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John Grisham

John Grisham

Titel: John Grisham Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Gesettz
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hinterließ.
    Das Geld lag in Belize, einem Land, dessen Auslieferungsabkommen mit den Vereinigten Staaten nur auf dem Papier bestand. Falls ihm jemand auf die Spur kam, was er nicht erwartete, würde er sich diskret nach Panama absetzen. Die Wahrscheinlichkeit, dass er gefasst wurde, war verschwindend gering, und wenn jemand anfing, in Clanton herumzuschnüffeln, würde Harry Rex bald davon erfahren.
    Die Maschine nach Ambergris Cay war eine betagte Cessna Caravan, ein Zwanzigsitzer, der überfüllt war mit gut genährten Amerikanern, die zu breit für die schmalen Sitze waren. Aber das war Mack egal. Er sah aus dem Fenster auf das leuchtend aquamarinblaue Wasser dreihundert Meter unter ihm, warmes Salzwasser, in dem er bald schwimmen würde. Auf der Insel nahm er sich nördlich des Hauptorts San Pedro ein Zimmer in einer Anlage, die sich Rico's Reef Resort nannte. Die Zimmer waren eigentlich strohgedeckte Häuschen mit einer kleinen Veranda. Auf jeder Veranda hing eine lange Hängematte, was sehr schön veranschaulichte, wie die Prioritäten bei Rico lagen. Er bezahlte bar für eine Woche im Voraus - von Kreditkarten hatte er ein für alle Mal die Nase voll - und schlüpfte in seine neue Arbeitskleidung: T-Shirt, alte Jeansshorts, Baseballkappe, keine Schuhe. Bald hatte er die Bar entdeckt, wo er einen Rumcocktail bestellte und einen gewissen Coz kennenlernte. Coz hatte sich an einem Ende der Teakholztheke niedergelassen und schien dort seinen festen Platz zu haben. Das lange Haar trug er zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Seine Haut war von der Sonne gegerbt und zu einem Bronzeton verbrannt. Dem leichten Akzent nach stammte er aus Neuengland. Es dauerte nicht lange, bis Coz, der Kette rauchte und dunklen Rum trank, durchblicken ließ, dass er einmal für eine nicht näher beschriebene Kanzlei in Boston gearbeitet hatte. Er versuchte, in Macks Vergangenheit herumzustochern, aber Mack wagte es nicht, irgendwelche Informationen preiszugeben.
    »Wie lange bleibst du?«, fragte Coz.
    »Bis ich die richtige Sonnenbräune habe«, erwiderte Mack.
    »Das kann ein bisschen dauern. Sei vorsichtig, die Sonne ist hier brutal intensiv.«
    Coz hatte viele Tipps für das Leben in Belize parat.
    »Kluger Junge«, meinte er, als er merkte, dass aus seinem Trinkkumpan nicht viel herauszuholen war. »Hier bist du besser vorsichtig mit dem, was du sagst. Es wimmelt nur so von Amerikanern, die vor irgendwas weglaufen.«
    Später ließ sich Mack von der Brise in seiner Hängematte schaukeln und blickte auf den Ozean hinaus. Während er der Brandung lauschte, nippte er an seinem Rum mit Soda und fragte sich, ob er wirklich auf der Flucht war. Es gab keinen Haftbefehl, keinen Gerichtsbeschluss, keine Gläubiger, die ihm auf den Fersen waren. Zumindest nicht soweit ihm bekannt war. Und das war auch nicht zu erwarten. Wenn er wollte, konnte er morgen nach Hause zurück, aber der Gedanke war furchtbar. Er hatte kein Zuhause mehr. Sein Zuhause war etwas, dem er gerade entwischt war. Der Gedanke, alles aufgegeben zu haben, wog schwer, doch der Rum half ihm, darüber hinwegzukommen.
    Mack verbrachte die erste Woche entweder in der Hängematte oder am Pool, wo er vorsichtig dosierte Sonnenbäder nahm, bevor er wieder eine Pause auf der Veranda einlegte. Wenn er nicht schlief, sich sonnte oder an der Bar herumhing, machte er lange Spaziergänge am Meer. Dabei fing er an, sich Gesellschaft zu wünschen. Er unterhielt sich mit den Touristinnen in den kleinen Hotels und Fischerhäuschen und fand schließlich eine nette junge Frau aus Detroit. Manchmal langweilte er sich, aber Langeweile in Belize war viel besser als Langeweile in Clanton.
    Am 25. März erwachte Mack aus einem bösen Traum. Aus unerfindlichen Gründen war ihm das Datum eingefallen, an dem in Clanton die neue Gerichtsperiode begann. Normalerweise wäre Mack zur Verlesung der Prozessliste im großen Gerichtssaal gewesen. Dort hätte er sich, wie die übrigen zwanzig Anwälte, gemeldet, wenn sein Name aufgerufen wurde, um dem Richter mitzuteilen, dass Mr. und Mrs. Soundso anwesend und zur Scheidung bereit waren. Er hatte an diesem Tag mindestens drei Gerichtstermine. Leider konnte er sich sogar noch an die Namen der Mandanten erinnern. Es war Fließbandarbeit, und Mack war ein schlecht bezahlter und leicht zu ersetzender Arbeiter gewesen.
    Nackt unter den dünnen Laken liegend, schloss er die Augen und spürte den moderigen Geruch von Eiche und Leder in der Nase, der den alten

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