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Joli Rouge (German Edition)

Joli Rouge (German Edition)

Titel: Joli Rouge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fischer
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Sinne. Sie hörte das
Hufgetrappel und die Schreie der Menschen, roch das Pulver
und schmeckte die Angst. Durch die Sicherheit des Buschwerks
sah sie die ersten Spanier in ihren glänzenden Brustpanzern
und den gebogenen Stahlhelmen. Mit lächelnder Arroganz saßen
sie in gelben Röcken und weißen Handschuhen auf ihren
Pferden und trieben ihre mannshohen Lanzen in die
Flüchtenden. Einige der Brüder hatten bereits mit der
Verteidigung begonnen und schossen auf die Pferde, um die
spanischen Angreifer zu Boden zu zwingen. Jacquotte brachte
es nicht über sich, auf die stolzen Tiere zu feuern und
legte gleich auf ihre Reiter an. Bereits der erste Schuss
war ein Treffer und der unglückselige Mann rutschte aus dem
Sattel und wurde von seinem flüchtenden Pferd mitgeschleift.
Während sie ihre Muskete nachlud, legten die Männer neben
ihr an und feuerten einer nach dem anderen ihre Salven ab.
Der Beschuss löste Verwirrung in der Gruppe der
lanceros
aus
und fegte ihnen die Überheblichkeit aus den spitzbärtigen
Gesichtern. Roh zerrten sie an den Zügeln ihrer Rösser, um
die Quelle des Widerstands ausfindig zu machen. Jacquotte
drückte sich in den schützenden Busch und gab den Männern
mit einer Geste zu verstehen, dass sie sich ruhig zu
verhalten hatten. Erst als die Spanier in dem entstandenen
Chaos wieder hinter leichteren Opfern herjagten, schob sie
die Mündung der Muskete erneut durch das Geäst. Mit präziser
Sicherheit traf sie diesmal den Kopf eines Reiters, der in
der Art der Pomeranzen zerbarst. Ein Schauer jagte ihr über
den Rücken. Bisher hatte sie nur auf Tiere, Bäume oder
Früchte geschossen, und obwohl das Sterben in der Siedlung
allgegenwärtig war, berührte es sie, einem Menschen, selbst
wenn er ein Feind war, das Leben auszulöschen.
    Sie spürte, wie ihr einer der Männer wohlwollend auf die
Schulter klopfte, und schluckte ihren Ekel hinunter. Es
galt, ihren Vater und Manuel zu finden, da waren weibische
Gefühle fehl am Platz. Sie drehte sich um und bemerkte, dass
sich zwischenzeitlich weitere Männer auf ihre Seite
geschlagen hatten. Rasch nickte sie ihnen zu und übernahm
die Führung. Sie umkreisten die Siedlung in östlicher
Richtung, wo sich einige spitz zulaufende Felsen aus dem
dunklen Grün erhoben. Dahinter hatte bereits eine weitere
Gruppe Männer Zuflucht gesucht. Sie starrten Jacquotte und
ihre Begleiter an.
    »Bei meinen wankenden Masten, wen haben wir denn hier?«,
raunte ihr Anführer, ein hellhäutiger Mann, der unter dem
Namen Bigford bekannt war und sich erst seit kurzem unter
den Bukanieren aufhielt. »Die rote Lady und ihre Charmeure.«
    Jacquotte deutete eine spöttische Verbeugung in seine
Richtung an, während sie an ihm vorübereilte. »Meine
Hochachtung, Sir! Ihr englischer Mut hat Sie in ein
vortreffliches Versteck geführt. Harren Sie weiter aus, wir
geben Ihnen Zeichen, wenn wir die spanische Horde vertrieben
haben!« Die Männer hinter ihrem Rücken kicherten und folgten
ihr schleunigst.
    Bigford straffte seine Schultern. Dieses Weib gehörte
unter die Obhut eines Mannes, der ihr solche Unflätigkeiten
austrieb. Er schnaubte. Das Grinsen in den Gesichtern der
Brüder um ihn herum wurde immer breiter.
    »Was ist?«, ging er sie an. »Setzt eure wertlosen
Hinterteile in Bewegung und folgt ihr!«
    Er zog seinen Säbel. Auf keinen Fall wollte er sich von
einer Frau den Schneid abkaufen lassen! Sie rannten hinter
Jacquotte her, deren Haare, einer Fahne gleich, im Wind
wehten. Bigford musste unwillkürlich an die blutrote Flagge
denken, die die Franzosen
joli rouge
nannten, und die von
den Flibustier gehisst wurde, wenn man keine Gefangenen
machen wollte, sondern vorhatte, die gesamte Mannschaft zu
töten. Er lachte barbarisch. So sei es, dachte er, diese
Frau führt uns alle in den Tod, aber könnte er schöner sein?
    Mit mörderischem Gebrüll stürzten sich die zwanzig Männer
aus der Deckung der Felsen heraus in die Flanke der
lanceros
. Während Jacquotte ihnen aus einiger Entfernung den
Rücken freischoss, rissen die Bukaniere das Feld
auseinander, brachten Pferde zu Fall und stürzten sich auf
gefallene Soldaten. Ihr lärmender Mut lockte endlich andere
Brüder aus den Verstecken oder trieb die Verstreuten, die
sich noch auf der Jagd befanden, zurück in die Siedlung. Mit
der aufflammenden Gegenwehr und dem gezielten Kugelhagel
überfordert, galoppierten die Spanier von einer reißerischen

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