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John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

Titel: John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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sehr effektive Art und Weise war, um Verseuchungen zu messen.
Leider konnte er das Labor nicht seinen Professoren zeigen – sie wären beeindruckt gewesen.
     
    Nachdem Tarik die Deckenbeleuchtung eingeschaltet hatte, prüfte er, ob alle Labortische, Bechergläser und Petrischalen genauso standen, wie er sie zurückgelassen hatte. Hier unten wirkten die Straße und die Außenwelt sehr fern. Nur das leise Rascheln seiner Mäuse durchbrach die Stille. Um sicher zu gehen, dass auch wirklich keine entkommen war, zählte er auch seine Mäuse.
    Dann zog er sich nackt aus und legte seine gefaltete Kleidung über einen Stuhl. Üblicherweise arbeitete er zunächst mit weniger gefährlichen Keimen, ehe er seinen Schutzraum betrat. Heute Nacht wollte er jedoch seinen »Spezialitäten« nahe sein, dem Y. pestis und Bacillus anthracis – Anthrax. Sobald er die erste Tür zu seinem Schutzraum geöffnet hatte – jene zur Luftschleuse – trat er ein und zog das Shirt, die Unterwäsche und die Sporthose an, die er immer in der Plexiglasblase trug, und streifte zuletzt noch einen weißen Laborkittel über. Dann schloss er die Tür und breitete sorgsam die Kunststofffolie über die Tür, um den Schutzraum vom übrigen Keller abzuschotten. Als Nächstes griff er nach dem Beatmungsgerät, hängte sich die Sauerstoffflasche über die Schultern und zog die Maske über das Gesicht. Nach einigen tiefen Atemzügen, um zu prüfen, ob der Sauerstoff auch wirklich ungehindert einströmte, stellte er den Regler etwas zurück, damit sein Vorrat länger hielt. Danach setzte er eine Mütze auf, zog die Stiefel an und streifte Handschuhe über.
    Schließlich öffnete er die Innentür der Luftschleuse und trat in seinen Schutzraum.
    Hier drin hätte er unter Wasser oder auf dem Mond sein können. Nur seine Atemzüge durchbrachen die vollkommene
Stille. Geräuschlos glitt er zu seiner Sicherheitswerkbank, an der er eine Woche zuvor erstmals das Y. pestis -Virus gezüchtet hatte, indem er die Bakterien in Petrischalen mit Blut als Nährstofflösung bei 28 Grad Celsius angesetzt hatte. Zwei Tage später war die rote Nährlösung mit weißen Bakterienkolonien gespickt, die an den Rändern kieselig und uneben waren. Sie erinnerten an winzige Spiegeleier, die verräterische Form von Y. pestis. Sie waren hässlich, gestand sich Tarik ein, klein und hässlich. Aber wer ihnen nicht den nötigen Respekt entgegenbrachte, würde sich wundern. Und er beherrschte ihre Macht, ein Gedanke, der ihm sehr gefiel.
     
    Nachdem Tarik die Pest-Kulturen gezüchtet hatte, injizierte er sie sechs Mäusen. Nur eine überlebte länger als zwei Tage. Mittlerweile lag auch sie auf ihrer Seite auf der Werkbank. Die Überreste der Maus legte Tarik in einen mit Salzsäure gefüllten Behälter, um sie zu vernichten. Im McGill-Labor hätte er eine Autopsie an dem Tier durchgeführt, um die genaue Todesursache festzustellen, aber hier war das nicht wichtig. Er wollte lediglich beweisen, dass er einen guten, virulenten Pest-Erreger züchten konnte. Und das war ihm eben gelungen.
    Gleichzeitig wusste Tarik, dass er seinem endgültigen Ziel damit nur einen kleinen Schritt näher gekommen war. Menschen mit Lungenpest zu infizieren, war wesentlich schwieriger, als eine Nadel in eine Maus zu stechen. Er musste eine Möglichkeit finden, den Krankheitserreger als feinen Nebel zu versprühen, sodass er inhaliert und in den Lungen eingeschlossen werden konnte. Dafür würde er verschiedene Lösungen, unterschiedliche Pesterregerkonzentrationen und Chemikalien testen müssen, durch die sich der Nebel leichter
auflöste, ohne dass die in ihm enthaltenen Bakterien umkamen.
    Vor dieser Herausforderung mussten schon Wissenschaftler in wesentlich besseren Labors als seinem Kellerprovisorium kapitulieren. Die apokalyptische japanische Sekte Aum Shinrikyo hatte in den 90ern mehrere Millionen Dollar für die Entwicklung biologischer Waffen aufgewendet, und in Tokio sogar Botulismus- und Anthrax-Erreger versprüht. Nur war es ihr nie gelungen, jemanden zu infizieren. Bei ihrem einzigen erfolgreichen Anschlag verwendete sie Nervengas, das wesentlich leichter herzustellen war als biologische Waffen.
    Und da Militärwissenschaftler im Allgemeinen keine Berichte über ihre Experimente mit dem Pest-Erreger veröffentlichten, würde Tarik selbst aus seinen Fehlern lernen müssen. Wie gern hätte er mit jemandem über die technischen Schwierigkeiten gesprochen. Aber sein einziger Vertrauter war Omar Khadri.

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