John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes
ausgestattet. Wells steckte eine graugrüne Aluminium-CS-Granate in den 203-Werfer.
»Aber Sir …«, sagte Gaffan.
»Hören Sie auf, mich Sir zu nennen, Sergeant. Nennen Sie mich John oder Wells oder Soldat oder wie auch immer, nur nicht Sir. Dabei fühle ich mich zweihundert Jahre alt.«
»Ja, Mr Wells.«
»Mr Wells? In Ordnung, das sollte gehen. Aber jetzt keine weitere Diskussion, sondern laden.« Auf dem Bauch liegend, beugte Wells die Arme so am Ellbogen, dass der Lauf seines Karabiners wie ein Minenwerfer in die Luft stand. Er stellte sich vor, dass die Gasgranate in einem Bogen aus der M4 herausgeschleudert würde und wie ein perfekt platzierter Fußball hinter den Felsen landete. Dann drückte er
ab. Der Karabiner zuckte zurück, während die Granate zischend davonflog.
Wenige Sekunden später trieb weißer Rauch etwa einhundert Meter über dem Eingang zur Höhle den Berghang hinab. Nicht nahe genug. Wells blieb auf dem Bauch liegen und hielt die Arme still.
»Geben Sie mir Ihren M4, und laden Sie meinen nach«, sagte er zu Gaffan, der ihm seinen Karabiner in die Hände drückte. Wells zog die Arme ein wenig zurück, rechnete neu und stellte sich wieder vor, dass der Gaskanister hinter den Felsen landete. Dann drückte er ab. Die Granate schlug diesmal dreißig Meter vor ihrem Ziel ein. Besser, aber noch nicht gut genug.
Während sich der weiße CS-Rauch über das Plateau verteilte, rasselte rund um Wells und Gaffan eine Maschinengewehrsalve. Eine RPG schoss durch eine Lücke in den Felsen hervor und segelte über ihre Köpfe hinweg. Gut. Die Männer hinter den Felsen bekamen es allmählich mit der Angst zu tun.
»Noch mal«, sagte Wells. Wieder tauschte Gaffan die Waffen aus. Wells senkte den Lauf um eine Kleinigkeit und drückte den Abzug. Pop! Diesmal landete der Kanister auf den Felsen, hinter denen sich die Taliban-Kämpfer verbargen. Wie Wells gehofft hatte, strömte der Rauch in alle Richtungen. Er hatte sich für die CS-Granaten anstelle der hochexplosiven Standardgranaten entschieden, weil er mit den CS-Granaten nicht so genau zielen musste. Wenn er auch nur einigermaßen in die Nähe kam, würde sich das Gas über die Felsen verbreiten und für ihn seine Arbeit tun.
Männer brüllten auf Arabisch. Sekunden später begannen sie zu husten. Es war ein wildes abgehacktes Husten,
als versuchten die Männer hinter den Felsen, die vergifteten Lungen auszuhusten.
»Noch mal.« Wieder gab ihm Gaffan einen nachgeladenen Karabiner. Wells veränderte sein Ziel nur minimal und feuerte erneut. Diesmal ging der Schuss etwas zu weit, sodass das Geschoss einige Meter über der Höhle auf dem Berghang landete. Aber der Rauch ergoss sich hinunter in den Bereich, in dem sich die Kämpfer verbargen. Das Husten wurde lauter.
»Ziehen Sie die Maske über«, sagte Wells. »Eine noch, dann stürmen wir.«
Nachdem Wells den fünften Kanister abgefeuert hatte, zog auch er die Gasmaske über. Durch die Maske wurde das Atmen zu einer bewussten Entscheidung, anstatt zu einer automatischen Tatsache. Einatmen. Lungen füllen. Ausatmen. Hören, wie die Luft durch den Aktivkohlefilter rasselte. Wieder einatmen.
Wells setzte den Helm auf und steckte eine neue Granate in den Granatwerfer – diesmal keine CS, sondern eine hochexplosive Standardgranate. Zwei Männer in braunen Gewändern krochen mit schwankenden Körpern hinter den Felsen hervor. Klumpen von weißem Speichel liefen an ihren Gesichtern herab.
Gaffan legte an. »Warten«, befahl Wells. Aber außer den beiden Männern tauchten keine weiteren auf.
»Okay. Ausschalten.«
Gaffan drückte den Abzug seines Karabiners. Der erste Kämpfer zuckte spastisch und stürzte dann mit dem Gesicht voran zu Boden. Der zweite Mann stand auf, drehte sich zu ihnen um und hob blind die Arme. Ob als Abwehr oder Zeichen der Kapitulation war nicht klar. Gaffan wartete nicht darauf, es herauszufinden. Er schoss erneut. Der
Mann stöhnte, presste eine Hand an sein Gewand, wirbelte um die eigene Achse und fiel.
»Sieht aus, als hätten wir die Dummköpfe erwischt«, sagte Gaffan. Hinter den Felsen hörte man immer noch verzweifeltes Husten. Mindestens zwei Männer waren noch übrig, dachte Wells. Es hatte keinen Sinn, länger zu warten. Das Reizgas war fies, aber seine Wirkung ließ auch rasch nach. »Geben Sie mir Deckung«, sagte er zu Gaffan. »Auf drei.«
»Ich gehe, John.« Gaffan war im Begriff aufzustehen.
Wells zog ihn wieder hinunter. »Sie geben mir Deckung.« Wells
Weitere Kostenlose Bücher