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John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

Titel: John Wells Bd. 3 - Stille des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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sicher ans Ufer bringen sollte. Haxhi gab ihm eine orangefarbene Rettungsweste, die ziemlich mitgenommen aussah. Er zog sie über seine Windjacke. Eine Böe fegte heran. Die kalte Atlantikluft drang durch Handschuhe und Pullover und brannte gnadenlos in seinen Lungen.

    »Abstand halten!«, befahl Haxhi.
    Nasiji trat zurück.
    »Jetzt!«, rief Haxhi. Das galt Ebban, dem Ersten Offizier, einem weiteren Albaner, der an einer Seiltrommel stand, die seitlich an den Schiffsaufbauten befestigt war. Ebban drehte die Kurbel der Trommel. Das Seil, das durch Beschläge an der Seitenwand des Rettungsbootes lief, wurde ausgegeben. Zentimeter für Zentimeter glitt das Boot, von Haxhi geführt, auf einen Ausschnitt in der Stahlreling der Juno zu.
    Scheppernd rutschte es vom Deck und an der Schiffswand entlang abwärts. Haxhi hielt sich mit der rechten Hand an der Reling fest und griff mit der linken hinter sich nach Nasiji. »Los. Zwei große Schritte und ab.«
    »Ich soll springen?«
    »Sie können das Boot nicht verfehlen.«
    Nasiji nahm Haxhis Hand, trat durch den Ausschnitt in der Reling und fiel - ins Boot. Er kam wieder auf die Füße und hangelte sich zur vorderen Bank. Jussuf folgte ihm. Dann Ebban und schließlich Haxhi.
    »Auslassen«, brüllte Haxhi Haidar zu, der Ebban an der Seiltrommel abgelöst hatte. Ruckelnd bewegte sich das Boot abwärts. Mit einem gewaltigen Platschen landete es im Wasser, legte sich zur Seite und prallte hart gegen die Juno. Ebban lockerte das Seil und machte es los. Am Heck ließ Haxhi den Außenbordmotor an. Der Motor grollte zweimal und startete. Haxhi drückte ihn nach unten und steuerte das Boot vom Schiff weg.
    Schnell war die schwarze Silhouette des Frachters hinter ihnen verschwunden. Die einzigen Geräusche waren das Klatschen der Wellen und das Dröhnen des Außenbordmotors. Nach etwa zwanzig Minuten entdeckte
Nasiji das erste Anzeichen, dass sie sich dem Festland näherten: ein durch die Wolken nur schwach erkennbares Licht, das vor ihnen von rechts nach links wanderte, verschwand und schließlich wiederkehrte. Bei jedem Durchgang war das Licht ein wenig stärker. Ein Leuchtturm. Der Beweis dafür, dass sie nicht allzu fern von festem Boden waren.
    Nasiji fühlte sich geradezu behaglich. Dann frischte der Wind auf, die Wolken wurden dichter, und das Licht vor ihnen verschwand. Die Wellen wurden höher und klatschten gegen die Seiten des Bootes. Eine schlug über ihnen zusammen und ließ einen Wasserschwall über Nasiji niedergehen, der so kalt war, dass er ein paar Sekunden lang kaum atmen konnte. Schnee trieb quer über das Boot, bis sie kaum noch etwas sehen konnten. Nasiji kauerte sich geduckt in die Mitte des Bootes und legte eine Hand auf jede Kiste.
    »Wo kommt das her?«
    »Kann passieren. Es geht schon wieder vorbei.« Aber Haxhis Stimme klang plötzlich angespannt. Er knurrte Ebban etwas zu. Der Erste Offizier setzte sich vorn ins Boot, um Haxhi die Richtung von Wind und Wellen durchzugeben. Haxhi kreuzte aggressiv seitlich zu den Wellen, anstatt direkt darauf zuzuhalten. Ohne Licht musste er immer wieder einen Blick auf das GPS-Gerät werfen.
    Der Wind frischte weiter auf, eine plötzliche Böe …
    Und dann schwappte eine große Welle, die größte, die Nasiji je gesehen hatte, von der Seite her über sie hinweg.
    Das Boot schaukelte so heftig, dass Nasiji fürchtete, sie würden kentern.
    Die Kiste neben seinem linken Fuß geriet in Bewegung. Als sich das Boot erst aus dem Wasser hob und dann nach
unten krachte, löste sie sich irgendwie aus ihrer Befestigung.
    Nasiji versuchte, den Behälter festzuhalten, aber er entglitt ihm, und dann schlug eine zweite Welle ins Boot und warf ihn um, und er musste die Kiste loslassen und sich mit aller Kraft an den kalten Metallsitz klammern, um nicht über Bord gespült zu werden.
    Die Kiste hatte sich nun völlig gelöst und rollte durch das Boot. Das Holz knirschte, als sie gegen die Stahlwand prallte, zur Seite kippte und für einen Sekundenbruchteil auf dem Dollbord balancierte.
    Dann schlug eine weitere Welle gegen das Boot. Der Behälter stürzte ins Wasser und versank.
    »Nein!«, brüllte Nasiji.
    Im selben Augenblick hörte er Ebban schreien. »Allah!«
    Als er den Kopf zum Bug wandte, sah er, dass sich Ebban ans Boot klammerte, den Halt verlor - und ins Wasser fiel.
     
    So plötzlich wie die Böe gekommen war, schien sie auch wieder verschwunden. Das Boot beruhigte sich, aber die Wellen hatten Ebban gepackt und trugen ihn

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