John Workmann - Vom Zeitungsjungen zum Millionär
stolzen Wolkenkratzer des Broadway und die ganze untere Stadt bis zur Battery in einen Schutthaufen zu verwandeln. Und während er den Dampfer mit voller Maschinenkraft dem Ziel zusteuerte, überlegte er nur, was er mit seinen Leuten tun könne, um die schreckliche Gefahr von der Riesenstadt abzuwenden.
Jetzt kamen sie zu dem Pier, wo das Unglück geschehen war. Ein Schuppen stand dort unversehrt, Eisenbahnfrachtwagen standen darunter auf den Schienen, die bis dicht zum Verladeplatz geführt waren. Unweit am Lande flohen bleiche Menschen von den Schiffen und aus den Häusern. Da lag in nächster Nähe des Piers, noch fest durch Trossen mit dem Lande verbunden, ein brennender Dampfer. Unweit von ihm aber trieben in dem durch mächtige Strudel aufgerührten Wasser zertrümmerte Holzteile und zerrissene Menschenleiber.
Jetzt lag das Feuerboot neben dem brennenden Dampfer. Aus allen seinen Strahlrohren ergoß sich die Flut auf das Feuer. Von neuem verfinsterte sich die Luft durch dicke Wolken weißen Wasserdampfes. Zehn Minuten dauerte der Kampf, dann war die Macht des Feuers gebrochen. Jetzt wurde es möglich, den abgelöschten Dampfer an eine Trosse zu nehmen und in den Strom hinabzuschleppen. Mitten im Hudson zerhieben sie kurzerhand die Trosse und ließen das halbverbrannte Schiff seiner Wege treiben. Mochten andere sich darum bemühen und es bergen. Schon eilte das Feuerboot mit vollem Dampf zur Unglücksstelle zurück und machte am Pier fest. Als erster von allen ging Chef Crooker an Land. John Workmann folgte ihm dicht auf dem Fuße, und nun waren sie an der Unfallstelle. Die Faust eines Riesen schien hier den ganzen Pierbau bis zum Grunde des Hudson in den Boden geschlagen zu haben. Nur noch aus den Trümmerstücken ließ sich ein Bild des Unglücks gewinnen. Ein flacher Güterwagen war bis an die Spitze des Piers gefahren worden. Aus ihm hatten die Verlader das Dynamit, das in kleinen Holzkisten von je 25 Pfund Gewicht verpackt war, über eine schräge Holzbahn in das Frachtboot getragen. Bis dahin konnte man sich die Situation aus den Trümmern und Fetzen erklären. Irgendwie mußte einer der Leute eine Kiste im Boot unvorsichtig abgestellt haben. Die Kiste und mit ihr das bereits halb beladene Boot waren explodiert. Das war die erste schwere Explosion gewesen. Die zweite war eine Minute später erfolgt. Auch der noch halb gefüllte Eisenbahnwagen war detoniert, war durch die fürchterliche Kraft des Dynamits mitsamt dem Pier unter ihm im Bruchteil einer Sekunde in den Flußgrund geschlagen worden. Aber noch standen drei weitere Waggons mit Dynamit kaum achtzig Meter von der Unglücksstelle entfernt. Wie durch ein Wunder waren sie von der Explosion verschont geblieben. Diese Wagen zu sichern und weiteres Unheil zu verhüten, war jetzt die Aufgabe der Leute vom Feuerboot.
John Workmann machte sich ohne Abschied davon. Durch die Kette der Polizisten und die Mauern des Publikums, das die Unfallstelle jetzt trotz der Gefahr umdrängte, arbeitete er sich hindurch. Eine Viertelstunde später schrieb er in der Redaktion, und eine Stunde nach dem Unglück schrien die Zeitungsjungen auf dem Broadway die neueste Nummer des »Herald« aus. Mit den druckfeuchten Extrablättern liefen sie durch die immer noch von Entsetzen gepackten Menschen und schrien mit gellenden Rufen: »Das Dynamitunglück in Hoboken. Erster Augenzeugenbericht von John Workmann.«
Die Riesenpressen des »New York Herald« vermochten diesmal trotz ihrer Leistungsfähigkeit die Blätter kaum in solcher Menge herzustellen, wie sie den Zeitungsjungen draußen vom Publikum aus den Händen gerissen wurden. John Workmann hatte einen Erfolg, um den ihn alle Journalisten von New York beneideten. Aber trotzdem war er mehr denn je entschlossen, sein Bündel zu schnüren.
22. Kapitel
Der Rapid train, der die Reisenden in sausender Fahrt von dem Gestade des Atlantischen Ozeans nach dem Westen trug, machte auf der großen Halbinsel zwischen dem Huron- und Michigansee einen kurzen Halt. Es war noch früh, etwa in der siebten Morgenstunde, und an diesem Februartage lag die Stadt noch im Dunkel. John Workmann nahm seinen kleinen Koffer in die Hand und folgte dem Strom der Reisenden, der den Bahnhof verließ. Da stand er, ein wenig fröstelnd und übernächtigt, mitten auf einer langen, nur wenig beleuchteten Straße, eine unsichere Zukunft vor sich, während ihm in New York alle Wege so schön geebnet waren. Einen kurzen Augenblick zogen ihm bange Zweifel durch
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