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John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

Titel: John Wells Bd. 3 - Stille des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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ein Fitzelchen Fleisch ab und führte es an die Lippen. Doch wenn er auf den Teller blickte, sah er nur Roman Janskys Leiche mit dem fast vollständig durchtrennten Hals. Sein Körper war so von seinem eigenen Blut besudelt gewesen, dass er aussah wie in rote Farbe getaucht. Kowalski hatte Markow gebeten, ihm die Fotos zu mailen, die FSB und Moskauer Polizei vom Fundort
gemacht hatten. Jetzt bereute er das. Er hatte das Gefühl, seine Henkersmahlzeit zu sich zu nehmen. Mit einem Schluck Wein spülte er den Bissen hinunter und schob den Teller beiseite. Vielleicht sollte er Vegetarier werden.
    »Pierre«, fragte Nadja besorgt, »geht es dir gut?«
    Unwillkürlich flatterten ihre Finger zu der Saphirkette, die er ihr bei Tiffany gekauft hatte, als wollte sie sich in Erinnerung rufen, warum sie mit ihm zusammen war.
    »Das liegt an diesem blöden Rossi«, erwiderte er. »Ständig höre ich seine Stimme. Fisch, Fisch und noch mehr Fisch. Ich weiß, dass das Blödsinn ist, aber ich muss ununterbrochen daran denken.«
    »Du warst doch so konsequent. Aber ein Steak ab und zu schadet gar nichts. Ich habe Das Geheimnis gelesen, ein amerikanisches Buch …«
    Kowalski unterdrückte ein Stöhnen bei dem Gedanken an Nadjas Lektüre.
    »Alessandra hat es mir gegeben.«
    »Habt ihr jetzt einen Lesekreis für Models oder so was?«
    »Darin heißt es, das Geheimnis des Glücks ist es, seine eigenen Wünsche zu erkennen und zu verwirklichen.«
    »Bitte, Nadja. Ich habe schon genug Probleme mit den Wünschen anderer.«
    »Es stimmt aber. Wenn man seine eigenen Wünsche erkennt, werden Träume wahr. Wie das hier.« Sie hielt ihm die Kette entgegen. Das Funkeln des Edelsteins blendete Kowalski. »Ich bin ein Dutzend Mal an Tiffany vorbeigegangen und habe sie mir gewünscht … und hier ist sie.«
    Ein Dutzend Wünsche und sechshunderttausend Franken, dachte Kowalski. »Nur ein Dutzend Mal? Stell dir vor, was du für einhundert Wünsche hättest haben können.«

    »Nein, Pierre, ich wollte genau diese Kette.« Sie klang völlig ernst und sprach im Brustton der Überzeugung. Er wusste nicht recht, ob sie den Scherz nicht verstand oder nur nicht darauf eingehen wollte. Durchaus denkbar, dass sie jedes Wort glaubte, das sie sagte. Schließlich hatte sie der genetische Zufall, dem sie ihre angeborene Schönheit verdankte, aus ihrem Dorf in der Ostukraine in diese Villa geführt.
    Sie schien seine Gedanken zu lesen und lächelte, ein offenes, strahlendes Lächeln, das von Sydney bis nach Stockholm die Lippenstiftverkäufe in die Höhe trieb. »Warum sollte ich mir keine Kette wünschen? Wenn ich sie nicht bekommen hätte, hätte ich nichts verloren gehabt.« Sie griff über den Tisch und schob ihm den Teller hin. »Du hast dir dein Steak gewünscht, und jetzt ist es da, und du musst es genießen. Bevor es kalt wird.«
    Es war eine idiotische, aber nicht zu widerlegende Philosophie. Kowalski blieb nichts anderes übrig, als zu essen. Solange er nicht an Roman Jansky dachte, war das Fleisch auch sehr schmackhaft.
    Er war fast fertig, als sein Telefon klingelte. Tarasow. »Ja, Anatolij?«
    »Wir sind gerade gelandet.«
    »Gut.« Tarasows Abflug aus Moskau war durch heftige Schneefälle in Zürich zweimal verzögert worden. »Sei in einer Stunde bei mir im Büro.«
     
    Kowalski und Tarasow starrten schweigend auf den Zürichsee hinaus. Eine dicke weiße Schneeschicht bedeckte den Boden und verbarg das Südufer des Sees, so dass sich das Wasser bis ins Endlose zu erstrecken schien.

    Schließlich räusperte sich Tarasow. »Womit soll ich anfangen?«
    »Für ihn war es offenbar ein Kinderspiel, diese Männer umzubringen.« Kowalski brachte es nicht über sich, Wells beim Namen zu nennen - als könnte er wie ein Flaschengeist plötzlich im Raum erscheinen.
    »Das waren keine Kinder, Pierre. Ich kannte Roman seit fünfzehn Jahren.«
    »Aber wie war das möglich?«
    »Außer ihm und den Toten weiß das keiner mit Sicherheit. Da sie uns nichts mehr sagen können, sind wir auf Vermutungen angewiesen. Sie rechneten damit, dass es Ärger geben würde. Mit wem genau sie es zu tun hatten, wussten sie nicht, aber sie trauten seiner Geschichte nicht, obwohl sich der Franzose für ihn verbürgt hatte. Vor der Begegnung mit Roman war er im Klub, im Ten Places, abgetastet worden. Der Türsteher ist sicher, dass er kein Messer bei sich hatte. Trotzdem hat er Roman irgendwie erwischt und ihm die Kehle aufgeschlitzt. Die beiden anderen wurden mit Romans Pistole

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