JoJo Und Ich
Geschehen genau verfolgen. Er ließ nichts aus, knabberte an ihren Zehen, spritzte ihr mit der Schwanzflosse Wasser ins Gesicht, schob sie hierhin und dahin – kurz, sie kam nur mit großer Mühe an den Strand. Ich ärgerte mich zwar über ihr Verhalten, aber sie tat mir auch ein wenig leid. Ich wäre auch nicht gern das Ziel von JoJos Rachefeldzügen gewesen.
Wenn ich zu Maria schwamm und sie begleitete, nahm sich JoJo zusammen, aber wehe, ich war einmal nicht da. Das Katz-und-Maus-Spiel begann in dem Moment, in dem Maria ins Wasser ging. Sofort setzte er ihr nach, tauchte unter ihr durch, umrundete sie. Manchmal schwamm er auch neben ihr her, als wäre nichts, aber wenn sie dann gerade ihren Rhythmus gefunden hatte, versetzte er ihr einen Schlag mit der Schwanzflosse. Manchmal ließ er sie fast bis an den Strand gelangen, sobald sie aber festen Boden unter den Füßen hatte, stellte er sich ihr in den Weg und drängte sie zurück.
Dann blieb Maria nichts anderes übrig, als wieder in ihr Boot zu steigen und zu warten, bis irgendwer sie mit dem Ruderboot abholte. JoJo zeigte ihr, wie das Leben aus der Sicht eines Delfins läuft. Und dessen wurde er nicht müde. Seine Nachstellungen ließen Maria schließlich keine andere Möglichkeit, als den Weg zu ihrem Boot und zurück tagtäglich in einem kleinen Beiboot zurückzulegen.
Das aber fand JoJo unsportlich. Jetzt fing er an, dem Dingi den Weg abzuschneiden und es mit der Schwanzflosse zu bearbeiten. Er setzte ihm derart zu, dass es sich bei jedem Schlag ein gutes Stück aus dem Wasser hob. Manchmal warf er sich auch mit dem ganzen Körper dagegen, sodass es völlig die Richtung verlor und beinahe kenterte. Nach einiger Zeit war das nicht mehr mit anzusehen. Ein neuer Plan musste her. Wenn ich nicht da war, um Maria zu eskortieren, musste sie ihr Wasserskiboot bis zum Anleger fahren, aussteigen und es dann von jemandem zu seinem Liegeplatz bringen lassen, den JoJo unbehelligt an Land schwimmen ließ.
»Ich wollte ihm doch nicht wehtun«, sagte Maria. »Es ging mir doch nur darum, dass er meine Wasserskifahrer in Ruhe lässt, damit ich meinen blöden Job machen kann. Ich konnte doch nicht ahnen, dass er es derart krummnimmt.«
Ich fragte sie, wie oft sie ihn geschlagen habe, aber sie räumte nur das eine Mal ein, das ich mitangesehen hatte. JoJos verschrammter Rücken sagte mir allerdings, dass es öfter vorgekommen sein musste.
Aber ich schluckte meinen Ärger hinunter, schließlich ging es ja darum, die Wogen zu glätten und JoJo das Leben leichter zu machen. »Also, was nun?«, fragte ich.
»Du könntest ihm doch sicher beibringen, mich in Ruhe zu lassen.«
»Das habe ich dir schon erklärt. Er ist wild und tut, was er will. Du hast dich selbst in diese Lage gebracht, und deshalb kann eine Versöhnung auch nur von dir ausgehen.«
Meine persönliche Überzeugung war, dass JoJo ihr einfach eine Lehre erteilte. Sein ganzes Vorgehen war bewundernswert intelligent, aber es konnte natürlich nicht dabei bleiben, dass er Maria ständig so zusetzte.
»Der ist doch einfach verrückt, was könnte ich da tun?«, seufzte sie ärgerlich.
»Wenn du willst, kannst du so denken. Oder aber du einigst dich irgendwie mit ihm. Wenn du mit den Feindseligkeiten aufhörst, will ich gern versuchen, zwischen euch zu vermitteln.«
»Aber ich hab doch …«, setzte sie an.
Ich hob die Hand und sagte: »Lass das jetzt mal. Möchtest du, dass ich dir helfe, oder nicht?«
»Okay«, grummelte sie. »Was soll ich tun?«
Die nächsten Tage über arrangierte ich es wiederholt so, dass Maria, JoJo und ich uns im Wasser trafen, um das Vertrauen zwischen den Kontrahenten neu aufzubauen. Dabei hatte ich jedoch nie das Gefühl, dass Maria wirklich etwas an JoJos Freundschaft lag. Das Einzige, was sie zu interessieren schien, waren ihre Einkommenseinbußen, die sie dem Delfin anlastete.
»Es tut mir leid, JoJo«, sagte Maria mit einem schweren Seufzer, sobald sie ins Wasser kam. Doch es klang nicht so, als zeigte sie Einsicht und wollte wirklich etwas verändern.
Wann immer sie sich entschuldigte, legte JoJo für kurze Zeit ein tadelloses Benehmen an den Tag. In dem Moment aber, in dem sie aus dem Wasser wollte, hatte er sie sofort wieder beim Wickel. Ich glaube, wenn sie nur einsichtig und aufrichtig gewesen wäre, hätte er ihr verziehen. Tiere nehmen die Gefühlsregungen und wahren Absichten des Menschen genau wahr. Sie sind einem bedingungslos zugetan, wenn man ihnen ebenso begegnet.
Weitere Kostenlose Bücher