John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes
meldet sich summend ein Nextel-Funkgerät. »Ty?«, fragte ein Mann.
Wells griff nach dem Funkgerät. »Sag ihm, dass eine betrunkene Fahrerin den Escalade gerammt hat, aber dass niemand verletzt ist. Die Cops sind schon auf dem Weg, und du kommst auch gleich hinein. Verstanden?«
Ty nickte. Wells hielt das Funkgerät an Tys Mund und drückte auf den Sprechknopf.
»Hank. Eine Betrunkene hat Jimmy gerammt, aber alle sind in Ordnung. Die Cops sind auf dem Weg. Ich bin in fünf Minuten zurück.«
»Verstanden. Halt mich auf dem Laufenden.«
»Werde ich.«
Wells warf das Funkgerät weg. »Guter Junge. Nur noch eine Frage. Wo schläft er? Kowalski?«
Ty zögerte. »Anna hat das große Schlafzimmer bekommen. Er ist im ersten Stock, links, an der Vorderseite.«
Wells zog eine Spritze aus der Tasche und stach sie dem Wächter in den Hals. Mit geweiteten Augen zerrte er an den Handschellen und versuchte, sich zu Wells umzudrehen. Dann wurde seine Atmung schwach und er stürzte wie ein reumütiger Büßer vor Wells’ Füßen zur Erde.
Einer noch, dachte Wells. Wieder sah er auf die Uhr: 3:11.
Wells lief an die Hinterseite des Hauses, von wo Ty gekommen war. Er kam an einem olympiatauglichen Swimmingpool mit Schieferauskleidung vorüber, der über drei Sprungbretter verfügte: niedrig, mittel und hoch. Von der Granittreppe an der Rückseite nahm er jeweils zwei Stufen auf einmal. Die Terrassentüren standen offen. Er trat in eine schimmernde Küche. Polierte Kupferkessel hingen von der Decke; neben einem Pizzaofen stand ein Gasofen. Im Haus
war es still. Wells ging durch einen Korridor, der von Hunderten Weinflaschen gesäumt war, und dann die lange Hintertreppe hinauf.
Auf halber Höhe verlangsamte Wells den Schritt und zog die zweite Blasrohrpistole aus seinem Rucksack. Er hatte zwei bereits geladen mitgenommen, um nicht wertvolle Zeit damit zu vergeuden, die Spritzen nachzuladen. Knapp unterhalb der letzten Stufe blieb er stehen. Die Stiege bildete den Stamm eines Ts, von dem aus ein Korridor entlang der Längsachse des Hauses nach rechts und links lief. Wells streckte den Kopf über die oberste Stufe hinaus. Wie erwarte stand ein Mann nur sieben Meter entfernt mit einer Pistole im Hosenbund vor einer verschlossenen Tür.
»Ty«, sprach er drängend in sein Funkgerät. »Komm schon, ich bin es, Ty … Jimmy? Verdammt.« Er ging auf die Treppe zu. Wells trat einen Schritt zur Seite, um freie Bahn für die Blasrohrpistole zu bekommen, und drückte auf drei Meter Entfernung ab. Psst. Der Pfeil drang in den Bauch des Mannes ein, der leise seufzte. Während seine Knie brachen, entglitt ihm das Funkgerät. Wells sprang vor, um ihn aufzufangen, ehe er auf den Teppich stürzte, und legte ihn vorsichtig ab.
Dann stieg Wells über ihn, um die weiße Holztür am Ende des Ganges zu prüfen. Versperrt. Er zog die Pistole, zielte auf das Schloss und drückte zweimal ab. Das Metall knirschte, als die Kugeln das Schloss durchschlugen. Mit der Schulter stieß er die Tür auf.
Hinter der Tür ging der Korridor weiter. Wells lief den Gang hinunter nach links, wo eine offene Tür in ein leeres Schlafzimmer führte. Auf der anderen Seite befand sich eine geschlossene Tür. Wells legte das Ohr an die Tür und lauschte. Stille. Am anderen Ende des Ganges gab es noch
eine Tür. Während sich Wells dieser näherte, hörte er ein tiefes Schnarchen.
Er öffnete die Tür und schaltete das Licht ein. Ein antiker Seidenteppich in schillernden Gelb- und Blautönen reichte bis in die Ecken des übergroßen Schlafzimmers. Kowalski, ein fetter Mann mit winzigen Schweinsaugen, schlief allein in dem überdimensionalen Himmelbett. Über und um ihn herum lagen weiße Seidenlaken wie Zuckerguss auf einer bauchigen Torte. Verschlafen knurrte er wegen der Lichter.
»Pierre«, sagte Wells.
Das Schnarchen brach mitten im Atemzug ab. Gleichzeitig schoss Kowalskis Kopf hoch, und die Augen sprangen auf. Mit überraschender Schnelligkeit rollte er sich auf den kleinen Nachttisch zu …
Aber Wells kam ihm zuvor. Er trat ans Bett heran und richtete die Pistole auf ihn. Sobald Kowalski die Waffe sah, hielt er inne.
»Hände hoch«, sagte Wells. Zögernd gehorchte Kowalski. »Strecken Sie die Arme aus, und greifen Sie mit jeder Hand nach einem Pfosten.« Der fette Mann zauderte. »Jetzt.« Wells drückte den Abzug seiner Glock, sodass eine Kugel in die Wand neben dem Bett einschlug.
»Bitte bleiben Sie ruhig«, sagte Kowalski, während er die Arme
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