JoJo Und Ich
JoJo mit dem verletzten Arm zu. Der Delfin begleitete mich noch eine Weile.
Im Gegensatz zu mir schien er bereits zu wissen, dass es ein Abschied für lange Zeit war.
Zu Hause in meiner spärlich ausgestatteten Junggesellenbude fand ich an Arznei nur JoJos Medikamente und eine Flasche Alkohol zur äußerlichen Anwendung vor. Ich setzte mich aufs Bett und goss nach und nach den ganzen Alkohol über meine Schulter, wobei ich jedes Mal zusammen zuckte.
Als Nächstes fand ich mich auf dem Rücken liegend in blutgetränkten Laken wieder. Ich muss wohl vor lauter Schmerz das Bewusstsein verloren haben, jedenfalls fehlt mir zwischen dem Auftragen des Alkohols und dem Aufwachen im Feuchten ein Stück. Auch die nächsten Tage versuchte ich die Wunde allein zu versorgen. Sie blieb offen, der abgelöste Hautlappen rötete sich zusehends, und bei der geringsten Bewegung fing es wieder an zu bluten. Als sich nach drei Tagen immer noch keine Besserung zeigte, beschloss ich endlich, den Inselarzt aufzusuchen.
Der schnalzte mit der Zunge und schimpfte auf »diese Macho-Taucher«, die ihre Verletzungen unbedingt selbst versorgen müssten. Er förderte etliche tief unter der Haut sitzende Korallenstückchen zutage und vernähte die Wunde. Dann sagte er noch mahnend: »Passen Sie auf, das kann sich jederzeit entzünden.«
Ich ließ es von mir abprallen. Ich und eine Infektion? Ich war mit Haien geschwommen und hatte sie abgewehrt. Ich war von einer Muräne gebissen worden. Da würde ich doch wohl noch mit ein paar Korallenstückchen fertig werden.
Natürlich ging ich die nächste Woche nicht ins Wasser und konzentrierte mich ganz auf Heilung. Ich mochte zwar selbstbewusst sein, aber dumm war ich nicht. Umso mehr schmerzte es mich, als meine Schulter sehr empfindlich wurde und eine Schwellung entstand.
Anfangs tat es nur weh, wenn ich mich stieß oder mir ein Hemd überzog, bis zum Ende der Woche aber nahm die Schwellung etwas von einer dicken Nacktschnecke an und der scharfe Schmerz war jetzt ständig da. Ich sagte mir, es sei immer noch alles voll unter Kontrolle, und punktierte die Geschwulst. Eiter und Wundwasser schossen nur so heraus und der Druck ließ sofort nach. Aber ich spürte, dass darunter immer noch eine fulminante Infektion saß. Also wieder zum Arzt.
Er sah sich die Schulter nur kurz an und sagte dann: »Sie müssen aufs Festland. Sofort.« Ich wollte Einwände erheben, aber er brachte mich mit wenigen sehr gezielten Worten zum Schweigen: »Sie möchten Ihren Arm doch behalten, oder?«
Schweren Herzens begann ich mich nach geeigneten Ärz ten umzuhören. Amaryllis, eine befreundete französische Bild hauerin, sagte, in ihrer Heimat kenne sie einen, der sich auf Koralleninfektionen spezialisiert habe. Ihre Familie werde auch für meine Flugkosten aufkommen. Trotz dieser unglaublichen Fügung fühlte ich mich nicht wohl bei dem Gedanken, JoJo und die Insel zu verlassen und so weit weg zu sein. Aber meine Schulter ließ mir keine andere Wahl.
Als ich den Spezialisten in Frankreich anrief, stellte sich heraus, dass er von JoJo gehört hatte und meine Arbeit bewunderte. Trotzdem staunte ich, als er anbot, mich unentgeltlich zu behandeln.
»Wer mit einem Delfin schwimmt und für ihn sorgt, hat es nicht verdient, dass er zahlen muss«, sagte er. Und um das Maß voll zu machen, bot mir Amaryllis’ Familie ihr Château für die Genesungsphase an.
Ich war tief gerührt. Und finde es immer wieder erstaunlich, dass manchmal Menschen in unser Leben treten und für einige Zeit zu einer Art Ersatzfamilie für uns werden. Mit Zufall hat das nichts zu tun. Achten Sie auf solche Begegnungen, auf die kleinen oder großen Möglichkeiten, die sich daraus ergeben. Es gibt so viele wunderbare Seelen auf der Welt, so viel aufgeschlossene Herzlichkeit. Wenn ich an diese Menschen dachte, tat meine pochende Schulter nur noch halb so weh.
Rasch bereitete ich meine Reise nach Europa vor und bat David und Leslie, während meiner Abwesenheit auf JoJo zu achten.
»Schwimmt mit ihm und schaut nach eventuellen Verletzungen, ja?«
Dann war ich in Frankreich. Meine Verletzung musste operativ behandelt werden.
Knapp einen Monat würde ich dort sein, um meine Gesundheit wiederherzustellen. Es schmeckte mir gar nicht, so lange von meinen Freunden entfernt zu sein. Was, wenn JoJo in dieser Zeit doch wieder von einer Bootsschraube verletzt wurde? Würde ich dann rechtzeitig zurück sein können, um mich um ihn zu kümmern? Würde ich ihm
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