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John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

Titel: John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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lauteste Geräusch an Bord war, abgesehen von einem endlosen Strom geflüsterter Ave-Marias, irgendwo in der Hauptkabine hinter Deirdre Smart. Auch gab es keine Bewegung im Flugzeug, bis auf die Flugbegleiter, die nicht einmal versuchten, freundlich zu sein, wenn sie im Gang auf und ab gingen. Vor einigen Minuten hatte ein Mann einige Reihen weiter vorn die Hand gehoben, um sich nach dem Einreiseformular zu erkundigen.

    »Sobald wir am Boden sind, teilen wir die Formulare aus«, hatte ihn die Flugbegleiterin angefaucht. »Danke für Ihre Mitarbeit.«
    Die beiden Kampfjets begleiteten das Flugzeug immer noch. Und mit jeder Minute, die ohne Zwischenfall verrann, entspannten sich die Passagiere an Bord ein wenig. Deirdre drehte sich lächelnd zu ihrem Mann und ihrem Sohn Aidan in der Reihe hinter ihr um. »Alles wird gut gehen«, sagte sie.
     
    Dann bebte das Flugzeug plötzlich und sackte mit großer Geschwindigkeit ab. Nicht nur Deirdres Tochter Angela schrie auf, sondern alle Passagiere an Bord. Es war ein unerträglicher Chor aus Stöhnen und Hilferufen an Gott. Eine der Flugbegleiterinnen stieß einen schmerzerfüllten Schrei aus, als sie gegen eine Trennwand geschleudert wurde. Zwei Reihen vor Deirdre übergab sich ein Mann mit tiefem kehligem Gurgeln, sodass sich ihr selbst der Magen umdrehte. Einen Augenblick später erreichte sie der Gestank des Erbrochenen. Nur mit Mühe kämpfte sie die aufsteigende Galle in ihrer Kehle zurück, während sie auf das Ende des Sinkflugs wartete.
    Schließlich fing sich das Flugzeug wieder. Auch wenn noch mehrere Stöße folgten, war keiner mit dem ersten zu vergleichen. Nur ein paar Turbulenzen, dachte Deirdre. Nichts als Turbulenzen.
    »Alles wird wieder gut, Kleines«, flüsterte sie ihrer Tochter zu, während sie ihr die Tränen vom Gesicht wischte.
    »Irgendwas stinkt hier, Ma.«
    »Tu einfach so, als wäre nichts.«
    Wieder meldete sich die Sprechanlage. »Hier spricht Flugkapitän Hamilton aus dem Cockpit. Das vorhin tut mir leid.
Auf der übrigen Strecke wird es noch etwas unruhig sein – zwischen hier und Dulles liegt eine Wetterfront. Ein Frühlingssturm. Normalerweise wären wir den stärksten Unruhen ausgewichen, aber in diesem Fall ist es unsere wichtigste Aufgabe, Sie so schnell wie möglich nach Hause zu bringen. Ich entschuldige mich noch einmal. Wir hätten Sie warnen sollen. Die nächsten zehn Minuten sind der stürmischste Abschnitt. Sorgen Sie also dafür, dass Ihr Gurt sicher und fest geschlossen ist. Es gibt keinen Grund, beunruhigt zu sein. Das ist nur ein Frühlingssturm. In einer halben Stunde sind Sie sicher am Boden. Danke.«
    Er klingt immer noch ganz ruhig, dachte Deirdre. Sofern sie landeten – sobald sie landeten, korrigierte sie sich –, würde sie ihn aus Dankbarkeit umarmen. Und sie wettete, dass sie nicht die Einzige war, die so dachte.
    Diesmal bebte das Flugzeug sogar noch heftiger als beim ersten Mal. Die einzelnen Stöße konnte man bestenfalls als nervenaufreibend bezeichnen. Deirdre sah, wie die Tragflächen zitterten. Der dreihundert Tonnen schwere Jet schwankte auf und ab wie ein Schwimmer, der sich in schwerem Wellengang über Wasser halten wollte. Deirdre erinnerte sich nicht, je Turbulenzen wie diese erlebt zu haben. Aber so lange es nur dies war, würde sie es überstehen.
    Offenbar fühlten alle so wie sie. Denn in der Kabine herrschte Schweigen, während alle 307 Passagiere nur den einen Wunsch hatten, nach Hause zu kommen. Als Deirdre einen brennenden Schmerz in den Händen spürte, entdeckte sie, dass sie die Hände so fest zu Fäusten geballt hatte, dass sich ihre Nägel in die Handflächen gegraben hatten. Nachdem sie mit zitternden Fingern die Hände geöffnet hatte, sah sie zu ihrem Mann hinüber.
    »Nächstes Jahr machen wir in Florida Urlaub«, erklärte
sie. »Und wir fahren mit dem Auto.« Statt einer Antwort lächelte er sie an.
    Im Lauf der nächsten Minuten nahm die Heftigkeit der Stöße ab, und die 747 ging allmählich in den Sinkflug. Kurz darauf erklang in der Kabine ein kurzes Signal, als Hinweis darauf, dass die Maschine die Dreitausend-Meter-Marke unterschritten hatte, und im nächsten Augenblick meldete sich wieder die Stimme aus dem Lautsprecher.
    »Hier ist noch einmal Flugkapitän Hamilton. Wir sind nur noch wenige Minuten von Dulles entfernt, und wie Sie sehen, ist der Sturm abgeflaut. Unter normalen Umständen würde ich Sie auffordern, jetzt alle elektronischen Geräte auszuschalten, aber diese

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