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John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

Titel: John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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Als typischer Nichtwissenschaftler hatte er angenommen, dass es einfach sei, eine Epidemie zu entfesseln: man musste doch nur Krankheitserreger in einer Schale züchten und sie dann auf die Gleise der U-Bahn schütten. Als ihm Tarik erklärte, dass die Sache wesentlich komplizierter war, war er bitter enttäuscht gewesen.
    »Hast du mein Geschenk bekommen?«, hatte ihn Khadri bei ihrem letzten Gespräch wenige Tage nach der Lieferung des Pest-Erregers gefragt. Tarik hatte von einem Münztelefon an einer Tankstelle in Longueuil gesprochen, das am anderen Ufer des Saint Lawrence River viele Kilometer von seinem Haus entfernt lag.
    »Ja. Danke, Onkel.« Sie sprachen immer Französisch und verwendeten nie Namen oder sonstige typische Bezeichnungen.

    »Wie lang wird es dauern?«
    »Das weiß ich nicht, Onkel.«
    »Was schätzt du? Einen Monat? Ein paar Monate?«
    »Für den von dir beabsichtigten Zweck zumindest ein paar Monate.«
    »Du weißt, dass ich schon sehr darauf gespannt bin, deine Arbeit zu sehen.«
    Tarik trat ängstlich von einem Fuß auf den anderen. Er hasste es, Khadri zu enttäuschen. »Ich bitte um Verzeihung. Aber diese Aufgabe lässt sich nicht beschleunigen.«
    »Brauchst du mehr Geld?«
    »Ja.«
    »Wie viel?«
    »So viel wie im Januar.« Damals hatte er 200 000 Dollar erhalten. Tarik hatte das Geld sorgsam ausgegeben, aber die Geräte, die er benötigte, waren unvermeidbar teuer.
    »Noch mal so viel?«, gab Khadri mit schneidendem Lachen zurück. »Hältst du deinen Onkel für so reich?«
    Tarik schwieg.
    »Ich werde es arrangieren«, sagte Khadri schließlich. »Wie geht es deiner Frau?«
    »Ach, Onkel, ich weiß nicht, was ich tun soll.«
    »Sorge nur dafür, dass sie dich nicht ablenkt, mein Neffe.«
    Das ist leicht gesagt, dachte Tarik. »Wirst du bald zu Besuch kommen? Ich würde dich sehr gern sehen.«
    »Ich wünschte, ich könnte es«, gab Khadri zurück. »Aber ich habe zurzeit viel zu tun. Bist du sicher, dass du keine Konkurrenten hast?«
    »Ich bin sehr vorsichtig gewesen.«
    »Nun gut, mein Neffe. In dieser Sache bin ich ganz in deiner Hand.« Khadri seufzte, als würde ihm dieses Eingeständnis
Schmerzen bereiten. »Arbeite fleißig weiter. Du weißt, dass die ganze Familie große Hoffnungen in dich setzt. Wir hören bald wieder voneinander.«
    »Ich werde dich nicht enttäuschen, Onkel.«
    Klick.
     
    Tarik wünschte, dass Khadri den Keller jetzt sehen könnte. Sein »Onkel« wäre sicher beeindruckt. Vor zwei Tagen hatte Tarik Y.-pestis -Kolonien aus den Petrischalen in einen Becher mit Hirn-Herz-Bouillon übersiedelt. Nun sah Tarik, dass die Übersiedlung erfolgreich war. Während die Nährlösung in den Phiolen klar war, hatten sich an den Glaswänden weiße Bakterienringe abgesetzt. Das war ein sicheres Zeichen einer Pestkolonie. Im Gegensatz zu den meisten Krankheitserregern verteilte sich Y. pestis nicht leicht in einer Lösung, sondern zog es vor, sich zusammenzuklumpen.
    Tarik goss die Bouillon in eine Glasschale, wobei er vorsichtig die Pestkolonien von den Wänden der Becher kratzte. Mit einem Draht mischte er die Kolonien sorgsam durch, bis sich die Bakterien in der gesamten Bouillon verteilten. Nun würde er versuchen, die Bakterien zu aerosolieren. Dazu verband er einen einfachen Gummischlauch mit einer kleinen Elektropumpe. Nachdem er das freie Ende des Gummischlauchs in die Mischschale gesteckt hatte, schaltete er die Pumpe ein. Einen Augenblick später stiegen aus der Lösung Blasen auf, als würde Urschleim überkochen.
    Selbstverständlich wusste Tarik, dass dies das einfachste Verfahren war, um Bakterien zu aerosolieren. Aber er wollte lediglich prüfen, ob der Pesterreger überlebte, wenn er von den Bechern in die Schale gegossen wurde, und ob dieses einfache Aerosol eine Infektion hervorrufen konnte. In der Fachsprache nannte man dies ein Machbarkeitsexperiment.
Deshalb musste Tarik nun sechs weitere Mäuse in einen Käfig neben die Mischschale setzen. Ohne zu wissen, welches Schicksal sie erwartete, krochen sie gelassen in dem Metallbehälter umher.
    Tarik arbeitete noch eine weitere halbe Stunde in seinem Schutzraum und übersiedelte Pestkolonien von den Petrischalen in die Becher mit Nährlösung. Für alle geplanten Experimente würde er viel mehr Pesterreger benötigen. Sorgfältig notierte er die Temperatur und Luftfeuchtigkeit im Käfig und die Anzahl der aus der Schale aufgestiegenen Blasen pro Sekunde. Gewiss waren das einfache Dinge. Aber die meisten

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