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John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

Titel: John Wells Bd. 3 - Stille des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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Die Kinder umarmten Wells, aber Randy gab ihm noch nicht einmal die Hand. Mit der lässigen Businesskleidung, dem leichten Bauchansatz, dem kurzen Haar und der schwarzen Laptoptasche war er das exakte Gegenteil von Wells. Wells wusste, dass er Exley geliebt hatte. Vielleicht tat er es immer noch. Jedenfalls fixierte er Wells vom anderen Ende des Wartezimmers mit vorwurfsvollen Blicken - Das geht auf deine Kappe. Deine Schuld.
    Gegen vierzehn Uhr kam schließlich ein Mann in blauer OP-Bekleidung aus der Doppeltür, die zur Notaufnahme führte. Um seinen Hals baumelte ein Mundschutz, und sein Blick war müde, aber seine Bewegungen strahlten Zuversicht aus.
    Er sah sich im Wartezimmer um und gab Wells ein Zeichen. Randy erhob sich ebenfalls und stellte sich mit unfreundlicher Miene zu den beiden.
    »Ich bin Dr. Patel. Gehören Sie beide zur Familie?«
    »Ich bin John Wells, ihr Verlobter.«
    »Seit wann denn das?«, fragte Randy.
    »Wir wollten es dir noch erzählen.«
    »Und Sie sind?«, erkundigte sich Patel bei Randy.
    »Ihr Exmann.« Er deutete auf David und Jessica. »Das sind unsere Kinder.
    »Gut, wenn das so ist … Miss Exley wurde schwer verletzt.
Sie hatte Glück, dass sie sofort ins Krankenhaus gebracht wurde. Die Kugeln wurden schräg von hinten abgefeuert und traten durch den Rücken ein.« Patel berührte seinen eigenen Rücken, um die Position der Verletzungen zu bezeichnen. »Eine hat die Lendenwirbel L2 und L3 beschädigt, die andere die Leber. Da Leberverletzungen stark bluten, haben wir uns zunächst darum gekümmert. Miss Exley hat mehrere Liter Blut verloren, aber wir konnten die Blutung zum Stillstand bringen, und sie dürfte sich nicht mehr in unmittelbarer Lebensgefahr befinden. Mit der Wirbelsäulenverletzung haben wir uns noch nicht befasst, dafür ist eine zweite Operation erforderlich, die für morgen angesetzt ist. Langfristig gesehen ist die Prognose günstig. Wie Sie vielleicht wissen, besitzt die Leber die Fähigkeit, sich zu erneuern.«
    »Danke«, sagte Wells.
    »Gott sei Dank«, meinte Randy.
    Patel hob die Hand. »Ich weiß nicht, ob ich mich klar genug ausgedrückt habe. Selbst wenn die zweite Operation glatt verläuft, wird sie Rehabilitationsmaßnahmen benötigen, um wieder richtig gehen zu können.«
    »Sie ist gelähmt«, stellte Randy fest.
    »Wir gehen davon aus, dass die Lähmung nur vorübergehend ist. Das Rückenmark ist stark entzündet, aber die Nervenstränge scheinen intakt zu sein. Die Schwellung dürfte im Laufe der Zeit zurückgehen, so dass die motorische Steuerung eigentlich wieder funktionieren müsste. Allerdings gibt es bei solchen Verletzungen keine Garantie.«
    »Können wir sie sehen?«
    »Nur ganz kurz.« Patel deutete mit dem Kopf auf Exleys Kinder. »Die Kinder am besten noch nicht. Sie ist sehr erschöpft.«

    »Verstehe.« Randy drehte sich zu Wells um. »Bist du jetzt zufrieden, John? Hast du erreicht, was du wolltest?«
    Sein Atem roch nach Pfefferminz - vermutlich war das für Manager der mittleren Führungsebene Pflicht -, aber sein starres Lächeln erinnerte Wells an einen Vampir, der sich anschickt, seinem Opfer die Zähne in den Hals zu schlagen. Wells trat einen halben Schritt zurück, wobei er sich fragte, ob Randy wirklich so dumm sein würde, im Krankenhaus eine Schlägerei anzufangen.
    »Alles in Ordnung, meine Herren?«, fragte Patel.
    »Und wie«, gab Randy zurück.
    »Dann ist es ja gut. Wenn Sie bitte mitkommen würden, Mr Wells. Sie warten am besten mit den Kindern hier.« Der letzte Satz hatte Randy gegolten.
    Wells folgte Patel durch einen breiten Gang zu einem Zimmer, das als »Notaufnahme - Aufwachraum 1« gekennzeichnet war. Als er durch die Tür trat, wurde Wells klar, warum der Arzt David und Jessica nicht zu Exley lassen wollte. Ihre geschlossenen Augen lagen tief in den Höhlen, und ihr ganzes Gesicht war eingefallen und erschöpft. Im grellen Licht wirkte die Haut kalkweiß. Um sie herum piepsten Monitore, die Puls, Atmung und andere Vitalfunktionen überwachten. Aus einem Behälter tropfte Infusionslösung in einen Schlauch an ihrem Arm. Aus der Gaze, die ihren Bauch bedeckte, ragten zwei weitere Schläuche. In einem pulsierte langsam eine durchsichtige Flüssigkeit, der andere war mit hellrotem Blut gefüllt.
    Seine Liebste. Und all das war seine Schuld, ganz allein seine Schuld.
    Wells nahm ihre Hand. Ihr Puls flatterte hektisch und schwach in seiner Handfläche. Ihre Augen öffneten sich,
schlossen sich wieder, öffneten

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