John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes
für den Feind – »wird nach mir suchen. Intensiv.«
»Verstanden.«
»Noch eines: Was auch immer sie drüben planen, stell sicher, dass sie warten. Keine Gegenangriffe. Ich weiß, warum das alles hier passiert. Und vielleicht können wir es stoppen.«
»Ich werde es ihnen sagen.«
»Ich liebe dich, Jenny.«
»Ich liebe dich auch, John.« Exley seufzte. Selbst über eine Entfernung von neuntausendsiebenhundert Kilometern wusste Wells, was ihr gleichzeitig trauriger und stolzer Tonfall bedeutete: »Versuch, am Leben zu bleiben.«
Wells legte auf und schaltete das Mobiltelefon aus. Jetzt war es Exleys Aufgabe, Mittel und Wege zu finden, um das Weiße Haus und das Pentagon dazu zu bewegen, ein bis zwei Tage zu warten. Auf jeden Fall lange genug, sodass Cao und er fliehen könnten.
Die Uhr an der Wand des Lagerraums zeigte 16:45. Cao blieb nicht mehr viel Zeit. Wenn sie es nicht schon getan hatten, würden sich die Wächter im Vernehmungszentrum nun bald über seine Anweisungen hinwegsetzen und in den Raum vordringen, in dem Wells festgehalten worden war. Ab diesem Augenblick würden Cao und er die meistgesuchten Männer in ganz China sein. Bevor es so weit kam, sollten sie sich auf den Weg nach Yantai machen. Allerdings wusste Wells immer noch nicht, wie Cao sie dorthin bringen wollte.
Wells spannte die Beine an und versuchte aufzustehen. Keine Chance. Als er schwerfällig auf seinen Stuhl zurückplumpste, jagte ihm der Ruck einen brennenden Schmerz durch die Rippen. Seine grauhaarige Krankenschwester hob mahnend den Finger und sprach auf Chinesisch auf ihn ein. Wells konnte nur raten, was sie meinte: Ruh dich aus. Dann verließen ihn die beiden Frauen, drehten das Licht ab und schlossen die Tür. In der warmen Dunkelheit stieg Wells der Geruch von Kartoffeln und Zwiebeln in die Nase.
Sobald er die Augen schloss, fiel sein Kopf vornüber. Aber bevor er einschlief, sorgte er noch dafür, dass er die 22er in der Hand hielt. Falls Polizisten durch die Tür kämen, wollte er so viele wie möglich mit sich nehmen.
34
Zwölf Zeitzonen hinter Wells zog Exley eine Sporthose und eine halbwegs saubere Bluse an und ging auf die Thirteenth Street hinunter, wo die CIA-Sicherheitsleute unter dem dunklen Himmel vor der Dämmerung in ihren schwarzen Lincolns warteten. Als sie sich dem vorderen Lincoln näherte, öffneten sich die Türen und die Sicherheitsleute stiegen aus.
»Mrs Exley.«
»Bitte bringen Sie mich zu Ellis Shafers Haus.«
Die Lincolns schossen heulend davon. Ein aus zwei Autos bestehender Konvoi mit Sirenen und Blinklichtern. Fünfzehn Minuten später klopfte sie an Shafers Tür. Sie hoffte, dass er eine Idee hätte. Auf der Fahrt hierher war ihr erst bewusst geworden, wie gering ihre Chancen auf Erfolg waren. Wells hatte keinen Transponder bei sich, und es gab auch sonst keine Möglichkeit, ihn zu erreichen. Er hatte ihr nicht einmal mitgeteilt, welche Art von Schiff er verwenden würde, geschweige denn den Namen des Schiffes. Das Gelbe Meer war praktisch chinesisches Territorium, vor allem unter diesen Umständen. Wie sollten sie ihn finden und herausholen?
Mit verschlafenem Blick öffnete Shafer die Tür, winkte sie herein und führte sie in den im Keller gelegenen Waschraum. »Ellis …«
»Warten Sie. Hier unten ist es zwar sauber, weil ich den Keller jeden Monat prüfen lasse, aber nur für alle Fälle.« Mit diesen Worten schaltete er die Waschmaschine und den Trockner ein. »Jetzt«, sagte er schließlich.
»John hat angerufen.«
»Von wo?«
»Aus Peking.« Sie erklärte, was ihr Wells gesagt hatte.
Als sie fertig war, schüttelte Shafer den Kopf. »Kein Hinweis darauf, was er erfahren hat?«
»Nein. Nur dass er weiß, warum dies alles geschehen ist. Und dass er es stoppen kann. Wir müssen mit Duto sprechen.«
»Um ihm zu sagen, dass wir alle Hebel in Bewegung setzen müssen, um John Wells zu retten. Das wird ein Vergnügen.« Er bedeutete ihr hinaufzugehen. »Fahren Sie nach Hause und ziehen Sie sich um. Ich treffe Sie in zwei Stunden in Langley.«
»In zwei Stunden?«
»Davor können wir ohnehin nichts tun. Er wird die Küste erst in ein paar Stunden verlassen. Außerdem wird uns niemand in dieser Kleidung ernst nehmen.« Er trug einen Pyjama der Redskins, was sie bisher bewusst ignoriert hatte.
»Der Punkt geht an Sie.«
Exley und Shafer saßen in einem fensterlosen, schalldichten Konferenzraum in Langley, und ihnen gegenüber Tyson und Vinny Duto. Offenbar wirkte sich
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