John Medina - 02 - Gefaehrliche Begegnung
vielleicht sogar länger.«
»Kann mir nicht vorstellen, dass sie Schwierigkeiten haben wird, ihren alten Job wiederzubekommen, wenn sie so weit ist«, sagte John milde, aber Frank kannte ihn gut genug, um die dahinter steckende Bitte – oder gar Anweisung – herauszulesen. Offiziell mochte er ja Johns Vorgesetzter sein, doch im Grunde tat John nur das, was er für richtig hielt.
»Bestimmt nicht«, antwortete Frank, und es war ein Versprechen.
Vor ein paar Jahren waren Karens und Johns Väter ermordet worden. Senator Stephen Lake hatte damit die in seinem Auftrag erfolgte Ermordung seines Bruders in Vietnam vertuschen wollen. Im Zuge der Aufklärung des Falles war John nicht nur zum aufrichtigen Bewunderer der schneidigen Karen geworden, sondern auch ihres super-toughen Ehemannes. Obwohl keiner der beiden seinen Namen kannte, hatte er es sich seitdem zur Gewohnheit gemacht, ihnen den Weg ein wenig zu ebnen.
»Und Mrs. Burdock?«
Diese Frage hatte Frank ebenfalls erwartet. »Niema geht es gut. Sie hat ein neues nahezu unortbares Abhörgerät entwickelt. Die NSA hat sie sich auch schon für ein paar Projekte ausgeliehen.«
Johns Miene wirkte interessiert. »Eine nicht ortbare Wanze? Wann ist die denn zu haben?«
»Schon bald. Das Ding spielt Huckepack bei schon vorhandenen Leitungssystemen, aber ohne Stromabfall. Und mit elektronischen Wanzendetektoren ist es nicht aufzufinden.«
»Wie hat sie das geschafft?« John schob einen Bauer ein Feld weiter.
Frank runzelte die Stirn. So ein kleiner Zug und schon gab er dem Spiel eine ganz andere Wendung. »Hat was mit Frequenz-Modulation zu tun. Wenn ich’s verstehen würde, könnte ich mir einen richtigen Beruf suchen.«
John lachte. Bei den seltenen Gelegenheiten, wenn er mit Menschen zusammen war, denen er vertraute und die wussten, wer er war, konnte er ein überraschend offener Mensch sein. Wenn John jemanden mochte, dann zeigte er es ihm auch, was vielleicht daran lag, dass sich sein Leben größtenteils in einer Art Halbwelt abspielte, wo überall Gefahren lauerten, wo man andauernd einen neuen Namen benutzen, eine neue Maske aufsetzen musste. Er schätzte das Reale und Verlässliche.
»Hat sie schon wieder geheiratet?«
»Niema? Nein.« Die Position des Bauern bereitete ihm Sorgen. Sein Blick war noch immer stirnrunzelnd aufs Schachbrett gerichtet, und er schenkte seiner Antwort deshalb nur halbe Aufmerksamkeit. »Eine feste Beziehung hat sie nicht. Sie hat hin und wieder Verabredungen, das ist alles.«
»Es ist jetzt fünf Jahre her.«
Etwas in Johns Tonfall alarmierte Frank. Er blickte auf und sah, dass Johns Stirn in Falten lag, als passte es ihm gar nicht, dass Niema Burdock noch immer Single war.
»Ist sie denn glücklich?«
»Glücklich?« Überrascht von dieser Frage lehnte sich Frank zurück, das Schachbrett für den Moment vergessend. »Sie hat viel zu tun. Sie mag ihren Beruf, kriegt ein prima Gehalt, hat ein nettes Haus und fährt ein funkelnagelneues Auto. Um diese Dinge kann ich mich kümmern, aber ihre Gefühle liegen außerhalb meines Einflussbereichs.« Niema Burdock war diejenige unter seinen Schützlingen, deren Wohlergehen John am genauesten verfolgte. Seit er sie aus dem Iran herausgeschafft hatte, nachdem ihr Mann im Einsatz umgekommen war, hatte er ein beinahe persönliches Interesse an ihrem Schicksal entwickelt.
Frank Vinay hatte eine plötzliche Eingebung, ja, einen wahren Geistesblitz, und Kleinigkeiten wie diese waren es schließlich, die ihn so gut in seinem Beruf machten. Er sagte: »Du willst sie selber.« Er platzte nur selten so einfach mit seinen Gedanken heraus, doch auf einmal war er sich absolut sicher. Dennoch war ihm seine allzu persönliche Bemerkung ein wenig peinlich.
John blickte mit hochgezogenen Brauen auf. »Klar will ich sie«, sagte er, als ob das die selbstverständlichste Sache der Welt wäre. »Aber was nutzt mir das schon.«
»Was meinst du damit?«
»In meinem Beruf ist eine feste Beziehung nicht machbar. Ich bin oft monatelang fort, und es besteht immer die Möglichkeit, dass ich überhaupt nicht zurückkomme.« Er sagte das kühl, völlig emotionslos. Er kannte die Risiken seines Berufs sehr genau, akzeptierte, ja, suchte sie vielleicht sogar.
»Das gilt auch für andere Berufe: Eliteeinsatzteams, bestimmte Gerüstbauer und ähnliches. Alle heiraten und haben Familien. Ich auch.«
»Bei dir liegen die Umstände etwas anders.«
Weil Frank nie in Black Ops, den so genannten »schwarzen
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