John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes
Als ich noch bei ihnen war, machten sie sich nie die Mühe, sie zu verstecken.«
»Das bedeutet …«
»Das beweist gar nichts«, wehrte Wells ab. »Aber es ist ein Hinweis darauf, dass sie eine Ausbildung erhalten.« Er sah zu Exley hinüber. »Gut gemacht, Jenny. Auch wenn ich gestehe, dass ich nicht begreife, was hier läuft. Wer könnte verrückt genug sein, um die Taliban gerade jetzt zu unterstützen?«
»Welche Botschaft sollen wir an Bagram weitergeben?« Die Bagram Air Base lag nördlich von Kabul und war das Hauptquartier des amerikanischen Militärkommandos in Afghanistan.
»Sie müssen das Camp angreifen«, sagte Wells. »Sie müssen herausfinden, ob es tatsächlich besteht. Aber das wird eine schwierige Sache, denn wer auch immer dort oben ist, kann jeden ins Kreuzfeuer nehmen, der den Pfad hinaufkommt. Und ich wette, dass sie ziemlich schweres Zeug in diesen Höhlen lagern. Minenwerfer, raketengetriebene Granaten, einige Boden-Luft-Raketen.«
»Haben Sie Lust, hinzufliegen? Sommerurlaub in Afghanistan? Um der alten Zeiten willen?«
Obwohl Shafer die Frage gestellt hatte, sah Wells nicht zu ihm, sondern zu Exley hinüber. Wie sie die begeisterte Gier in Wells’ Gesicht hasste! Er sah wie ein Hund aus, der eben die Fährte des Fuchses aufgenommen hatte. Gab ihm das Töten einen solchen Kick? Sie war nicht sicher, ob sie die Antwort darauf wirklich wissen wollte. Einerlei, denn immerhin hatte sie Shafer gesagt, dass sie Wells für diese Mission haben wollte. Um ihn auf die Probe zu stellen und aus seiner Starre zu lösen.
»Tu es, John.« Alles war besser als das Motorrad, dachte sie.
»Wenn mich die Kerle in Bagram haben wollen, werde ich darüber nachdenken.«
»Es wird einige Tage kosten, alles vorzubereiten, aber Sie haben recht, wir müssen angreifen«, sagte Shafer. »Und sie werden Sie gern in ihren Reihen aufnehmen.«
Shafers Telefon schrillte. Er legte einen Finger an die Lippen, um Exley und Wells zu warnen, dass sie still bleiben sollten, und hob dann ab. »Hallo, Mr Tyson.« George Tyson war stellvertretender Direktor des Spionageabwehrdienstes und somit jener Mann, der dafür zu sorgen hatte, dass feindliche Spionagedienste nicht die CIA unterwanderten.
»Wann? Wo? Morgen wäre besser … Nein … wenn es dringend ist, okay. Wir treffen Sie dann. Ja. Wir. Ich und die zwei Musketiere.«
Er deckte das Mikrofon ab. »Seltsam. Tyson will noch heute Nacht mit uns sprechen. Nicht hier. Er sagt, dass in Korea etwas passiert sei.«
5
Verraten. Das Wort hallte in Becks Kopf wider, während er die rückwärtige Luke des Schnellbootes öffnete und den Transponder in das aufgewühlte Wasser hinter dem Boot schleuderte. Verraten. Nachdem er die Luke schwungvoll geschlossen hatte, versetzte er Sung einen Hieb, sodass dieser gegen die Seitenwand der Kabine prallte. Verraten. Mit der linken Hand presste er Sung gegen das getönte Glas, während er ihm mit der rechten Faust einen Schlag in den weichen Bauch versetzte. Der Mund des Nordkoreaners klappte auf, und seine Beine gaben nach. Während er auf den Boden glitt, rang er wortlos nach Luft.
»Frag ihn«, forderte Beck Kang auf. »Frag ihn, warum er uns tötet.« Beck war auf sich selbst noch wütender als auf Sung. Er hätte den Rucksack kontrollieren müssen, sobald Sung an Bord war. Aber er konnte es sich einfach nicht vorstellen, dass Sung seine einzige Hoffnung auf Flucht zerstören würde.
»Wenn er nicht redet, jage ich ihm eine Kugel in den Leib.« Bei diesen Worten zog Beck seine Pistole. »Genau das werde ich tun. Sag es ihm.«
Als Kang mit seiner Übersetzung fertig war, blieb es zunächst still in der Kabine. Schließlich begann Sung stockend zu sprechen.
»Er sagt, dass der Sicherheitsdienst seine Familie hat.
Seine Frau, seine Eltern, seine Kinder und seine Cousins. Sie alle werden sterben, wenn er nicht tut, was man ihm aufgetragen hat.«
»Was hat er getan, dass seine Tarnung aufgeflogen ist?« Als Sung Kangs Übersetzung hörte, schüttelte er den Kopf.
»Er hat nichts getan. Da ist er sicher. Es muss jemand auf unserer Seite gewesen sein. Eines Tages kam die Polizei. Sie ließen nichts gelten, was er sagte, denn sie wussten alles.«
»Warum haben sie uns nicht einfach festgenommen und das Boot versenkt, als wir landeten?«
Diesmal sagte Sung nichts. Beck legte die Pistole zur Seite, kniete sich auf Sungs Brust und versetzte ihm zwei Schläge ins Gesicht. Als er beim zweiten Schlag auch die Kraft seiner Schulter
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