jahre seines Lebens verbracht hatte. Auf einem hell beleuchteten, offenen Feld, das »Spielplatz« genannt wurde, sah er das unvermeidliche Basketballspiel von schweißnassen Männern mit nackten Oberkörpern, immer nur ein hartes Foul entfernt von der nächsten hirnlosen Prügelei. Die ruhigeren saßen an Picknicktischen und warteten auf den Abendappell um zehn Uhr und die Hitze der Nacht, denn in den Zellen funktionierten die Klimaanlagen meistens nicht, vor allem nicht im Juli.
    Wie gewöhnlich warf auch Leon einen Blick auf seinen alten Trakt, ohne jedoch weiter bei dem Gedanken zu verweilen. Nach so vielen Jahren hatte er es geschafft, mit den emotionalen Narben der hier erduldeten Misshandlungen zu leben. Die Insassen waren zu achtzig Prozent schwarz, und Parchman war einer der wenigen Orte in Mississippi, wo die Weißen nicht die Regeln aufstellten.
    Der Hochsicherheitstrakt war ein Fünfziger-Jahre-Bau mit Flachdach, eingeschossig, mit roter Klinkerfassade wie zahllose Grundschulgebäude aus derselben Zeit. Er war ebenfalls mit NATO -Draht umzäunt und von Aufsehern bewacht, die sich normalerweise gelangweilt in ihren Türmen lümmelten. Heute Abend freilich waren sämt li che Uniformträger hellwach und nervös. Leon parkte, wie man ihn angewiesen hatte, dann wurden Butch und er von einem kleinen Bataillon Aufseher mit undurchdringlichen Gesichtern von oben bis unten durchsucht. Inez wurde herausgehoben und zu einem provisorischen Kontrollpunkt geschoben, wo sie von zwei Aufseherinnen ebenfalls sorgfältig durchsucht wurde. Sie wurden in das Gebäude geführt, durch eine ganze Reihe schwerer Türen, an weiteren Aufsehern vorbei und schließlich in einen kleinen Raum, den sie noch nie gesehen hatten. Der Besucherraum lag ganz woanders. Zwei Aufseher stellten sich auf, während sie Platz nahmen. Das Zimmer enthielt ein Sofa,

Weitere Kostenlose Bücher