John Wells Bd. 3 - Stille des Todes
kommen in ein Land, dessen Sprache Sie nicht sprechen, und bilden sich ein, Sie können Leute, denen Sie noch nie begegnet sind, für Ihre Mission anheuern? Entweder sind Sie ein absoluter Idiot, oder Sie haben Hintergedanken. So oder so ist es für mich zu gefährlich, mit Ihnen Geschäfte zu machen.«
Wells antwortete nicht. Welche Alternativen blieben ihm? Wenn er vorschnell handelte, verdarb er sich alle Chancen, an Markow heranzukommen. Wenn er zu lange wartete, würde ihn das das Leben kosten. Seine Reise nach Moskau war ein Fehler gewesen, das war ihm jetzt klar. Er hatte immer auf seinen Instinkt vertraut, aber diesmal hatte er ihn im Stich gelassen. Oder hatte er nicht auf ihn gehört, weil er zu wütend gewesen war? Auf jeden Fall hatte er den dümmsten aller Fehler gemacht. Er
hatte seine Feinde unterschätzt, sich übernommen, und jetzt saß er in der Falle.
Er sah nur einen Ausweg.
Drei Minuten später kam der Leibwächter mit dem anderen Geldbündel zurück. Jansky löste den Blick von Wells und sah zu dem Mann auf. Das nutzte Wells, um mit der rechten Hand eine Kreditkarte aus seiner Brieftasche zu holen. Mit der Linken griff er nach einem seiner Spezialstifte, dem Elektroschocker.
Der Bodyguard gab Jansky die Scheine, der sie überschlagsweise zählte.
»Das ist alles?«, fragte er Wells.
»Das sind die restlichen fünfundzwanzigtausend, ja.«
»Rosette hat gesagt, Sie haben mehr. Zweihundertfünfzigtausend.«
»Nicht im Zimmer.« Wells fühlte, wie sich sein Puls beschleunigte.
»Wo dann?«
»Sie halten mich wohl für völlig verblödet.«
»Nennen wir es Bearbeitungsgebühr. Dafür, dass Sie unsere Zeit verschwendet haben.«
Wells tat so, als würde er über das Angebot nachdenken. »Ich hole es.« Er streckte die Hand nach der Tür aus.
Jansky versuchte, ihn aufzuhalten. »Es kommt nicht in Frage, dass Sie ….«
Aber Jansky sollte seinen Satz nicht mehr beenden. Er sollte überhaupt nie wieder etwas sagen.
Als er Wells am rechten Arm packte, drehte sich Wells zu ihm um. Mit der linken Hand rammte er den Elektroschocker durch Janskys schwarze Armani-Wollhose in
den Oberschenkel. Als der Strom floss, stieß Jansky einen erstickten Schmerzenslaut, ein Jaulen, aus, fuhr zurück und griff nach dem Elektroimpulsgerät, um es aus seinem Bein zu reißen. Ein Anfängerfehler. Jansky hätte seine Pistole ziehen sollen, aber er war auf den brennenden Schmerz in seinem Bein fixiert. Er sollte seinen Fehler mit dem Leben bezahlen. Als er nach unten griff, schnellte Wells’ rechte Hand mit der Kreditkarte in die Höhe.
Janskys Pech war, dass es sich nicht um eine normale MasterCard handelte. Der obere Rand war in Wirklichkeit eine Stahlklinge, scharf genug, um Glas zu schneiden. Wells zog die Klinge über Janskys Hals, durchtrennte Haut, Fett und Muskeln unter seinem Kinn. Gleichzeitig ließ er den Elektroschocker los, griff mit der linken Hand um Janskys Nacken herum und riss seinen Kopf nach vorn. Dadurch wurde der Hals gegen die Klinge gepresst und die Halsschlagader durchtrennt. Jansky schrie auf. Es war der hohe Entsetzensschrei eines verzweifelten Tieres. Er riss die Hände in die Höhe, um das aus seinem Hals sprudelnde Blut aufzuhalten, aber er hatte keine Chance. Seine Augen verdrehten sich, als das hellrote arterielle Blut aus der Wunde gepumpt wurde und der Todeskampf einsetzte. Es würde ein qualvoller Tod sein. Er fiel nach vorn, gegen Wells, den er auf diese Weise mit seinem Körper vor den Leibwächtern schützte.
Wells tastete mit der linken Hand über Janskys Rücken, bis er die Pistole gefunden hatte. Er griff danach und schoss dreimal quer durch den Fond. Das Echo hallte durch den Wagen. Da ihm Janskys Körper die Sicht versperrte, musste er blind feuern, aber bei einer Entfernung von unter zwei Metern spielte das keine Rolle. Er hörte den Mann schreien und mit einem dumpfen Aufprall gegen
die Seite des Wagens fallen. Dann richtete er die Pistole auf den Fahrersitz und gab drei Schüsse auf den Chauffeur ab, der sich gerade nach ihm umdrehen wollte. Der Mann zuckte auf seinem Sitz, stöhnte auf und verstummte.
Nun war Janskys Ächzen das einzige Geräusch im Auto. Es klang, als wollte er sprechen, aber Wells war nicht sicher. Die gutturalen Laute waren für Wells wie das statische Knistern am Ende des Empfangsbereichs eines Funkgeräts, nur halb hörbare Wörter, die im Rauschen untergingen. Bat er um Verzeihung, flehte er um Gnade, drohte er mit Rache? Es spielte
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