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Joli Rouge (German Edition)

Joli Rouge (German Edition)

Titel: Joli Rouge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fischer
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jenem Abend gesehen, als Jacquotte verwundet worden war.
Die Narbe an seinem Hals zeugte bis heute von einer
Auseinandersetzung. Aus Furcht vor dem Olonnaisen wurde in
der Bruderschaft wenig über deren Herkunft spekuliert.
Pierre glaubte jedoch zu wissen, was geschehen war. Aus
diesem Grund quälte ihn inzwischen eine Frage mehr als alle
anderen: Was trieb sie ausgerechnet an die Seite ihres
Feindes?
    Er gab Befehl, die restlichen Segel zu hissen, als sie die
Hafenbucht querten. Die Stagsegel der Brigg blähten sich im
Wind und ließen die Taue knarren. Mit ungestümem
Vorwärtsdrang tauchte die
Belle Rouge
in die Wellen ein und
stellte sich raumschots zum Wind, als sie Kurs in Richtung
Osten nahmen. Steuerbord zog die Küste von Tierra Grande an
ihnen vorbei. Pierre ignorierte sie. Zu stark erinnerte sie
ihn an die unbeschwerten Tage seines Lebens. Aufgebracht
ging er unter Deck, überprüfte den sicheren Stand der
Kanonen sowie der Kugeln und der Schwarzpulverfässer.
Gesalzenes Fleisch lagerte auf dem Ballast, doch es ließ
noch Raum für weitere Vorräte, die sie in Bayahá aufnehmen
wollten. Die Rumfässer waren sorgfältig verschlossen worden
und ruhten auf beiden Seiten des Rumpfs, ebenso wie die
Tonnen mit eingelegtem Fisch, den die Engländer
albicore
nannten. In der Krippe hinter der Ankerklüse hörte man die
Tauben gurren, die als lebender Proviant mitgeführt wurden.
Die Dunkelheit beruhigte sie, während die Hühner Licht
benötigten, um die begehrten Eier zu legen. Daher hielt man
sie in Holzverschlägen an der Reling des Achterdecks. Von
den Bukanieren würden sie Räucherfleisch und einige Schweine
an Bord nehmen, die sich frei an Deck bewegen durften.
Pierre wusste, dass er seine Männer vor einem derartigen
Kampf bei guter Gesundheit halten musste. Eine durch Fieber
geschwächte Mannschaft brachte zu viele Verluste mit sich.
Außerdem waren die Schweine stets hilfreiche Wetterboten.
Ruhten sie schwerfällig in ihren bevorzugten Ecken, deutete
das auf abflauenden Wind hin. Spielten sie dagegen fröhlich
miteinander und jagten sich gegenseitig, dann war ein Sturm
im Anzug.
    Pierre ging zurück an Deck. Remi stand am Steuerrad und
hielt das Schiff in angemessenen Abstand zur Küste. Sie
segelten knapp unter dem Horizont, sodass sie vom Ufer kaum
auszumachen waren. In fremden Gewässern holten sie
zusätzlich die oberen Segel ein, um nicht Gefahr zu laufen,
von den Spaniern erkannt zu werden. Doch die Nordwestküste
von La Española befand sich mittlerweile vollständig in
französischer Hand. Pierre beobachtete seine Männer. Es war
unerlässlich, dass jeder Handgriff saß und alle wussten, was
zu tun war. Besonders, da noch mehr Männer an Bord kommen
würden, die sich in den Ablauf einzufügen hatten. Seinem
versierten Blick entging nichts, aber er stellte rasch fest,
dass seine Mannschaft gut vorbereitet war. Beruhigt trat er
zu Remi.
    Nach Minuten des Schweigens fragte er ihn: »Was weißt du
über diesen Antoine Du Puits?«
    Remi sah ihn überrascht an. »Nicht mehr als jeder andere«,
erwiderte er zögerlich. »Weshalb interessierst du dich für
ihn?«
    Pierre zuckte die Schultern. »Ich traue L’Olonnais nicht.
Und ich bevorzuge es, meine Gegner zu kennen. Antoine ist
sein Vertrauter. Erzähl mir von ihm.«
    Remi zog die Stirn kraus. »Es heißt, er stamme aus Nantes.
Angeblich segelte er in Kommission für Gouverneur D’Oyley,
als L’Olonnais ihn traf. Niemand kennt ihn wirklich, obwohl
er Mitglied der Bruderschaft ist und das
tatau
trägt.«
    »Wer ist sein Gefolgsbruder?«
    »Mir ist keiner bekannt. Aber das mag nichts bedeuten. Die
Sitte der Gefolgsbruderschaft wird nicht mehr in dem Maße
gelebt, wie es einst üblich war.« Remi hob den Blick vom
Kompass und korrigierte den Kurs. Pierre bemerkte das Spiel
der Muskeln unter den sehnigen Armen.
    »Du nimmst dir keine Frau?«, fragte er und verfolgte die
Flugkünste der Fregattenvögel über dem offenen Meer.
    Remi schnaubte. »Dein Weg muss nicht zwangsläufig auch der
meine sein.« Sie schwiegen erneut. Die Fregattenvögel
tauchten ins Wasser ein.
    »Kann ich dir noch vertrauen?« Pierre sagte es beiläufig.
    »Es ist traurig, dass du je damit aufgehört hast!« Remi
blinzelte zweimal, als er Pierres forschendem Blick
begegnete.
    »Ich brauche dich auf dieser Fahrt!«
    »Ich bin wie immer an deiner Seite.«
    »Steht etwas zwischen uns?«, bohrte Pierre nach.
    Remi wandte

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