John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes
und ein halbes Dutzend Schiffe und drei Jagd-U-Boote an die letzte bekannte Position entsendet. Williams fragte sich, ob sie es finden würden. Das U-Boot hatte sich an seine Sonaroperatoren herangeschlichen und dies, obwohl sie bei allen Tests innerhalb der Navy immer überdurchschnittliche Ergebnisse erzielt hatten. Offenbar hatten die Chinesen ihre Technologie in den letzten Jahren deutlich verbessert. Die Flotte müsste nun hier draußen wesentlich vorsichtiger sein, so viel wusste Williams.
Und er wusste noch etwas: Selbst mit neuen Torpedos, neuen U-Booten, neuen Was-auch-immer hatten die Chinesen heute einen gewaltigen Fehler begangen. Glaubten sie tatsächlich, dass die USA sie nicht strafen würden für das, was sie getan hatten?
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Wells wachte schlagartig auf.
Augenblicklich wünschte er, er hätte es nicht getan. Seine rechte Schulter, die er sich in Afghanistan ausgerenkt hatte, brannte wie glühende Lava. Er verdrehte den Kopf, um sich umzusehen und eine Bestandsaufnahme zu machen. Er schien … er schien über dem Boden zu hängen wie ein Schwein im Schlachthof. Seine Handgelenke waren gefesselt und hingen über seinem Kopf an einer dicken Stahlkette, die hinter ihm an der Wand befestigt war. Seine Knöchel waren nach hinten gezogen, sodass sie auf derselben Höhe hingen wie seine Taille, und mit Fußfesseln direkt an die Wand gekettet. Seine Knie und Schultern trugen sein gesamtes Gewicht, während sein Körper vornübergeneigt über dem Betonboden schwebte. Würde man seine Arme losmachen, würde er mit dem Kopf aufschlagen, noch ehe er mit den Händen den Fall abstützen könnte. Er versuchte, still zu halten. Schon die geringste Bewegung verursachte ihm stechende Schmerzen in der Schulter, in der eine Sehne nach der anderen Feuer zu fangen schien.
Wells sah sich im Raum um. Hose, T-Shirt, Schuhe und Socken hatte man fein säuberlich in einer Ecke auf den Boden gelegt. Die schwarzen Boxershorts mit Halloween-Muster hatte man ihm belassen. Exley hatte versucht, ihn zu einem Wechsel von Boxershorts zu Slips zu bewegen, die ihm ausgezeichnet
stehen würden, wie sie ihm versicherte. Das war jedoch ihr einziger Versuch geblieben, seine Kleidung ein wenig auf Vordermann zu bringen. Jetzt war er froh, dass er sich geweigert hatte. Allerdings hätten die engen Slips vermutlich weniger lächerlich gewirkt als die grinsenden Kürbislaternen. Süßes, sonst gibt es Saures. Wie wahr. Welche Unterwäsche trug man am besten zu einer Folterung? Wells vermutete, dass dies eine Frage war, auf die es keine Antwort gab. Schwarz war eine gute Wahl, darauf sah man das Blut nicht.
Bis zu einem gewissen Grad bewunderte er diese Aufhängung. Seine Peiniger gelangten auf diese Weise an sein Gesicht, seine Beine, seinen Hals und alles andere, ohne ihn dafür umdrehen zu müssen. An ein Entkommen war nicht zu denken. Die Fesseln waren so eng, dass er Hände und Füße kaum spürte. Er würde hier so lange hängen, wie sie ihn hängen ließen. Oder bis er starb.
Auch die Zelle rund um ihn hatte wenig Aufmunterndes zu bieten. Es war ein quadratischer Raum von sieben Metern Seitenlänge, der spärlich mit Holzstühlen ausgestattet war. Ohne Fenster, selbstverständlich. Die Wände waren weiß gefliest und der Boden ein Durcheinander von schwarzen Flecken als Erinnerung an vergangene Qualen. In der Mitte des Bodens war ein Ablauf, um Blut und Erbrochenes leichter zu entfernen. Der saure Geruch war eine Mischung aus Umkleidekabine und Schlachthof. Das einzige beruhigende Element war die Sicherheitskamera in der Ecke, deren schwarz umrahmte Linse im Raum langsam ihre Kreise zog.
An der gegenüberliegenden Seite der Zelle befand sich eine breite Stahltür mit einem winzigen Guckloch. Wells
hörte keinen Laut der Außenwelt. Vermutlich waren die Wände schalldicht. Er wusste nicht, wo er sich befand, und ob es Tag war oder Nacht. Allerdings hatte er das Gefühl, dass seit seiner Verhaftung nicht allzu viel Zeit vergangen war. Sobald man ihn aus dem Hof gebracht hatte, hatte man ihn mit einem schnell wirkenden Betäubungsmittel außer Gefecht gesetzt. Vielleicht mit demselben Zeug, das er für Kowalskis Männer verwendet hatte.
Wells’ Magen verkrampfte sich. Shafer hatte recht. Cao Se war ein verräterischer Bastard. Möglicherweise hatte aber auch der Maulwurf Wells irgendwie angekündigt. Auf jeden Fall wussten die Chinesen, dass er kommen würde. Jetzt musste er seine Bestrafung entgegennehmen und an seiner
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