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Joli Rouge (German Edition)

Joli Rouge (German Edition)

Titel: Joli Rouge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fischer
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Meute in die nächste, bis sie sich schließlich zerstreuten
und das Weite suchten. Doch erst, als die Männer jeden
verwundeten Spanier, den sie auf ihrem Gebiet entdeckten,
getötet hatten, erhoben sich erste Jubelschreie.
    Jacquotte betrat das Schlachtfeld. Noch fehlte jede Spur
von ihrem Vater und Manuel. Die Männer nickten ihr zu, und
Bigford salutierte aus der Ferne. Sie grüßte nicht zurück,
zu groß war ihre Anspannung. Eilig stieg sie über Tote,
sammelte Waffen ein und erreichte endlich die
ajoupa
ihres
Vaters. Erst jetzt bemerkte sie, dass der Hund wieder bei
ihr war. Er war unverletzt, und sie kraulte ihn erleichtert
hinter den Ohren. Vor dem Eingang der Hütte blieb sie
stehen. Der Hund sprang um sie herum, schnupperte und schlug
mit wedelndem Schwanz an. Aus dem Inneren der Behausung war
ein Gurgeln zu hören. Manuel! Jacquotte fiel auf die Knie
und schlug die gegerbten Häute zur Seite. Ihr Bruder saß im
einfallenden Lichtkegel und spielte mit bunten Kieseln. Das
Seil war nicht gelöst worden; es saß noch um seine Hüfte,
das Ende an einen Pfosten geknotet. Ihr Vater hatte
offensichtlich keine Zeit gehabt, den Jungen zu befreien.
Sie kroch ins Innere und band Manuel los. Froh ihn zu sehen,
drückte sie ihn an sich.
    »Jacquotte!«
    Sie horchte auf. Nein, es war nicht die Stimme von Émile.
Rasch krabbelte sie aus der Hütte und zog Manuel mit sich.
Draußen stand Bigford. Sie wollte abwinken und ihm erklären,
dass sie nach ihrem Vater suchen müsse, als sie etwas
Unbehagliches in seinen Augen erkannte. Alarmiert schnellte
sie in die Höhe.
    »Ihr habt Émile gefunden«, stellte sie fest. Sie hatte es
bereits gewusst, bevor es ihr gelang, es auszusprechen.
    »Aye«, erwiderte Bigford. »Er liegt ein paar Schritte
entfernt. Hat versucht zu flüchten. Sie haben ihn rücklings
erwischt.«
    Das Atmen fiel ihr schwer. Sie erkannte an Bigfords Blick,
dass er darauf wartete, dass sie in Tränen ausbrach.
    »Bringt mich zu ihm!« Sie sagte es wie einen Befehl.
    Bigford nickte und ging voraus. Er wurde nicht schlau aus
dieser Frau. Er kannte Männer, die beim Tod ihrer Kameraden
hemmungslos heulten, aber dieses Weib blieb selbst beim
Verlust ihres Vaters hart wie Stein. Wie musste sie erst im
Bett sein, fragte er sich nicht zum ersten Mal. Vermutlich
stieß man sich an ihr das Becken wund. Er grinste. Auf einen
Versuch würde er es ankommen lassen. Vielleicht sollte er
Jérôme bei nächster Gelegenheit um ihre Hand bitten? Eine
Frau allein unter Männern, und das ohne Schutz, war auf
Dauer kein tragbarer Zustand. Früher oder später musste sie
einen Ehemann nehmen. Das wusste selbst Jérôme. Und wenn sie
erst mit ihm verheiratet war, dann würde er ihr die Flausen
schon austreiben. Schließlich gab es gefälligere Dinge, für
die sie ihre flinke Zunge einsetzen konnte.
    Vor lauter Fantasien wäre Bigford beinahe an dem Toten
vorübergegangen, doch um Émile hatten sich bereits mehrere
Brüder versammelt, die Andacht hielten. In weiser
Voraussicht hatte man ihm bereits die Lanze aus dem Rücken
gezogen und ihn umgedreht, sodass seine Verwundungen nicht
allzu schlimm aussahen. Mit leblosen Augen blickte er in das
grüne Blattwerk über sich. Jacquotte beugte sich zu ihrem
Vater hinunter. Bigford schnippte zwei Achterstücke auf den
Boden, die sie wortlos aufnahm und Émile damit die Augen
schloss. Täuschte er sich, oder harrte sie ein wenig zu
lange neben ihm aus? Bigford betrachtete sie prüfend.
Vielleicht steckte doch so etwas wie Gefühl in ihr. Aber
nein, als sie sich wieder erhob, wirkte sie so kühl wie eh
und je.
    »Begrabt ihn mit den anderen«, forderte sie auf diese
selbstbewusste Weise, die keinen Widerspruch duldete, und
die meisten Brüder ohne nachzudenken handeln ließ. Bigford
jedoch nicht. Er folgte ihr, als sie mit Manuel an der Hand
zurück zur Siedlung lief.
    »Was ist mit Euch? Seid Ihr gelangweilt, dass Ihr mir wie
ein Hündchen folgt?«, fragte Jacquotte, ohne sich umzusehen.
    »Mir ist, als bräuchtet Ihr eine tröstende Schulter.« Er
verringerte den Abstand zwischen ihnen.
    »Eine helfende Hand ist derzeit besser angebracht. Wir
müssen aufräumen.«
    »Ich kannte Euren Vater. Er war ein guter Mann. Ich bin
mir sicher, er hätte nichts dagegen gehabt, mich in Eurer
Nähe zu wissen.«
    Jacquotte blieb so abrupt stehen, dass Bigford sie beinahe
umstieß. Als sie sich zu ihm umdrehte, konnte er winzige
Punkte auf

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