John Wells Bd. 3 - Stille des Todes
sich erneut und richteten sich auf ihn.
»John.« Ihre Stimme klang matt und heiser.
»Jenny.«
»Wo …?«
»Ich bin hier, also kannst du nicht im Himmel sein.« Ihr Blick flackerte, und er merkte, dass sie den Witz nicht verstanden hatte. »Im George Washington Hospital.«
»Die Motorräder.«
Er drückte ihre Hand. »Ja. Ich erzähle dir später die ganze Geschichte. Hast du Schmerzen?«
Sie gab einen Laut von sich, ein leises Seufzen, das anzudeuten schien, dass solch banale Dinge wie Schmerzen außerhalb ihres Bewusstseinsbereichs lagen.
»Das wird schon wieder«, sagte Wells. »Du wirst so gut wie neu, das verspreche ich dir.«
Sie schloss die Augen. Patel berührte ihn am Arm. »Sie braucht jetzt Ruhe.«
»Jenny, David und Jessica sind draußen.« Er küsste sie auf die Wange. »Wir warten alle auf dich. Ich liebe dich.«
Sie antwortete nicht.
Eine Stunde später bekam sie erneut Blutungen. Die Schwestern riefen Wells zu sich und flüsterten ihm die schlechte Nachricht zu. Sie wurde erneut operiert. Zwei Stunden qualvollen Wartens vergingen, bevor Patel wieder erschien. Diesmal wirkte er nicht so munter und zuversichtlich. Er ließ die Schultern hängen und sprach so leise, dass sich Wells vorbeugen musste, um ihn zu verstehen.
»Überraschend ist das in Anbetracht der ursprünglichen
Verletzung nicht. Im Augenblick haben wir die Sache unter Kontrolle, aber es waren weitere Transfusionen erforderlich.«
»Kann ich sie sehen?« Wells war mittlerweile allein. Das Pflegepersonal hatte Randy, David und Jessica in einen anderen Warteraum gebracht.
»Heute bestimmt nicht mehr. Sie braucht absolute Ruhe. Vielleicht morgen.«
Einige Minuten später verließ Wells das Krankenhaus hinten in einem Krankenwagen. Es war der einzige sichere Weg durch den Kordon der Medien. Als er an seinem Haus ausstieg, erwarteten ihn drei Suburbans. In jedem saßen zwei Männer, die die Umgebung im Auge behielten. Zwei weitere Männer waren auf der Veranda postiert. Alle trugen Flakwesten aus Kevlar. Beamte der Agency. Michaels hatte Wells vorgewarnt, und der Grund für dieses Aufgebot lag auf der Hand. Trotzdem war ihm der Gedanke zuwider, dass sich das Haus, in dem er mit Exley lebte, in eine Festung verwandelt hatte.
Der Posten an der Haustür hob eine Hand, als Wells den Schlüssel ins Schloss steckte.
»Leon Allam, Mr Wells«, stellte er sich vor und präsentierte seinen Ausweis.
»Sehr erfreut«, erwiderte Wells.
»Haben Sie was dagegen, wenn wir mit reinkommen? Nur um sicherzugehen, dass es drinnen keine Probleme gibt.«
Allam trug das Haar militärisch kurz geschnitten, und die Kevlarweste wirkte zu Anzug und Krawatte einigermaßen absurd. Wells gab sich Mühe, seine Abneigung zu unterdrücken. Der Mann tat nur seine Arbeit.
»Ich bin mir sicher, es ist alles in Ordnung.« Wells drehte den Schlüssel um. »Ich rufe, wenn ich Sie brauche.«
»Ja, Sir. Aber mir wäre trotzdem wohler, wenn ich hereinkommen dürfte.«
Wells wurde allmählich sauer. »Ist das eine Bitte oder ein Befehl?«
»Eine Bitte.«
»Wenn das so ist, kommen Sie rein. Aber nur, wenn Sie und Ihre Leute diese Flakwesten gegen kugelsichere Westen eintauschen, die unter Ihre Anzüge passen. Sie müssen ja nicht unbedingt die Nachbarn verschrecken.«
Allam zögerte. »In Ordnung, Sir. Sofern Mr Michaels einverstanden ist.«
»Und hören Sie auf, mich mit ›Sir‹ anzureden, das kann ich nicht ausstehen. Mein Name ist John.«
Als er aufschloss, packte Allam ihn am Arm. »Ich würde gern vorgehen und den Eingang sichern.«
»Von mir aus, sichern Sie den Eingang.« Wells verkniff sich die Bemerkung, dass eventuelle Eindringlinge mittlerweile wohl gemerkt hätten, dass sie im Anmarsch waren. Er trat zur Seite, Allam stieß die Tür auf und sprang in den Gang.
»Das Haus ist gesichert!«, brüllte er ein paar Sekunden später.
»Wo kriegen die bloß diese Kerle her?«, murmelte Wells vor sich hin.
Ein paar Minuten später - Allam war im Erdgeschoss geblieben - stellte sich Wells unter die eiskalte Dusche. Er wollte sich selbst bestrafen, wäre am liebsten im Dunkeln gerannt, bis die Knie schmerzten und die Haut an den Füßen Blasen schlug. Aber für den Augenblick musste er sich mit der Dusche zufriedengeben. Er musste herausfinden,
wie der Stand der Ermittlungen war. Also zog er sich an und packte das Notwendigste zusammen. Bis Exley nach Hause kam, würde er in Langley übernachten. Die Nächte in dem leeren Haus ohne sie und
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