John Wells Bd. 3 - Stille des Todes
mit den Wachposten draußen wären unerträglich gewesen.
Er lehnte Allams Angebot, in einem gepanzerten Suburban mitzufahren, ab und holte stattdessen den kleinen Subaru Impreza aus der Garage. Leider bestand Allam darauf, dass ihn zwei Suburbans mit eingeschaltetem Blinklicht in die Mitte nahmen.
Während sie unter Sirenengeheul mit hundertdreißig Kilometern pro Stunde in Richtung Langley rasten, wurde Wells klar, dass es sehr, sehr lange dauern würde, bis in ihrem Leben wieder Normalität einkehrte - selbst wenn Exley wieder völlig gesund wurde, was er glauben musste, wenn er nicht verrückt werden wollte. Dieser Angriff hatte ihnen das bisschen Privatleben geraubt, das ihnen noch verblieben war. Bis auf Weiteres würden sie wie in einem Kokon leben.
Auch dafür sollte Kowalski bezahlen.
In Langley erfuhr Wells von Shafer, dass CIA und FBI eine gemeinsame Taskforce von achtzig Agenten eingerichtet hatten. Bei Bedarf sollten noch mehr Leute abgestellt werden. Anhand der Schlüsselkarte war es den Ermittlern gelungen, die Spur der Russen zum Key Bridge Marriott in Arlington zurückzuverfolgen. Nach Aussage des Hotelpersonals hatten die Männer vor sechs Tagen die Zimmer 402, 403 und 404 bezogen. Bezahlt hatten sie mit einer einzigen Kreditkarte, einer MasterCard der Bank Zachodni in Warschau. Sie waren für sich geblieben und hatten erklärt, geschäftlich in Washington zu tun zu
haben. Nach eigener Aussage wollten sie eine Woche, vielleicht auch länger bleiben. Am Hotel hatten sie nur ihren Nissan Pathfinder abgestellt, nicht die Motorräder, die offenbar woanders auf sie warteten. Sie hatten um ruhige Zimmer gebeten. Beim Einchecken hatte sich der Rezeptionist das Kennzeichen des Pathfinder geben lassen, was bei der Agency kurze Aufregung auslöste. Eine Überprüfung ergab jedoch, dass die Nummer falsch war. Alles in allem war niemandem im Marriott etwas Ungewöhnliches aufgefallen. Die Männer waren keine Amerikaner gewesen, aber was hatte das schon zu sagen? Menschen aus aller Herren Länder hatten in Washington zu tun.
Während das Personal des Hotels befragt wurde, durchsuchten Kollegen die Zimmer 402, 403 und 404 bis in den letzten Winkel. Jedes einzelne Möbelstück wurde entfernt und auseinandergenommen. Bisher war nicht viel dabei herausgekommen. In Zimmer 402 hatten die Ermittler eine kaum gelesene russische Ausgabe von Sakrileg gefunden, in Zimmer 403 eine zerknüllte leere Marlboro-Red-Packung und ein leeres Briefchen Streichhölzer aus dem Reverse, einem Moskauer Nachtklub. Die Russlandabteilung der CIA, die die Ermittlungen unterstützte, wusste zu berichten, dass sich das Reverse bei russischen Geheimdienstoffizieren großer Beliebtheit erfreute. In Zimmer 404 stießen die Ermittler auf eine halbleere Flasche Wodka und drei saubere Gläser.
Aber keine Pässe, weder echte noch falsche. Kein Bargeld. Keine Computer. Keine Handys. Kein Pathfinder auf dem Parkplatz des Marriott. Die Attentäter hatten offenbar vorgehabt, ihre Motorräder stehenzulassen, die Masken abzunehmen und mit dem Taxi oder der Metro
zu ihrem Pathfinder zu fahren. Da niemand ihr Gesicht gesehen hatte und die Motorräder unter falschem Namen gekauft worden waren, hätte sich ihre Spur verloren.
Wells hatte ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die Taskforce kannte nun die Gesichter der Toten und hatte ihre Fingerabdrücke. Die Ermittler verglichen die Abdrücke mit dem nationalen Vorstrafenregister des FBI und mit den Abdrücken, die Ausländern bei der Einreise in die Vereinigten Staaten abgenommen wurden. In der FBI-Datenbank hatte es keine Treffer gegeben, zwei der Männer waren jedoch bei den Einreisebehörden registriert. Sie waren vor drei Wochen mit einem Direktflug von Delta Airlines von Warschau nach Atlanta geflogen. Ausgewiesen hatten sie sich mit gültigen polnischen Pässen mit gültigen Touristenvisa für die USA, die einige Wochen zuvor in Warschau ausgestellt worden waren. Den Aufzeichnungen zufolge handelte es sich um die Brüder Jerzy und Jozef Godinski.
Langley hatte bereits die polnische Regierung, zu der die Vereinigten Staaten - anders als zum Kreml - freundschaftliche Beziehungen unterhielten, gebeten, die Spur der beiden Männer zu verfolgen, sofern sie jemals existiert hatten. In Langley ging man davon aus, dass sich Namen und Pässe als falsch erweisen würden. Was den dritten Mann, den Beifahrer auf der Ducati, anging, so waren seine Fingerabdrücke nirgends verzeichnet. Das
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