John Medina - 02 - Gefaehrliche Begegnung
Bad, widmete sich hingebungsvoll ihrer Körperpflege, zuerst eine leichte Feuchtigkeitslotion, danach ein Body-Öl, dessen zarter Duft den ganzen Tag auf ihrer Haut haftete. Sie musste nicht vor neun im Büro sein, also eilte sie sich auch nicht. Das war einer der Gründe, warum sie so früh aufstand: Sie hasste es, morgens zu hetzen und schon gestresst im Büro anzukommen. Sicher, letzte Nacht hatte sie nicht sehr viel Schlaf bekommen, denn Medina war bis weit nach ihrer gewöhnlichen Schlafenszeit geblieben.
Wieder im Schlafzimmer, holte sie ein Unterwäsche-Set, bestehend aus einem marineblauen Slip und einem passenden marineblauen Büstenhalter aus der Wäscheschublade, zog jedoch nur den Slip an. Beim Joggen trug sie natürlich einen Büstenhalter und auch im Büro, aber nicht daheim. Sie schlüpfte in ihren flauschigen Morgenmantel, schnürte den Gürtel zu und zog ihre nassen Haare unter dem Schalkragen hervor. Danach tapste sie barfuß in die Küche, um zu sehen, ob Medinas Kaffee noch trinkbar war.
Er saß an der Arbeitsinsel und nippte an einer Tasse des schwarzen Gebräus, so wie zuvor schon. Sie zuckte nur kurz zusammen, dann ging sie zur Kaffeekanne und schenkte sich eine Tasse ein. »Ich dachte, du wolltest gehen.«
»Wieso?«
Sie wandte sich zu ihm um, lehnte sich an den Küchenschrank und wärmte ihre Hände an der Tasse. Seine Haare waren ebenfalls nass, wie ihr jetzt auffiel.
»Ich habe in deinem zweiten Bad geduscht«, erklärte er. »Ich hoffe, das macht dir nichts aus. Leider musste ich diese Klamotten wieder anziehen.«
»Nein, das macht mir nichts. Aber ich dachte trotzdem, du würdest gehen. Ich muss bald zur Arbeit.«
»Nein, musst du nicht. Du bist auf unbestimmte Zeit freigestellt.«
An ihrem Kaffee nippend, versuchte sie ihr Erstaunen und, ja, ihren Zorn, zu verbergen. »Das ist mir neu.«
»Frank hat sich gestern Abend noch drum gekümmert. Bis zum Ende dieses Einsatzes gehörst du ganz mir.«
Sie wusste nicht, ob ihr gefiel, was er da sagte. Sie hatte so ein komisches kleines Zucken im Magen. Abermals nahm sie Zuflucht in ihrer Kaffeetasse und verbarg ihre Miene vor ihm.
Er wirkte so unglaublich raubtierhaft und männlich, so ganz in Schwarz, wie er lässig in ihrer fröhlichen Küche rumhockte. Unter seinem engen T-Shirt zeichneten sich seine breiten Schultern und der Waschbrettbauch deutlich ab. Er war groß und schlank, aber auch muskulöser, als man es ihm ansah, wenn er normale Straßenkleider trug. Er hatte seinen letzten Satz selbstverständlich nicht so gemeint, aber sie konnte dennoch nicht umhin, sich kurz vorzustellen, wie es wäre, mit ihm zu schlafen. Ob er als Liebhaber auch so ausdauernd war? Falls ja … wow.
Doch an so etwas wollte sie überhaupt nicht denken; das gab bloß Komplikationen. »Und was soll ich dann mit meiner Zeit anfangen, bis es losgeht?«, fragte sie schließlich angriffslustig. »Wann geht’s überhaupt los?«
»In ungefähr einer Woche. Es braucht Zeit, eine so perfekte Legende aufzubauen, wie deine sein muss. Inzwischen wird trainiert. Wie gut bist du im Umgang mit einer Pistole und im Nahkampf?«
»Rostig.«
»Hast du überhaupt Nahkampftraining gehabt?«
»Nö. Hab bloß mal einen Kurs in Vergewaltigungsprävention gemacht, der übliche Kram.« Und das Grundtraining, mit dem Dallas bei ihr begonnen hatte, klar. Aber das war schon fünf Jahre her, und sie hatte seitdem nichts mehr getan.
»Also gut. Für irgendwelche Feinheiten haben wir natürlich keine Zeit, aber in einer Woche kann ich dich immerhin so weit bringen, dass du dich gegen die meisten Männer verteidigen kannst. Du bist ohnehin in guter Form, also wird’s nicht so schwer werden.«
Na toll. So, wie es aussah, würde sie ihn die ganze nächste Woche täglich sehen. Seufzend holte sie eine Pfanne aus einem Unterschrank. »Bevor ich nicht was gegessen habe, mache ich gar nichts. Was willst du zum Frühstück?«
»Such dir eine aus«, sagte Medina und deutete auf das kleine Arsenal, das er auf einer Bank ausgebreitet hatte. Sie befanden sich in einem privaten Schießübungsplatz, der auch vom CIA-Personal benutzt wurde. Das riesige, scheunenartige Gebäude war bis auf sie beide vollkommen leer.
Der Innenraum war nüchtern und streng funktional. An der gegenüberliegenden Wand lagen Stapel von Sandsäcken und Heuballen, damit keine Kugel durch die Wand drang und harmlose Passanten verletzte. Die Wände selbst waren mit einer Art Dämmplatten zum Lärmschutz
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