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Joli Rouge (German Edition)

Joli Rouge (German Edition)

Titel: Joli Rouge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fischer
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erschien ihm
diese Möglichkeit. Es erforderte nicht allein Mut, die
Bruderschaft erneut zu täuschen, sondern eine gewisse
Besessenheit. Bigford wollte sich abwenden, doch die
Gedanken ließen ihn nicht los. War es ihr tatsächlich
gelungen, sämtlichen Brüdern den Blick für die Wahrheit zu
verschleiern? War Antoine Du Puits in Wirklichkeit die rote
Jacquotte? Er schnappte aufgeregt nach Luft.
    Zu dem Zeitpunkt, an dem sich am nächsten Morgen die
Besatzungen der acht Schiffe bereits vor Sonnenaufgang an
Land begaben, hatte Bigford seine Gedanken geordnet. Ohne
Hast brachte er seine Männer in Position, bevor er
unauffällig zu Pierre Le Picard aufschloss. Die Dunkelheit
schirmte ihn vor neugierigen Blicken ab, was er sehr
begrüßte. L’Olonnais führte den finsteren Trupp an, der sich
beinahe lautlos durch das ufernahe Gebüsch kämpfte. Die
beiden spanischen Verbündeten flankierten den Basken, der
dem Olonnaisen auf dem Fuß folgte. Offensichtlich war ihr
Vertrauen in den neuen Anführer nicht besonders groß. Die
Indianer begleiteten sie in weitläufigerem Abstand. Sie
zogen ihre Kreise um die Männer und waren nur als flüchtige
Schatten zu erkennen. Moïse Vauquelin bildete die Nachhut.
    Bigford inhalierte die feuchte Luft. Er war angespannt wie
vor jedem Kampf. Doch an diesem Tag hatte er noch eine
weitere Aufgabe zu erfüllen. Verstohlen stahl er sich an die
Seite von Pierre Le Picard. Soweit es im aufkeimenden Licht
auszumachen war, weilte Remi nicht in seiner Nähe. Bigford
räusperte sich.
    »Wer hätte gedacht, dass wir einmal dem Olonnaisen folgen
werden?«, murmelte er in die Stille hinein, die nur durch
die saugenden Geräusche, die ihre Schritte im zähen Schlamm
verursachten, durchbrochen wurde.
    Pierre musterte Bigford. Das Misstrauen stand ihm ins
Gesicht geschrieben.
    »Es ist in der Tat ein denkwürdiger Tag«, erwiderte er in
gedämpftem Tonfall. »Ich hoffe, unser Vertrauen in ihn
bringt uns den erhofften Erfolg.«
    Bigford hüstelte. »Ihr folgt ihm nicht aus freien
Stücken«, stellte er fest. Als Pierre schwieg, fügte er
hinzu: »Das tue ich ebenso wenig.«
    »Welche Unterstellungen darf ich dieser Aussage
entnehmen?«, fragte Pierre und seine Anspannung war spürbar.
    »Verzeiht, falls ich Euch beleidigt habe«, sagte Bigford
rasch. »Ich bin nicht Euer Feind. Ich wollte nur, dass Ihr
das wisst.«
    Pierre starrte ihn an. »Was sind Eure Absichten, Bigford,
wollt Ihr mich für Eure Zwecke ködern? Dann pariere ich
einzig mit Waffen. Worte sind nicht meine Welt.«
    Bigford grinste. »Spart Eure Waffen für den Feind auf«,
flüsterte er und rang mit sich selbst. Er wusste, dass er
sich mit dem, was er zu sagen hatte, noch unbeliebter machen
konnte.
    »Hört mir zu, Picard«, raunte er. »Ich verstehe Euren
Argwohn. Wir galten bisher nicht als Freunde. Dennoch glaube
ich, wir sorgen uns um dieselbe Person.« Er hielt inne, als
der Angesprochene nach seinem Säbel griff.
    »Haltet ein«, brummte er erschrocken. »Es besteht kein
Grund, Eure Worte von vorhin zu untermauern.« Er beobachtete
den Mann, der sich mit dem Scharfsinn eines Tieres seinen
Weg durch das undurchdringliche Gestrüpp bahnte.
Beruhigenderweise benutzte er seine Waffe nun dazu, den Pfad
von störrischem Blattwerk zu befreien. Bigford atmete
erleichtert auf.
    »Ich weiß nicht, wovon Ihr sprecht«, sagte Picard und
beschleunigte seine Schritte.
    »Ihr wisst es, und ich verstehe, dass Ihr derart auf meine
Worte reagiert. Doch wenn Euch etwas an der Unversehrtheit
dieser Person liegt, dann behaltet Euren Gefolgsbruder im
Auge!« Bigford ließ sich zurückfallen. Er hatte seinem
Gewissen genüge getan. Es war nicht so, dass sein
zunehmendes Alter ihn verweichlichte. Das Verlangen nach der
roten Jacquotte erfüllte ihn so stark wie eh und je. In der
zurückliegenden Nacht hatte er jedoch entdeckt, dass es
nicht mehr nur Begehren war, das ihn überkam, wenn er an sie
dachte. Sie rang ihm Achtung ab. Diese für ihn unerwartete
Empfindung hatte ihn zu Pierre Le Picard getrieben. Zum
ersten Mal war ihm nicht daran gelegen, sein Wissen zum
eigenen Vorteil zu nutzen. Er wollte ihre Tarnung schützen,
selbst wenn das bedeutete, dass er dem Mann zur Seite stehen
musste, in dessen Armen sie am Ende liegen würde. Bigford
schnaubte. Es war an der Zeit, dass der Kampf begann!
    Keuchend drangen die Flibustier in Richtung Stadt vor. Der
Weg, den die spanischen

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