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John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

Titel: John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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Verfügung standen, hatte er genau das, was er wirklich wollte: Zugang zu sämtlichen Daten der JTTF. Nun diente er als B-Leser, der die zweite Meinung lieferte. Seine Memos gingen direkt an die stellvertretenden Leiter der Abteilungen Operations und Nachrichtendienst. Mit etwas Glück wurden sie sogar gelesen. Sowohl Shafer selbst als auch Exley wussten, dass die Agency Shafer nicht besonders mochte. Vor allem fürchtete sie ihn, weil er ihnen gewaltige Schwierigkeiten bereiten konnte: Was könnte schlimmer sein als eine Zeitungsschlagzeile, in der er sich öffentlich darüber beschweren würde, dass ihm die Agency nicht das nötige Gehör schenke:
GEHEIMDIENSTOFFIZIER, DER VOR DEM 11.9. WARNTE, ERKLÄRT, DASS DIE CIA ERNEUT WARNHINWEISE IGNORIERT.
    Exley war gemeinsam mit Shafer zur JTTF gewechselt. Dass sie dabei ihre Feldagenten zurücklassen musste, tat ihr nicht leid, denn sie hatten ihre Erwartungen ohnedies nie erfüllt. Wie ihr Shafer sagte, hatte er ihren Jobwechsel als Bedingung genannt, um die neue Aufgabe zu übernehmen. Das verstand sie nur zu gut. Immerhin ergänzten sich ihre gedanklichen Vorgehensweisen ausgezeichnet. Allerdings konnte die Zusammenarbeit mit ihm auch sehr erschöpfend sein.
    Ohne Shafers zuckendes Bein zu beachten, nippte sie an dem Kaffee und las weiter. »Klasse 6 und 7«, sagte sie. Die NSA klassifizierte die abgefangenen E-Mails auf einer Skala von 1 bis 9 je nach der Wahrscheinlichkeit, ob es sich tatsächlich um eine Nachricht der Al-Quaida handelte. Soweit sie sich erinnerte, hatte man noch keine E-Mail je als Klasse 9 – also »sicher« – eingestuft. Und nur einige wenige hatten Klasse 8 erhalten: höchstwahrscheinlich.
    »Ansonsten hätte ich Sie nicht damit belästigt«, gab Shafer zurück.
    Wie jedes andere Überwachungsinstrument erbrachte auch der Echelon die besten Resultate, wenn er gezielt eingesetzt wurde, und sich nur durch einige Millionen anstatt Trillionen E-Mails hindurchsuchen musste. Deshalb hielt die NSA auch eine Handvoll mit der Al-Quaida verbundenen Websites unter strenger Beobachtung, die anonyme Beiträge erhielten, in denen zum Dschihad aufgerufen wurde, oder die Hinweise auf Anschläge enthielten. Die CIA und NSA interessierten sich weniger für den genauen Inhalt dieser Beiträge, denn man hielt die Al-Quaida für zu gerissen, um auf
einer öffentlichen Website Informationen über aktuelle Operationen weiterzugeben.
    Allerdings wussten die Bösewichte nicht – zumindest hofften dies die Nachrichtendienste –, dass die USA Jordanien und mehrere andere Länder überredet hatten, der NSA zu gestatten, jene Webhosting-Unternehmen anzuzapfen, die diese Websites unterhielten. Aufgrund dieses Mitschnitts konnte die NSA die IP-Adressen all jener Teilnehmer katalogisieren, die einen Beitrag verfasst hatten, oder sich die Seiten nur angesehen hatten. Der Echelon überwachte die von diesen heißen Adressen versendeten E-Mails und verfolgte jene, die diese E-Mails erhielten. Auf diese Weise erhielt er ein immer größeres Netz von Verbindungen. Die NSA hoffte darauf, Nexi zu finden, das sind E-Mail-Konten, die als Drehscheiben für verdächtigen Verkehr dienten, um auf diese Weise die verborgenen Verbindungen der Befehlskette der Al-Quaida aufzudecken.
    Exley und Shafer hingegen fürchteten, dass die Al-Quaida E-mails absichtlich als Quelle für Fehlinformationen nützte. Dieselben arabischen Geheimdienste, die der NSA gestattet hatten, den Internetverkehr anzuzapfen, konnten auch den Bösewichten einen Tipp über die Arbeitsweise der USA gegeben haben. Die Abfangeinrichtungen hatten jedoch genug interessante Bruchstücke geliefert, sodass die CIA und die NSA die Sache ernst nahmen. In Ermangelung einer vernünftigen menschlichen Überwachung der Al-Quaida bildete der Echelon die beständigste Informationsquelle, die den USA zur Verfügung stand.
     
    Wie Shafer vorhergesagt hatte, war die letzte E-Mail die wichtigste – und gleichzeitig die kürzeste. Fünf Buchstaben und drei Zahlen. Mehr nicht. Der Echelon hätte die Nachricht als
Spam ignoriert, wenn sie nicht gerade von einer heißen Adresse gekommen wäre. U919ALHR. United Airlines Flug 919. London Heathrow. Die NSA hatte diese Botschaft als 6/7 eingestuft: wahrscheinlich/sehr wahrscheinlich.
    »Was halten Sie davon?«, erkundigte sich Shafer.
    »Wenn ich auf diesem Flug wäre, würde ich dem Film wohl nur wenig Aufmerksamkeit schenken«, sagte sie. »Warum haben die Briten dem Flugzeug die

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