John Medina - 02 - Gefaehrliche Begegnung
»Möglicherweise hast du ja jetzt deine Lebensaufgabe gefunden.«
»Männer umzuhauen?«
»Ich glaube, du könntest dich daran gewöhnen.«
»Hängt ganz davon ab, womit ich sie umhaue.«
»Wir sehen uns in drei Tagen, Mata.«
Ronsard fuhr schon heute zu seiner Villa aufs Land, weshalb sie sich zum ersten Mal, seit sie sich kannten, nicht zum Lunch trafen. Froh um die zusätzliche Zeit, verbrachte sie den größten Teil des Tages damit, alles, was sie für das Anzapfen von Ronsards Büro brauchte, zusammenzutragen. Der CIA-Repräsentant in der Botschaft war ihr dabei eine große Hilfe. Ohne irgendwelche Fragen zu stellen, besorgte er ihr all die winzigen Transmitter, Batterien und Drähte, die sie brauchte. Falls er Fragen gestellt hatte, dann jedenfalls nicht ihr. Sie wusste, dass er die Angelegenheit mit Langley geklärt haben musste, denn sonst wäre er wohl kaum so kooperativ gewesen.
Der Außendienstleiter wusste natürlich nichts über ihre Aufgabe, bloß dass er ihr alles besorgen sollte, was sie brauchte; die in Paris »stationierten« CIA-ler wussten nicht einmal, dass sie sich mit Ronsard traf, außer natürlich, einer der Agenten wäre auf den Gedanken verfallen, ihr zu folgen, aber das glaubte sie eigentlich nicht. Soweit diese Leute wussten, war sie eine Freundin der Familie des Botschafters, die auf Besuch war.
Lyon lag ungefähr dreihundert Kilometer von Paris entfernt, weiter als sie mit dem Auto zu fahren bereit war, also buchte sie sich einen Flug und rief die Nummer an, die Ronsard ihr dagelassen hatte, um zu bitten, dass man sie vom Flughafen abholte.
Sie konnte es kaum abwarten, hinzukommen, sich umsehen zu können, zu sehen, womit sie es zu tun hatte, damit sie endlich konkrete Pläne und Entscheidungen treffen konnte. Den Partyhopser zu spielen, wenn auch einen recht gemäßigten, war nicht ihre Tasse Tee. Sie wollte noch etwas anderes tun, außer Shoppen, Lunchen und Feiern.
Es war wunderschönes Wetter, als sie zu ihrem Flug nach Lyon aufbrach, und alles ging glatt. Am Flughafen wurde sie von einem Mann in einem gut geschnittenen grauen Anzug in Empfang genommen. Sein blondes Haar war zu einem Bürstenschnitt zusammengestutzt, und er trug eine schwarze Sonnenbrille. Er sprach nur, was nötig war, machte jedoch einen äußerst effizienten Eindruck. Er kümmerte sich um ihr Gepäck und verstaute sie dann umsichtig in einem silbernen Jaguar. Sie lehnte sich zurück und beschloss, die Fahrt zu genießen.
Sie fuhren zunächst auf dem Autobahnzubringer in Richtung Süden und wandten sich dann nach Osten auf Grenoble zu. Die Gegend war wirklich wunderschön, vielleicht die schönste Frankreichs, mit den französischen Alpen im Osten. Hier war es wärmer als in Paris, und sie spürte die drückende Hitze selbst durch die dunkel getönten Scheiben des Jaguars.
Beim ersten Blick auf Ronsards Villa riss sie die Augen auf. Sie war froh, eine Sonnenbrille aufzuhaben, da man ihr das Staunen auf diese Weise nicht allzu sehr anmerkte, sollte sie in ihrer Rolle an Luxus doch eigentlich gewöhnt sein. John hätte sie warnen sollen, dachte sie geistesabwesend.
Eine sauber gepflasterte Auffahrt, zu beiden Seiten von bunten Blumen gesäumt, führte zu einem mächtigen Gatter, das in eine fast vier Meter hohe graue Steinmauer eingelassen war, die das Grundstück vollkommen umsäumte. Diese Steinmauer allein musste ein Vermögen gekostet haben. Das Gatter glitt bei der Annäherung des Wagens geräuschlos auf und schloss sich danach umgehend.
Das Anwesen selbst war riesig; sie schätzte es auf mindestens einhundertsechzig Hektar, doch war der Park – als Garten konnte man es beim besten Willen nicht mehr bezeichnen – so kunstvoll angelegt, dass man die Mauer auf weite Stellen überhaupt nicht sah. Das Haus selbst – auch hier meldeten sich Zweifel bei ihr, ob man ein derart großes Gebäude als einfaches Haus bezeichnen konnte – war drei Stockwerke hoch, mit Gebäudeflügeln rechts und links. Es war aus riesigen Blöcken blassgrauem, mit zarten rosa und goldfarbenen Streifen durchzogenem Marmor errichtet worden. Die Wirkung war atemberaubend.
Auf der rechten Seite blitzte ein lang gestrecktes, zweistöckiges, barackenähnliches Gebäude zwischen herrlichen Bäumen und Büschen hervor. Der Landschaftsarchitekt hatte es wirklich verstanden, das Gute hervorzuheben und das Unvorteilhafte zu kaschieren. Links erhob sich wie ein Juwel aus einem malerischen Teich ein weiteres Haus. Sie nahm an, dass es
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